Die Frau hat Schultern und andere Gelenke

Neulich im Reitunterricht hat Frau Reitlehrerin so locker und nebenbei, wie das ihre Art ist, zur Frau gesagt, sie sollte doch mal ihre Schultern lockern. Die Frau, wie immer pampig diskussionsfreudig bis zur Schmerzgrenze: „Wieso? Die sind locker.“
„Nee, sind sie nicht. Du bist fest im Schultergürtel.“
„Gar nicht.“
„Doch. Und deshalb bist du auch nicht locker genug in den Armen und störst den Pfridolin im Maul.“
„Das ist nur, weil der so unbequem ist. Und auch gar nicht durchlässig“, fällt der Frau die rettende Ausrede ein.

Frau Reitlehrerin lässt sich durch sowas aber gar nicht irritieren, sondern weist darauf hin, dass ich mich möglicherweise gerade deshalb festmache. Feinste Impulse durchlassen, wenn man so grobmotorisch mit dem Zügel belästigt wird – no way! Dazu ist das Ganze denn doch zu unangenehm. Aber Frau Reitlehrerin hat eine Lösung: Die Frau soll doch bitte mal die Schultern kreisen lassen.

Will sie natürlich nicht. Mit der fadenscheinigen Begründung, sie wollte sich doch nicht komplett zum Affen machen. Dann hätte sie wohl besser nicht mit dem Reiten anfangen sollen, oder? 😉 Frau Reitlehrerin und ich warten.

Die Frau schmollt jetzt lautstark. Sie wolle Piaffe reiten. Und Galoppwechsel und überhaupt. Wenn sie voltigieren oder sonstige Akrobatik gewollt hätte, hätte sie sich dafür angemeldet. Aber sie wäre jetzt nun mal im Reitunterricht, woraus sich ergäbe, dass sie reiten wolle und nicht turnen, jawohl. Frau Reitlehrerin erklärt, dass es ohne Turnen nicht ginge. Die Frau guckt sehr, sehr sparsam. Außer natürlich, ergänzt Frau Reitlehrerin, die Frau würde spontan locker und beweglich. Die guckt bekümmert auf ihre Körperteile und verneint.

Also dann, kommandiert Frau Reitlehrerin, Zügel auf den Hals und die Schultern kreisen lassen! Die Frau gehorcht widerstrebend. Erst vorwärts, dann rückwärts und dann eine Seite vorwärts und die andere rückwärts. Das wäre anatomisch unmöglich, merkt die Frau an. Nach mehreren Versuchen geht es dann doch. Das sähe doch schon viel besser aus, behauptet Frau Reitlehrerin. Wie es denn mit den anderen Gelenken aussähe – da würde die Frau sich ja auch schon mal festmachen. „Sich festmachen“ scheint ein anderer Ausdruck für „sich mit blockierten Gelenken krampfig anspannen“ zu sein. Frau Reitlehrerin ist sehr diplomatisch, nicht wahr?

Die Frau gibt zu, dass sie einen ruhigen Sitz anstrebt, bei dem sie sich möglichst wenig im Sattel bewegt. Grundsätzlich wäre das eine gute Idee, bescheinigt ihr Frau Reitlehrerin, aber dazu bräuchte man bewegliche Gelenke. Mit blockierten Gelenken könnte man die Bewegungen des Pferdes nicht durch den Körper lassen.

Schon wieder diese Durchlässigkeit! Und eine weitere Parallele zum Pferdekörper. Anscheinend sollen beide Körper Bewegungen durchlassen. Die Frau kraust die Stirn und fragt nach. Frau Reitlehrerin jubelt. Ganz genau! Die Frau hätte das genau richtig verstanden. (Erwähnte ich bereits, dass Frau Reitlehrerin toll motivieren kann?) Das Pferd sollte die reiterlichen Hilfen, die so dezent wie möglich sein sollten, durch seinen Körper durchfließen lassen und genauso sollte der Reiter die Bewegungen des Pferdes durch sich durchfließen lassen. Und das ginge halt nur mit beweglichen Gelenken.

Soviel Input muss die Frau jetzt erst einmal verarbeiten. Im Moment schüttelt sie beim Reiten dauernd die Arme und Beine aus, was sie schön locker macht. Außerdem sieht es lustig aus. So haben wenigstens alle was davon 🙂

Lesetipp: Mehr über lockere Schultern gibt es bei Karo von den Pferdefreunden.

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