Rosa liebt mich

Rosa und Stuti betreiben Fellpflege und beknabbern sich den Widerrist.

Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, aber seit ein paar Tagen habe ich einen Schatten. Nicht so, wie ihr denkt, nein, viel schlimmer. Ich werde verfolgt. Von einer verliebten Haflingerstute. Wo ich gehe und stehe, lauert sie mir auf und spricht von einer Beziehung.

Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht, als Rosa „zufällig“ überall dort auftauchte, wo ich auch war. Auch als sie anfing, mir auf Schritt und Tritt zu folgen und dauernd mit mir sprechen wollte, habe ich nicht geahnt, dass sie unsterblich in mich verliebt ist. Ich wusste ja, dass die Frau Urlaubsvertretung bei und auf ihr gemacht hat und dachte, Rosa wäre entweder traumatisiert und/oder will über die Frau lästern. Gewöhnlich hat die Frau diese Wirkung auf Leute, die zum ersten Mal mit ihr zu tun haben 😉 Und über die Frau lästern sprechen tu ich ja gern. Ich ließ mich also – stets hilfsbereit – von ihr in ein Gespräch verwickeln. Wenig später fragte sie mich nach dem Weg zur Tränke. Spätestens da hätte ich misstrauisch werden sollen. Sie ist schließlich schon genauso lang auf dieser Weide wie ich ^^ Dann konnte sie mit meiner Wegbeschreibung angeblich nix anfangen (Frauen halt…) und bat mich, ihr den Weg zu zeigen. Und danach war es ganz furchtbar. Überall hat sie herumerzählt, wir hätten ein Date gehabt und ich wäre ja so süß und schüchtern.

Ich meine, Rosa ist sicherlich ganz nett (für einen Haflinger), aber irgendwie prallen da doch zwei Welten aufeinander. Die Liebe ist sehr, sehr einseitig, und daran ist nicht nur ihr Name schuld. Mich hat schließlich vorher keiner gefragt, und wenn, hätte ich darauf hingewiesen, dass ich a) schon eine Freundin habe und b) eine Rosa-Allergie.

Ich weiß auch gar nicht, wie ich das Stuti erklären soll. Irgendwie ist es ja ganz schmeichelhaft, dass es sich in Stutenkreisen allmählich rumspricht, was für ein toller Typ ich bin, aber ich habe ja schon eine Freundin. Die zwar lieb und nett ist, mich aber zwischendurch doch mal fragt, wieso ich seit neuestem ständig eine blonde Wuchtbrumme im Schlepptau habe.

Rosa lässt sich aber durch meinen genervten Gesichtsausdruck meine vornehme Zurückhaltung nicht erschüttern. Mittlerweile hat sie sich mit Stuti angefreundet – damit wir uns öfter sehen können, wie sie mir verschwörerisch zugeflüstert hat. Wenn sie nicht gerade anbiederisch Stutis Widerrist beknabbert – da ist kaum noch Fell dran! – guckt sie mich verträumt an. Ich trau mich schon gar nicht mehr, neben Stuti zu grasen, weil Rosa immer da ist. Nicht, dass ich noch abmagere und genau schlank und sportlich wie der doofe Konrad werde….

Letztens habe ich Stuti und Rosa aus sicherer Entfernung beobachtet. Sie haben die Köpfe zusammen gesteckt und GEKICHERT. Meine Boxennachbarin, die dicke Else, stand auch dabei. Dabei hat die Frau schon lange nicht mehr an meiner Mähne rumgeschnibbelt – weiß gar nicht, was es sonst über mich zu lachen gibt?! Ich bin natürlich total souverän geblieben und nur ein bißchen weggelaufen.

Neulich auf der Reisplantage

Regen, der aus der Dachrinne herunterläuft

Tagelanger Dauerregen, so wie wir ihn letztens hatten, ist ja irgendwie auch interessant. Wie sich so eine langweilige Durchschnittsweide durch flächige Pfützen verändert! Die Grashalme, die oben rausgucken, erinnern Faxe an eine Reisplantage. Er ist ja gewöhnlich sehr gut informiert, da glaube ich ihm das einfach. Man lernt sich auch gleich viel besser kennen, das ist ein bisschen so wie Dschungelcamp. Ich weiß jetzt genau, wie schnell Konrad rennen kann, wenn ihn jemand sehr geärgert hat und er zusätzlich noch so richtig schlechte Laune hat. Oder dass Faxe maximal wasserdicht ist. Stuti dagegen kann das Wetter nicht gut vertragen. Sie sagt, sie wüsste jetzt, warum sie so wasserscheu ist und dass sie damit absolut recht hätte. Na ja. Ist auch nicht mein Lieblingswetter, aber es gibt Schlimmeres. Else zum Beispiel 🙂 Die ist kein Stück wetterfühlig, sie scheucht Stuti nämlich bei jedem Wetter. Mich auch, aber ich scheuche zurück. Weil Stuti beim Fellchenkraulen ziemlich grobmotorisch ist und ihr aus Versehen immer die frisch sanierten Zähne in die Wirbelsäule haut, nehme ich an. Oder einfach aus Prinzip. Else ist halt ein Mädchen 😛

Bei anhaltendem Regen findet man auch heraus, wie lang es dauert, bis einem das Wasser in die Ohren läuft und dass man das nicht möchte. Außerdem stellt man schnell fest, wie man sich strategisch günstig positioniert, so dass das Hinterteil auf der Wetterseite ist und das alles entscheidende Vorderteil auf einem leckeren Stück Gras. Und nicht etwa in der matschigen Stelle vorn am Eingang!

Eine weitere lehrreiche Erkenntnis für diejenigen unter uns, die mit Regendecke auf die Weide gehen: mit ein bisschen Mühe lässt sich der Schlamm beim Wälzen auch unter die Decke schaufeln. Außerdem kann man mit Lehm wunderbare Dreadlocks in die Mähne zaubern. Der ein oder andere hat vielleicht auch schon mit Deckeausziehen experimentiert. Hierzu kann ich sagen: Bei 10 Grad und Dauerregen meiner Ansicht nach keine gute Idee, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Die Frau ist jetzt übrigens stolze Besitzerin eines Sommerregenhutes, eines Winterregenhutes und diverser Übergangsregenhüte. Im Moment kauft sie für mich eine neue Decke, weil meine beiden Regendecken schon nach 6-7 Stunden Dauerregen aufgeben. Sie sagt, ich bräuchte unbedingt eine dritte, und zwar eine mit Halsteil. Wahrscheinlich, damit meine Schlammzöpfe in der Mähne vor Regen geschützt sind und länger halten 🙂

Die Zahnfee

Der Pferdezahnarzt bei der Arbeit

Ich habe die Zahnfee gesehen! Sie war klein und überraschend bärtig, aber der Reihe nach….

Gestern hatte ich den Auftrag, Stuti in der Box Gesellschaft zu leisten. Also leider nicht beide zusammen in einer Box (das wäre zu schön gewesen), aber immerhin waren wir beide zusammen im Stall. Allein. Ihre Besitzerin zählt nicht, die hat uns nämlich nicht gestört. Stuti hatte einen Termin beim Tierarzt, und da sollte sie halt schon bei sich zuhause sein, wenn der Doc eintrifft. Von wegen Pünktlichkeit und so. Als ob Tierärzte pünktlich wären 😉 Weil wir beide uns ja so großartig verstehen, hat die Frau angeboten, dass ich Stuti in der Box „das Händchen halten könnte“. Sie drückt sich oft so albern aus, wenn sie über mich spricht. Peinlich.

Also gingen Stuti und ich gegen Mittag zurück in den Stall. Ich hatte gerade das vierte Frühstück beendet und war dementsprechend entspannt. Stuti war ein wenig nervös, was ich auf ihr Bodenpersonal zurückführte. Ich nenn sie mal die junge Frau, damit man weiß, von wem ich spreche. Und damit sich die Frau ärgert, weil sie immer so toll jugendlich tut. Also: meine Besitzerin ist die Frau, Stutis Besitzerin ist die junge Frau. Klar soweit? 😉

Zu meinem ganz großen Leidwesen wohnen wir ja nicht nebeneinander, Stuti und ich. Aber gestern führte uns das Schicksal in Gestalt der jungen Frau zusammen. Ich weiß nicht, ob sie sich vertan hat oder mir einen Gefallen tun wollte – die junge Frau und ich verstehen uns nämlich gut 😉 – , auf jeden Fall standen wir nun nur noch durch zwei horizontale Gitterstäbe und ein halbhohes Mäuerchen voneinander getrennt. Wow. So nah waren wir uns sonst nur auf der Weide, und da lauerten uns immer Else und Konrad mit ihren blöden Sprüchen auf. So doll habe ich schon lang nicht mehr an unserer Beziehung arbeiten können 😉 Gerade, als es so richtig romantisch werden sollte, stand ein Störenfried auf der Matte – der Tierarzt. Typisch.

Er hatte einen … ich sag mal Werkzeugkoffer auf Rollen dabei und schraubte sich eine Stirnlampe auf den Kopf. Aha, folgerte ich messerscharf, der guckt die Zähne nach. Zähne nachgucken kenn ich ja auch. So ein-, zweimal pro Jahr guckt mir mein Tierarzt in den Mund. Dafür kriege ich eine Spritze und ein grässliches Maulgatter angezogen. Was sonst passiert, weiß ich nicht, weil mich dann immer eine unerklärliche Müdigkeit befällt und ich einschlafe. Hinterher darf ich dann eine Zeitlang nix essen und dann fühlen sich meine Zähne genau richtig an.

Ich fand das sehr praktisch. Nun würde ich endlich erfahren, was so ein Tierarzt in einem Pferdemaul tut. Stuti bekam das Maulgatter angezogen und der Herr Doktor verschwand zur Hälfte in ihrem Mund, wobei er unverständliche Laute von sich gab. Stuti hielt brav still. Sie ist ja so lieb <3

Als nächstes gab es die schon bekannte Spritze. Stuti wurde sehr, sehr müde und schlief ein. Ich auch, denn es war schon ein bisschen langweilig. Bis plötzlich der Herr Tierarzt ein merkwürdiges Gerät anschaltete, das einen Höllenlärm machte, und damit im zarten Mäulchen meiner Liebsten herumfuhrwerkte. Da konnte ich nicht mehr länger zugucken. Ich bin ja nur ein kleines Pferd, was kann ich gegen eine solche Höllenmaschine schon ausrichten? Ich verzog mich also in die andere Ecke der Box, und zwar so weit es ging. Es ist aber maßlos übertrieben und auch nicht ganz wahr, wenn die junge Frau behauptet, ich hätte gezittert wie Espenlaub und wäre förmlich mit der Boxenrückwand verschmolzen. Ich habe mich nur dagegen gedrückt, um zu prüfen, ob die auch stabil ist und habe dabei vor Energie vibriert. So war das nämlich, jawohl.

Endlich war die Prozedur beendet. Der Herr Tierarzt baute seine Gerätschaften ab und drückte der jungen Frau einen von Stutis Milchzähnen in die Hand, der vorher wie eine Hülle auf dem richtigen Zahn gesessen hatte. Zahnkappe heißt sowas anscheinend. Guck an, das war dann wohl die Zahnfee. Ohne Flügelchen, Geld oder Leiter.

Ich gebe zu, ich war ernüchtert. Mit uns Pferden kann man’s ja machen. Ich fühlte mich ein bisschen wie im Dschungelcamp bei den D-Promis. Arme Stuti, da konnte sich ihre Besitzerin noch nicht mal ne richtige Zahnfee leisten, sondern musste die bärtige Aushilfe engagieren.

Die junge Frau erhielt dann noch irgendwelche Anweisungen von wegen „kein Futter“, was mich in eine gewisse Alarmbereitschaft versetzte. Ich bin nämlich gar nicht mehr dick, sondern nur noch „barock“. Es stellte sich aber heraus, dass davon nur Stuti betroffen war, und die konnte eh nix essen, so wie die am Schnarchen war. Ich bezog also meinen Wachtposten an ihrer Seite und schlief aus Sympathie ein bisschen mit, schon, um mein Einfühlungsvermögen zu zeigen. Und was soll ich sagen – als wir später wieder auf der Wiese waren, konnte sie besser und schneller essen als je zuvor. Und Widerristknabbern erst 🙂

Mach dat Hü mal ei

Pferde auf der Weide

Ich bin ja gern berühmt, so ist das nicht. Aber wenn Spaziergänger an unserer Koppel verbeikommen und die Mutter zu ihren Kindern sagt: „Mach dat Hü mal ei“, dann ist irgendwo eine Grenze überschritten. Zunächst mal grammatikalisch und dann überhaupt.

Zuallererst bin ich kein Hü, sondern fast ein Hengst, und zweitens lass ich mich nicht von wildfremden Menschen anfassen. Ich möchte vorher um Erlaubnis gefragt werden, und da bin ich sehr wählerisch. Der Tierarzt zum Beispiel darf noch so sehr betteln, den lass ich nicht 😉 Und wenn, dann schon gar nicht im Gesicht. Ich glaube, Mutti würde auch nicht wollen, dass ihr wildfremde Leute im Gesicht rumstreicheln, warum sollte das dann für meinereinen das Höchste der Gefühle sein? 😉

Die Mutter hat es aber nicht verstanden oder es ist ihr egal. Sie nötigt das Kind, unter dem Zaun durchzukrabbeln, um näher an die Pferdchen zu kommen. Das macht es sehr geschickt, das muss ihm der Neid lassen. Es ist fast so gelenkig wie Faxe, wenn er unter dem Zaun durchfressen will 🙂

Und jetzt? Och nö. Es will uns immer noch anfassen. Von vorn, von hinten, von überall. Ich will aber immer noch nicht 😉

Lebensmüde ist es auch: Faxe hat ganz verträumt nach einer Fliege getreten und es nur knapp verfehlt. Das hat es aber gar nicht gemerkt.

Jetzt hat es eine tolle Idee. Es rupft vom Rand Grünzeug ab – sieht ein bisschen wie giftiges Jakobskreuzkraut aus – und will Else damit füttern. In ihrer Gier beißt sie ihm fast die Finger ab, worauf das Kind erschrocken alles fallen lässt und zur Mutter zurückläuft. Da hat Else aber nochmal Glück gehabt.

Das Kind aber auch. Ich will nicht wissen, was Elses Besitzerin mit ihm gemacht hätte 😉 Und die Frau erst. Die ist extrem allergisch gegen Spaziergänger, die fremde Pferde füttern, weil die Pferde davon krank werden und sterben können. Sie sagt, es gäbe sogar Leute, die Pferde mit Grünschnitt von zuhause füttern und sich dann wundern, wenn die das nicht überleben. Und schließlich würde es sich nicht gehören. Sie würde ja auch keine fremden Kinder füttern. Und auf unserer Weide hätte keiner was verloren außer uns, jawohl. Und was an ei-machen erforderlich wäre, würde sie schon selber hinkriegen.

Da muss ich ihr allerdings Recht geben. Seit sie dieses Buch über Pferdemassage gelesen hat, übt sie tüchtig, ich glaube, am Mann 😉 Der hat in der ersten Zeit immer so verzerrt gelächelt, aber anscheinend seit einiger Zeit keine Rückenschmerzen mehr.

Ich finde, sie macht das mittlerweile ganz ordentlich. Jetzt muss sie nur noch lernen, mir mit den Zähnen den Widerrist zu beknabbern 🙂