Und das soll Spaß machen?

Ein trabendes Pferd

Die Frau und der Mann waren am letzten Wochenende als Zuschauer auf einem Turnier. Allein, das heißt, zusammen mit zirka 100 anderen Wahnsinnigen, die sich freiwillig in die glühendheiße Sonne stellen, um ein paar schwarz-weiß gekleideten Menschlein und ihren Pferden beim Schwitzen zuzusehen, aber ohne mich. Gottseidank 🙂

Konrad, das nicht ganz so schlaue eingebildete Sportpferd, meint natürlich, sie wären nur wegen ihm da hingefahren. Er hatte wohl einen Auftritt im Belustigungsprogramm Start in irgendeiner Dressurprüfung und kommt sich vor wie Totilas, nur, dass der mit Sicherheit nicht jeden Tag auf die Wiese darf 😉

Fairerweise muss ich auch noch erwähnen, dass sich Konrad – anders als zum Beispiel Totilas – taktrein bewegt. Sprich: Bei ihm passen die Bewegungen der Hinterbeine zu denen der Vorderbeine, was natürlich nicht ganz so spektakulär aussieht wie der Strampeltrab, den man Totilas andressiert hat. Dafür ist das aber der gesündere und letztlich pferdeschonendere Bewegungsablauf. Mit anderen Worten: Konrad redet dummes Zeug 😉

Egal, er kam sich total wichtig vor und hat sich den ganzen Morgen Sorgen um seine Frisur eingeflochtene Mähne gemacht. Ob die Zöpfchen gleichmäßig wären und ob die neuen Mähnengummis mit dem Strass wohl halten würden. Dann hat er noch mit seinen neuen Transportgamaschen und dem farblich passenden Heunetz angegeben und von der tollen Turnierschabracke gefaselt. Von seiner Lieblingsmarke. Mit Glitzi und Silber. Wir waren alle froh, als endlich der Pferdehänger vor der Tür stand und mit Konrad weggefahren ist.

Die Frau und der Mann waren schon früher losgefahren. Die Frau guckt nämlich gern beim Abreiten zu und außerdem gibt es auf Turnieren immer so praktische Verkaufsstände. Das ist toll, wenn man plötzlich sonntags notfallmäßig eine neue rosa Putzkiste braucht. Zum Beispiel. Mann und Frau gingen also einträchtig zum Abreiteplatz. Ab da schieden sich die Geister.

Man war sich wohl noch darüber einig, dass es sehr warm und sonnig war. Ansonsten gingen die Meinungen deutlich auseinander – die Frau war begeistert von den Lacklederreitstiefeln, der Mann fand die gezeigte Reiterei bei vielen Reitern grottig, und zwar geschlechtsunabhängig. Sonst denkt man ja schon mal, Männer wären ruppiger als Frauen, aber seit ich Else kenne, hat der Begriff „Stutenbissigkeit“ eine neue Bedeutung 😉 Die Damen und Herren hantierten zum Teil sehr energisch mit den Zügeln und die meisten Pferde sahen sehr unfroh aus. Auch die zugeschnürten Pferdemäuler fielen ihm unangenehm auf. Die Frau dagegen hatte nur Augen für Lackreitstiefel mit Strassbesatz – „Guck mal, die gibt’s auch in Krokoprägung!“ – oder die hübschen Stirnbänder.

Schlussendlich wollte sie sich aber auch nicht mehr die Prüfung angucken, weil sie das Abreiten auf den zweiten Blick doch furchtbar unharmonisch fand. Besonders an eine Reiterin hat sie sich erinnert, die zwar wunderbar viel Strass an sich und ihrem Pferd angebracht hatte, es aber permanent so dermaßen im Maul störte, dass das arme Tier beim besten Willen nicht wusste, wie es seinen Hals noch einrollen sollte, um den dauernden Attacken zu entgehen. Konrads Reiterin ist glücklicherweise nicht so eine. Sie ritt auf dem Abreiteplatz genauso schön wie Zuhause, und Konrad muss wohl locker-flockig gelaufen sein, mit fleißiger Hinterhand, schön rund und die Nase leicht vor der Senkrechten.

Das wird sie mir jetzt wieder wochenlang erzählen und mich fragen, warum ich nicht auch so schön laufe und es ihr bequem mache. Vielleicht tu ich ihr ja zwischendurch den Gefallen, aber nur, wenn grade keiner guckt 😉

Jetzt aber mal ganz ehrlich: Dieses verbissene Sportreiten, das macht doch keinem so wirklich Spaß, oder? Die ReiterInnen gucken total angespannt, obwohl die ja die Sporen nicht in den Bauch gepiekst kriegen. Warum eigentlich? Es geht doch meistens um nix außer ein Schleifchen und Geld für Möhren. Da muss man seinem Pferd doch das Maul nicht so zuschnüren, dass es noch nicht mal seinen Speichel runterschlucken kann. Auch wenn der Trainer oder die Freundin mal gesagt haben, das müsste so sein. Ich bin jedenfalls ganz froh, dass keiner von meinen Freunden so geritten wird. Auch wenn das bedeutet, dass ich gerade eben den doofen Konrad zu meinem Freund ernannt habe 😉

Lesetipp: Bei Fair Riding Corp gehts auch um Turnierreiter. Es scheint da außer Dressurzicken noch andere Sorten zu geben 🙂