Das Skelett und die Energie oder auch: Ellenbogen ran!

Neulich im Reitunterricht:
„Die Zügelfäuste ausdrehen und aufrecht hinstellen, du schiebst ja keinen Einkaufswagen!“, korrigiert Frau Reitlehrerin.

Wie kann die das nur sehen, wenn ich ganz am anderen Ende der Reithalle bin, fragt sich die Frau und behauptet: „Hab ich doch, die sind tippitoppi aufrecht!“ Weitere Gedanken, die ihr durch ihren Kopf gehen, sind: Wenn ich mal was richtig mache, kriegt es natürlich keiner mit. Am besten reite ich sowieso, wenn keiner guckt. Menno.

„Sind sie nicht“, lächelt Frau Reitlehrerin. „Dann würden deine Ellenbogen am Körper anliegen.“

Immer diese Meckerei, das stört total meinen Flow, denkt die Frau. Laut sagt sie: „Das tun sie doch“, während ihre Arme wie Tassenhenkel vom Körper abstehen. „Das Skelett und die Energie oder auch: Ellenbogen ran!“ weiterlesen

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Hand ohne Beine, Beine ohne Hand

Ein attraktives dunkelbraunes Pferd im Profil

Das sagt Frau Reitlehrerin immer zur Frau, wenn die gleichzeitig am Zügel zieht und treibt. Das sagte aber auch schon François Baucher. Den Herrn Baucher kennt vielleicht nicht jeder, die Frau aber schon. Oder etwa nicht? Die Frau ist meine Besitzerin, die eigentlich Piaffe und Passage reiten will, aber mit schöner Regelmäßigkeit schon an den Basics scheitert. Im Moment versucht Frau Reitlehrerin ihr zu erklären, dass es nicht funktioniert, wenn man gleichzeitig Gas gibt und bremst.

Die Frau meint, das hätte sie immer schon so gemacht. Man müsste doch das Pferd durch das Gebiss hindurchtreiben. Gegenhalten wäre dabei wichtig, aber das wüsste Frau Reitlehrerin ja schließlich selbst.

Ich bin ja hier nur das Pferd, aber ich finde, das hört sich komisch an. Oder? Es macht eigentlich auch keinen Spaß, wenn man dauernd vorwärts gescheucht wird und einem die Frau gleichzeitig mit ihrer kleinen Eisenfaust im Gebiss hängt. Außerdem finde ich es sehr mutig, sich gleich zu Beginn der Reitstunde mit Frau Reitlehrerin anzulegen. Aber umso besser für mich, denn wenn Frau Reitlehrerin was erklärt, darf ich rumstehen und Pause machen.

Was Frau Reitlehrerin erklärt und wer denn nun der Herr Baucher ist, findest du hier bei der Pferdeflüsterei. Für die hab ich nämlich einen Gastbeitrag geschrieben.
Wie so’n Popstar 🙂

… dann klappt’s auch mit der Parade

Die Frau hat mal wieder versucht, mich zu reiten. Im Unterricht. Es fing schon gut an, als sie die Zügel aufnahm und direkt lostraben wollte. Wenigstens hatte sie mich vorher im Schritt warmgeführt – Anordnung von Frau Reitlehrerin, damit sie ein kleines bisschen lockerer wird 😉 Dann schleift sie mich zur Aufsteighilfe, hievt sich ungelenk auf meinen Rücken und nimmt die Zügel auf, um direkt loszulegen. Aber nicht mit Frau Reitlehrerin. Die hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, die Frau insgesamt mehr aus dem Sitz heraus reiten zu lassen. Mehr Sitz, weniger Hand!

An und für sich ein guter Plan, aber leider zum Scheitern verurteilt, weil nämlich die Frau daran beteiligt ist. Die ist zwar hochmotiviert und stets bemüht, aber doch eher Handwerker als Sitzkünstler. Aber Frau Reitlehrerin plant langfristig, und wer weiß, ob die Frau es nicht doch noch lernt.

Jedenfalls soll sie die Zügel gleich mal wieder loslassen und fleißigen Schritt reiten. Und mich dann ohne Zügel zum Halten durchparieren. Bei C. OK, dann halt an der nächsten langen Seite. Auch nicht? An der nächsten kurzen Seite vielleicht? Die Frau lässt sich ganz komisch in den Sattel plumpsen, gibt alle Stimmkommandos, die sie kennt und streckt schließlich die Beine nach vorne weg, als würde sie ne Harley fahren. Das irritiert mich dann doch soweit, dass ich stehenbleibe und mich fragend nach Frau Reitlehrerin umschaue. Die urteilt, ich hätte alles richtig gemacht. Bei einer so diffusen Hilfengebung könne man nichts anderes erwarten.

Die Frau runzelt die Stirn und ist beleidigt, weil Frau Reitlehrerin ihr verbietet, mit den Zügeln nachzuhelfen. Außerdem ist es ihr peinlich, dass Frau Reitlehrerin immer auf den Basics rumreitet – wie zum Beispiel einem korrekten, zügelunabhängigen Sitz – und die Frau dann immer wie ein Vollhorst dasteht, weil sitztechnisch mit ihr nicht viel los ist. Überhaupt hätte man ihr diese Details früher nie richtig beigebracht, beschwert sie sich, als ihr Frau Reitlehrerin nochmal die Hilfengebung erklärt: Nach oben und unten wachsen und dabei einatmen, etwas schwerer einsitzen, dabei das Becken abkippen und ausatmen. Und – ganz wichtig – im Übergang auch hinten sitzen bleiben. Die Frau nickt ganz wichtig. Das wäre ja logisch. Auch das mit dem hinten sitzen bleiben. Das wäre ja klar, dass man hinten sitzen bleiben müsste. Ansonsten würde man ja im Moment des Übergangs nach vorn fallen und die Vorhand zusätzlich belasten. Total kontraproduktiv wäre das, weil der Pfridolin doch vermehrt hinten Last aufnehmen soll. Tse. Nach vorn fallen, wer tut denn sowas. Ich kenn da jemanden, aber ich werde hier ja für gewöhnlich unterdrückt.

Nachdem auf diese Art ein Konsens über das weitere Vorgehen gefunden wird, soll die Frau erneut anreiten und gleich wieder durchparieren. Schon besser, aber sie streckt die Beinchen schon wieder so lustig nach vorn. Frau Reitlehrerin schlägt vor, die Beine doch einfach unten zu lassen. Da wären sie ja eigentlich schon, wegen dem „nach oben und unten wachsen“. Ach so. Und das Atmen nicht vergessen. Huch. Die Frau fühlt sich ertappt und schnauft hastig.

Nochmal im Schritt angehen und an der nächsten langen Seite durchparieren, fordert Frau Reitlehrerin. Dieses Mal streckt die Frau die Beine nicht nach vorn, sondern nach hinten. Leider hat das zur Folge, dass ihr Oberkörper nach vorn sackt – das hat wohl was mit dem Gleichgewicht zu tun. Von daher mache ich auch keine Parade mit untergesetzter Hinterhand, sondern stoppe mit den Vorderbeinen, was laut Frau Reitlehrerin ungesund ist. Die Frau meint, vielleicht wäre das mit den Beinen nach vorn doch keine so schlechte Idee. Dabei würde wenigstens meine Vorhand nicht überlastet 😉 Frau Reitlehrerin erklärt, ich wäre erstens keine Harley und zweitens würde sie dadurch soviel Druck in meinen Rücken bringen, dass ich den nicht mehr aufwölben könnte. Die Frau erinnert sich: Rücken aufwölben ist das A und O der Reiterei. Mit anderen Worten: Doofe Idee.

Nach einigen weiteren Versuchen klappt es aber schon ganz ordentlich und ich werde jedes Mal doll gelobt. Frau Reitlehrerin wird übermütig und schlägt vor, jetzt Trab-Schritt-Übergänge dazu zu nehmen. Am durchhängenden Zügel, versteht sich. Und ohne heimlich den Zügel nachzufassen! Woher weiß sie das nur immer? Die Frau hatte tatsächlich gerade darüber nachgedacht, unauffällig die Zügel aufzunehmen. Nur ein ganz klein bißchen, mault sie leise, aber so, dass Frau Reitlehrerin sie nicht hört. Menno. Nix dürfte man hier.

Ich trabe also an und harre der Dinge, die da kommen. Zack, blockiert mich die Frau mit ihrem Becken, so dass ich für einen Moment stehenbleibe. Im Prinzip ganz gut, urteilt Frau Reitlehrerin, aber sie müsste mit ihrem Becken locker die Schrittbewegung vorgeben. Dann würde der gute, brave Pfridolin auch nicht stocken und das ergäbe einen flüssigen Übergang. Die Frau staunt. War das ein kleines Lob? Ui. Sie probiert weiter herum und wird mit dem Becken immer lockerer. Wer hätte das gedacht – wo sie sonst so ein Steifftier ist 🙂

Nach einem richtig guten Übergang ist die Stunde beendet und wir werden beide gelobt. Ich schon allein deshalb, weil ich toll bin. Das ist nur angemessen. Außerdem mach ich hier schließlich auch die ganze Arbeit.

Die Frau hat nur auf mir rumgesessen und ein bisschen mit dem Hintern gewackelt. Merkwürdigerweise wird sie dafür auch gelobt. Irgendwie ungerecht, aber Frau Reitlehrerin belohnt schließlich auch die kleinsten positiven Ansätze. Wenigstens hat die Frau mich heute nicht im Maul gestört, das ist ja immerhin auch schon was!

Übrigens fühlen sich die Muskeln in meiner Hinterhand komisch an. Ich glaube, die haben gearbeitet. Sonst versuche ja immer, das zu vermeiden, aber im Moment passt es mir ganz gut – schließlich steht die Weidesaison bevor und ich will fit für die Mädels sein, wenn es endlich soweit ist. Während Faxe gleichbleibend tinkerhaft flauschig und süß aussieht, habe ich dann einen muskulösen, männlichen Body. Sie werden es lieben 😉