Frau Reitlehrerin, die Frau, die Sitzlonge und ich (Teil 2)

Kaum zu glauben, was Menschen mit ihren zwei Beinen so für Probleme haben. Wenn die Frau ein Pferd wäre, wäre sie längst ausgestorben, wetten? Ich wundere mich ja schon, wenn sie es zu Fuß unfallfrei bis zur Futterkammer schafft, aber was sie beim Reiten so alles macht …

Zum Beispiel: Neulich haben wir einen weiteren Versuch mit der Sitzlonge unternommen. „Wir“ sind in dem Fall Frau Reitlehrerin und ich. Wieder ging es los mit dem Einfühlen in meine Bewegung im Schritt. Hab ich euch schon erzählt, dass die Frau ungefähr so einfühlsam wie ein Rübenlaster ist? Doch, wirklich. Sie und meine Boxennachbarin Else haben eigentlich viele Gemeinsamkeiten. Sie schaukelt also wie ein Kartoffelsack auf mir rum und schlingert dabei gefährlich nach rechts und links, was sie Frau Reitlehrerin mit einem strahlenden Lächeln als „schon viel lockerer in der Hüfte“ verkaufen will. Na, denk ich, das legt sich sicher. Wart mal ab, in ein paar Runden ist ihr das zu anstrengend. Aber weit gefehlt. Gutgelaunt eiert sie weiter und lässt sich auch von Frau Reitlehrerins beharrlichen Aufforderungen, „sich einfach mal passiv von der Bewegung mitnehmen zu lassen“, nicht beirren. Frau Reitlehrerin versucht es weiter. „Passiv! Mitnehmen lassen!“ Ja, meine Besitzerin ist nicht so ein Wischi-Waschi-Mädchen – wenn die sich einmal was in den Kopf gesetzt hat, bleibt sie auch dabei. Sie schaukelt und schwankt.

Aber Frau Reitlehrerin weiß Rat und fordert sie sie zu der lustigen Radfahr-Übung vom letzten Mal auf. Ihr erinnert euch: Dabei soll die Frau im Schritt mit den Beinen strampeln, so, als ob sie radfahren würde. Huch. Da muss man sich doch erstmal um ein wenig Stabilität und Gleichgewicht kümmern, wenn man nicht runterrutschen will. Sie macht also irgendwas mit ihrer Körperspannung, und das störende Rumgewackel hört auf. Das ist auch gleich viel angenehmer für mich, weil ich so ganz entspannt ausschreiten kann, ohne dass mir jemand auf der Wirbelsäule rumhampelt oder das Gleichgewicht nimmt. Die Frau strampelt mit Feuereifer und quietscht übermütig, weil das mittlerweile schon ganz gut klappt. Frau Reitlehrerin ist beeindruckt.

Weil die Frau zwischenzeitlich auch die Mysterien des Schulterkreisens für sich gelöst hat, lässt mich Frau Reitlehrerin antraben. Natürlich erst, nachdem sie die Frau schonend darauf vorbereitet hat, dass sie sich eine spannende neue Übung für sie ausgedacht hat. Die Frau teilt mit, sie hätte sich schon längst eine neue Herausforderung gewünscht und lechzt nach Details.

Da lässt sich Frau Reitlehrerin nicht zweimal bitten und erklärt, wie sie sich das vorstellen würde: Zunächst einmal Radfahr-Strampeln im Trab. Wenn das gut klappt, bitte das Schulterkreisen hinzunehmen, und zwar eine Schulter vorwärts und die andere Schulter rückwärts.

Ach, denken die Frau und ich wie aus einem Mund gleichzeitig. Schritt ist doch eigentlich auch eine sehr schöne Gangart. Dieses Traben ist unnötig und wird völlig überbewertet. Das sieht Frau Reitlehrerin aber anders. Sie hatte sich zunächst noch erweichen lassen und ein paar Übungen für die Augen und die Schultern gezeigt, bei denen die Frau irgendwie noch lockerer im Oberkörper geworden ist, aber dann kam der Trab.

Tja, und seitdem versucht die Frau, ihre Arme und Beine zu sortieren, mit den Beinen zu strampeln, den Schultern zu kreisen, nicht aus dem Takt zu kommen und gleichzeitig weiterzuatmen. Wenn ich so unkoordiniert rumwackeln würde, wär aber schon lange der Tierarzt da!

Aber mal ganz ehrlich: Dafür, dass sich die Frau immer so ultra- döspaddelig anstellt, ist sie mittlerweile ganz schön locker. Die Wackelei und Kreiserei macht auch gute Laune. Sie kichert nämlich die ganze Zeit. Frau Reitlehrerin ist ausnahmsweise voll des Lobes, weil die Frau so entspannt und motiviert ist wie selten, und das überträgt sich sogar auf mich.

Dieses ganze Arme und Beine kompliziert über Kreuz bewegen tut wohl nicht nur dem Körper gut. Es macht auch das Gehirn locker und entspannt 😉 Das sollte Else auch mal versuchen, die guckt immer so mürrisch aus der Wäsche. Zuerst hab ich ja gedacht, es hat was mit mir zu tun, aber die guckt genauso, wenn ich sie mal 5 Minuten lang nicht ärgere. Komisch, nicht?

Die Frau ist närrisch

Jetzt geht das wieder los mit diesem Karneval. Die Frau hört im Auto Karnevalslieder, und zwar so laut, dass ich das auf dem Paddock locker mithören kann. Und weil die Frau so ist, wie sie ist, singt sie die nächsten 2 Stunden das jeweils letzte Lied, dass sie auf der Fahrt in den Stall gehört hat. Zu ihrem festen Repertoire zählen Viva Colonia, das Altbierlied (wegen der kulturellen Vielfalt), Mer losse d‘r Dom in Kölle sowie eine Perle der Dichtkunst namens „Hömma samma womma nochma biertrinken gehen, biertrinken gehen, biertrinken gehen?“

Da guckt ihr, was? Hab ich auch zuerst. Aber weil wir Pferde ja so empfänglich für Schwingungen sind (Faxe nennt das ganz banal Körperchemie), gehe ich gern darauf ein und lasse mich von ihrer unvernünftig guten Laune anstecken – auch wenn das bedeutet, dass ich verkleidet werde.

Früher war bei uns im Stall immer Kostümreiten. Ich werde nie vergessen, wie Faxe einmal im Tinkerbell-Kostüm den ersten Preis gewonnen hat. Mit Elfenflügelchen! Er spricht nicht gern darüber, aber damals war er ziemlich stolz auf seinen Gewinn. Die Frau und ich waren in dem Jahr Robin Hood, was aber niemand erkannt hat. Froschgrüne Leggings und ein Kinder-Bogenschieß-Set sind eben kein Kostüm, aber auf mich hört ja keiner. Wenigstens der angeklebte Bart war überzeugend.

Im Jahr darauf hat die Frau ihre Mutter dazu angestiftet, mir ein großes grünes Drachenkostüm zu schneidern – aber ich greife vor.

Kostümreiten kennt ihr, oder? Reiten halt. Mit Kostüm. Gern auch paarweise nebeneinander, mit Karnevalsmusik. Man muss sich das so vorstellen: Ich im Biene-Maja-Kostüm und Else als rosa berüschtes 700 –Kilo-Barbiepony daneben. Hinter uns Konrad, mit lauter Wattebäuschen als Wolke vekleidet, daneben Companero, der Schimmel, zum Kleinen Onkel umgeschminkt. Konrads Reiterin hatte sich mit viel Mühe und Flügelchen zum Engel gestylt. Pippi Langstrumpf daneben war ein schöner Kontrast.

Konrad hat angegeben wie nur was, wie unheimlich schick und elegant sein Kostüm wäre und wie gülden doch das Engelshaar seiner Besitzerin leuchten würde. Mit Straß-Heiligenschein. Aber Konrad ist ja immer so. Entweder er hat gerade bei irgendeinem Turnier ein Stoff-Schleifchen gewonnen und erzählt uns, er wäre ein zweiter Totilas oder er hat ein „maßgefertigtes Spezial-Stirnband“ bekommen. Sein Maß ist in diesem Fall WB (wie Warmblut), weil Rosa auch so eins hat und ihre Besitzerin das erwiesenermaßen im Katalog bestellt hat 😛

Das Kostümreiten hat aber trotzdem Spaß gemacht, weil unsereiner bekanntlich auf schlichte Rhythmen abfährt und kein Ohr für die Texte hat. Die Schwingungen, ihr versteht 😉 Unsere ReiterInnen hatten Spaß und wir auch. Else und ich sogar ein bisschen mehr als erlaubt – und damit wären wir wieder beim Drachenkostüm. Das war im Jahr nach dem Biene-Maja-Kostüm und im Vergleich dazu exorbitant. Ich war begeistert. Hey, ich meine – Drache! Cooler geht’s doch nicht mehr, oder? Also kein Wunder, dass mich Else die ganze Zeit so merkwürdig angeguckt hat.

Die Frau hatte sich extra in ein Prinzessinnenkleid geworfen (mit Krönchen!) und wir fielen schon beim Warmreiten auf. Nun bin ich ja ein ausgesprochen attraktives Pferd und durch das Kostüm konnte man nicht sehen, wie die Frau meine Mähne wieder verunstaltet hatte. Die Mädels waren also hin und weg. Ich wollte hingehen und mich mit ihnen verabreden, sie hat mich aber nicht gelassen. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht, dass der Reiter bestimmen darf, was gemacht wird? Na, auf jeden Fall gabs da schon erste, leichte Diskussionen zwischen den einzelnen Reitern und ihren Pferden.

Dann gings los und die Frau und ich nahmen ihren Platz neben Else und ihrer Reiterin ein. Else hatte spontan beschlossen, dass sie Angst vor Drachen hat. Ich wollte ihr beistehen und erklären, dass das nur ein Kostüm ist, aber sie war KOM-PLETT hysterisch und hat alle anderen aufgemischt. Ich konnte da nichts für, ich war halt nur zufällig mit dabei.

Dass ich mit flatterndem Drachenkostüm auf die anderen zugaloppiert bin und sie in die Flucht getrieben habe, ist übrigens nicht wahr, ich habe lediglich Else verfolgt, um sie zu beschützen. Und einzig und allein wegen dieses läppischen Vorfalls dürfen wir nicht mehr beim Kostümreiten mitmachen. Nur, weil Else so ängstlich ist.

Ich weiß aber, wie man damit umgehen muss und habe einen genialen Plan. Dieses Jahr Karneval geh ich nämlich als Schecke. Ich hab schon eine hübsche, schlammige Wälzstelle gefunden 🙂 Und dann sing ich Else so lange Karnevalslieder vor, bis sie mich romantisch findet. Wünscht mir Glück!

Familienzuwachs

Die Frau hat neulich gesagt, es wäre sooo schön, wenn ich ein kleines Brüderchen bekommen würde. Ob sie wohl weiß, dass sie nicht meine richtige Mutter ist? Ich bin mir da manchmal nicht so sicher. Faxe meint, das hätte wahrscheinlich nichts zu bedeuten. Schwangere wären oft durcheinander, weil das für sie eine aufregende Zeit ist. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist die Frau schon durcheinander, seit wir uns kennen. Und alles andere als schlank 😉 Ich glaube deshalb nicht, dass sie ein Fohlen bekommt. Selbst Elefanten tragen nur 48 Monate.

Ich fände es aber gut, wenn sich unsere kleine Herde vergrößert. Ihr wisst ja, dass ich mir schon lange ein eigenes Haustier wünsche. Am liebsten hätte ich ein Shetty. Das wäre dann meins und es müsste alles tun, was ich will. Bei Haustieren ist das so, ich kenn mich nämlich aus.

Faxe guckt mich immer ganz merkwürdig an, wenn ich davon spreche, und meine Boxennachbarin Else hat mich gefragt, wovon ich nachts träumen würde. Von gar nix, weil man bei ihrem Geschnarche kein Auge zukriegt 😛

Leider weigert sich Faxe nun schon seit einiger Zeit, mir zu gehorchen. Er sagt, ich dürfte nur dann Chef sein, wenn ich ihn vor irgendwas beschützen müsste, sonst nicht. Und der neue Paddock-Kumpel Bonito will auch nicht mehr mein Spielzeug sein, sondern mitreden, wenn es um Freizeitaktivitäten und die räumliche Verteilung auf dem Paddock geht. Na toll. Außer den Fohlen, die wir manchmal beim Ausreiten sehen, will anscheinend keiner auf mich hören.

Auch die Frau nicht. Wie sich nämlich herausgestellt hat, sucht die Frau in Wirklichkeit kein Shetty für mich, sondern ein Reitpferd für sich. Sie hat mich auch gefragt, was ich davon halten würde, und ich fand die Idee ziemlich gut. Die Frau möchte ja so sehr, sehr gern Dressurreiten (ich sage nur Piaffe!), und das ist meistens zwar ganz unterhaltsam und sicherlich auch sehr gesund, aber auch verdammt anstrengend. Ich sage nur Piaffe 😉 Jetzt sucht sie einen Dressurkracher, der sitzbequem ist. Und brav. Und nervenstark und leichtrittig und spottbillig. Und natürlich muss er ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, ein korrektes Gebäude und zusätzlich noch ein hübsches Köpfchen haben. Klar, ne?

Wenn sie so ein Wunderpferd findet, könnte das Wunderpferd die ganze Kringelreiterei erledigen und der Mann und ich gehen währenddessen schön ins Gelände. Und davor und danach ist es meins und muss mir gehorchen.

Die Frau hat sich sogar schon ein paar Pferde angeschaut. So weit, so gut. Zu ihrer Überraschung musste sie dabei feststellen, dass die Vorstellungen von „brav“ und „leichtrittig“ doch sehr stark auseinandergehen. Vor allem, wenn es um junge Pferde geht, die naturgemäß noch nix können und erst mal ihr eigenes Gleichgewicht finden müssen. Für ein älteres, gut ausgebildetes Pferd reicht nämlich das Taschengeld nicht, und zu alt darf es auch nicht sein, weil es ja mindestens die nächsten 30 Jahre bei uns verbringen soll.

Na ja, und „sitzbequem“ sind die Kollegen eigentlich auch. Wenn man sitzen kann. Die Frau jammert immer, dass ich so unbequem wäre und so wunderbar schwungvolle Gänge hätte. Seit sie im Urlaub mal spanische Pferde geritten ist, träumt sie von so Schaukelpferden mit eingebauter Versammlung. Hach, Piaffe! Außerdem hätten diese Tiere so einen wunderbaren Charakter und wären nicht so groß, was gut zu ihren kurzen Beinchen ihrer Figur passen würde. Und es gäbe sie in allen Farben. Was soll denn das schon wieder heißen? Dunkelbraun ist doch wohl die schönste und beste Farbe, die mit jeder Sorte Schlammkruste harmoniert.

Seit sie fremde Pferde ausprobiert und nicht mit ihnen klarkommt, diskutiert die Frau aber nicht mehr so doll mit Frau Reitlehrerin. Vielleicht merkt sie ja selbst, dass ihr zur Dressurqueen noch das ein oder andere fehlt? Und sie weiß es mittlerweile auch wieder zu schätzen, dass ich ja eigentlich doch ganz leichtrittig bin, wenn man mich nur lässt 🙂 Ich bin auf jeden Fall gespannt, wann und ob der Familienzuwachs kommt. Der Mann und ich freuen uns nämlich schon auf entspannte Ausritte. Vielleicht habe ich ja auch richtig Glück und es wird eine Stute? 😉 <3

 

Linktipps zum Thema Pferdekauf:
Augen auf beim Pferdekauf
Der Pferdekauf

Noch 57 Tage bis zum Frühling!

So nett es auf dem Paddock auch ist, eins fehlt: Gras! Und Frühling! Und Stuti. Faxe meint, das wären schon drei Dinge, das ist mir aber egal. Und schließlich: Was weiß so ein haariger Tinker, der zugegebenermaßen mein bester Freund ist, schon von Romantik? Eben 😛

Else sehe ich ja mittlerweile und eher unfreiwillig Tag und Nacht, aber Stuti nur noch ganz selten. Ich gebe zu, unser Verhältnis war zuletzt nicht ganz spannungsfrei, was möglicherweise auch daran liegt, dass ich mich nicht nur mit ihr, sondern auch mit Rosa, der Haflingerin, und meiner Nachbarin Else getroffen habe. Aber als wir neulich zusammen in der Reithalle waren, war es wie am ersten Tag. Sie hatte nur Augen für mich und wäre mit mir überallhin gegangen, wenn ich nicht gerade an der Longe gewesen wäre. Und das lag nicht nur an meinem rosa Glitzer-Stirnband!

Frau Reitlehrerin hat nämlich die Frau und mich zu Sitzübungen an der Longe vergattert. Also eigentlich nur die Frau, aber ich muss halt auch dabei sein. Das Gute daran ist, dass ich mich dabei mit Stuti treffen kann, die oft zur selben Zeit geritten wird.

Man muss sich das so vorstellen: Ich laufe immer im Kreis um Frau Reitlehrerin rum, während die Frau auf meinem Rücken Turnübungen ausführt, die bei dreijährigen Kindern niedlich aussehen. Bei der Frau denkt man eher was in der Art von „Oha, ein Nilpferd lernt reiten.“ Nein, das war nur ein Scherz. Tatsächlich denkt man: „Boah, dieses Reiten scheint aber ganz schön schwer zu sein, wenn sogar diese gestandene Frau da drüben Schwierigkeiten damit hat.“ Das liegt aber nicht nur an mir, sondern daran, dass Reiten halt wirklich schwierig ist. Obwohl ja tatsächlich ich die meiste Arbeit tue, sind hinsichtlich des Bedienpersonals obendrauf Fähigkeiten wie zum Beispiel Ganzkörperkoordination, Geschicklichkeit und Einfühlungsvermögen gefragt. (Also das, was ich meistens manchmal nicht habe).

Nur mal so als Beispiel: Wieviel Menschen sind denn mit beiden Händen auf den Millimeter gleich geschickt? Ja, ne – da muss man schon ein bisschen üben 🙂 Genauso wie wir Pferde, die die Turnübungen Lektionen sowohl auf der rechten wie auf der linken Hand üben müssen, und zwar bitteschön gleich geschmeidig. (Stichwort Gymnastizierung und Geraderichtung)

Na, also wir auf dem einen Zirkel, die Frau schwitzend und nicht ganz losgelassen am Schulter- und Hüftenkreisen, und Stuti auf dem anderen Zirkel. Jedes Mal, wenn wir uns begegneten, leuchteten ihre Augen. Meine natürlich auch, denn bald ist Frühling und da werde ich immer besonders romantisch <3 Außerdem wohnen wir im Frühling wieder alle zusammen auf einer großen Weide- jedenfalls tagsüber. Nachts bin ich nach wie vor in der Box neben Else und kann mir ihr Geschnarche anhören 🙁

Jetzt im Winter ist Stuti tagsüber auf einem Paddock am anderen Ende der Welt des Stalls, zusammen mit Rosa und anderen Mädels, die sich aber nicht für mich interessieren langweilig sind. Anscheinend ist es auf Dauer doch nicht so nett in einer Stutengruppe. Die meinen immer alles so ernst und wenn’s da mal Ärger gibt, ist Schluss mit lustig.

Wir Wallache Fast-Hengste toben zwar auch ziemlich rum, aber bei uns ist es normalerweise nur Spaß. Da geht dann schon mal ein Halfter oder eine Paddockdecke kaputt, aber meistens nicht mehr. Dafür sind wir immer ausgeglichen und schmutzig. Stuten nicht, die sind anders. Also schon auch schmutzig, aber auf komplizierte Art. Man weiß nicht genau, warum.

Aber Faxe und ich Männer haben eh keine Ahnung und machen grundsätzlich alles falsch. Außerdem sind wir unsensibel und grobmotorisch. Sagt jedenfalls die dicke Else. Ich weiß gar nicht, wie sie auf sowas kommt. Und schon gar nicht, wieso sie mich jetzt beißen will. Es gab doch gerade erst Futter.

Aber so, wie mich Stuti angelächelt hat, rechne ich mir schon Chancen für das Frühjahr aus. Und das trotz meiner grausigen Frisur! Stuti ist schon sehr, sehr nett und möglicherweise kurzsichtig und ich bin gerade sehr verliebt.

Die Frau hat mir zuletzt vor der Weihnachtsquadrille die Mähne verunstaltet und die Zacken sind schon ein bisschen herausgewachsen. Die Mädels stehen ja so auf Wallemähne – bestimmt hab ich bald auch eine und bekomme ein Liebesleben <3 Eine Frage hab ich aber noch: Wie schnell wächst eigentlich so ne Mähne?

Für ein gutes Bauchgefühl

Gestern hatte ich frei, weil die Frau Bauchschmerzen hatte. Ich hatte das auch schon mal und kenn mich also damit aus. Erst wird man im Kreis herumgeführt und dann kommt der Tierarzt, der einen abhört und sich dann den Handschuh des Grauens anzieht und damit Dinge tut, die ihr gar nicht so genau wissen wollt.

Als nächstes gibt es ein bis zwei Spritzen und dann tuts nicht mehr so weh. Das klappt aber nur, wenn man sofort den Tierarzt ruft und wenn es die richtige Sorte Bauchschmerzen ist. Ein Freund von mir hatte die falsche Sorte Bauchschmerzen und ist daran gestorben. Das war ganz schön traurig 🙁 Na, und wo die Frau jetzt auch Bauchschmerzen hatte, war ich schon ein bisschen besorgt, ob der Mann auch alles richtig macht. Man muss nämlich auch das Stroh aus ihrer Box nehmen, damit sie nichts mehr isst. Das macht man, um den Darm zu entlasten, sagt mein Kumpel Faxe. Faxe ist ein Tinker und weiß fast alles. Und das, was er nicht weiß, fällt ihm spontan ein. Das ist sehr praktisch für fast alles im Leben.

Danach kommt ständig jemand nach einem gucken (falls man nicht ohnehin gerade herumgeführt wird). Und: Jedes Mal, wenn man äppelt, fällt einem wer um den Hals. Beim nächsten Mal ausmisten oder Paddock abäppeln legt sich die Begeisterung aber schlagartig. Versteh einer die Menschen ^^

Danach wird man „angefüttert“. Das heißt, es gibt ungefähr einmal pro Stunde ein winziges Häppchen Futter. Daraufhatte ich mich insgeheim schon ein bisschen gefreut, denn ich finde die Frau neuerdings ziemlich schwer. Eine längere kleine Diät würde ihr gar nicht schaden.

Faxe meinte, sie würde vielleicht ein Fohlen bekommen. Ich war da anderer Ansicht, weil meine Boxennachbarin Else im direkten Vergleich auch dauerhaft dick kräftig ist und bisher noch kein Fohlen hatte. Else trägt Pferdedecken, in die locker zwei normale Pferde passen würden und sieht damit wie ein kleiner Heißluftballon aus. Leider ist sie komplett humorlos und verdammt schnell.

Faxe musste mir Recht geben. Else wäre nicht tragend, sondern halt… nicht schlank. Und das läge daran, dass sie nach eigener Aussage „freche kleine Pferde fressen“ würde. Tsss. Ich bin glücklicherweise nicht klein und demnach nicht in Gefahr.

Heute war war die Frau wieder heil und hatte kein Fohlen dabei. Faxe und ich glauben mittlerweile, dass sie sich einfach nur überfressen hat. Ich hatte ja schon länger den Verdacht, dass sie sich an meinem Kraftfutter vergreift, weil meine Rationen immer kleiner werden. Und wo sie oft so angespannt ist, vergisst sie sicher, ihre Futterzeiten einzuhalten und kriegt dann diese Gier-Attacken. Und wenn man sie dann allein in die Futterkammer lässt … Prost Mahlzeit.

Merke: regelmäßige Mahlzeiten sind wichtig. Vielleicht sollte sie auch dauernd Heu knabbern, so wie Faxe und ich. Wir brauchen nämlich ständig was zwischen den Zähnen, damit wir keine Magengeschwüre kriegen, weil unsereins ja permanent Magensäure produziert. Für so Pummelchen wie Else gibt’s Heunetze, damit sie ihre Knabberration nicht sofort verputzen, sondern länger was davon haben.

Faxe meint, ich könnte ruhig erzählen, dass wir beide auch mal längere Zeit aus dem Heunetz gegessen haben. Das lag in meinem Fall aber nicht daran, dass ich zu dick war, obwohl böse Zungen das gelegentlich behaupten. In Wirklichkeit hatte ich ein Heunetz, weil ich ein besonderes Pferd bin und besonderes Zubehör brauche. Und was zum Spielen und Kopfkratzen. An so nem Heunetz kann man sich nämlich astrein schubbeln. Und außerdem war meins schwarz, was total männlich und ein bißchen böse aussieht 🙂 Leider ist es von ganz allein kaputtgegangen und wurde durch eins in pink ersetzt. Aber das erzähle ich lieber nicht.

Lesetipp: Infos zum Thema Kolik findet Ihr bei Kultreiter, Tipps zum Pferd, dem Pferdespiegel und der Pferdeflüsterei.

Und bei den Pferdefreunden gibt es eine Anleitung für den Bau eines automatischen Weidetors, damit unsereiner rund um die Uhr dosiert Heu essen kann.

 

Die Frau hat’s schwer

Die Frau hat‘s mal wieder schwer. So richtig, richtig schwer. Und keiner versteht sie. Frau Reitlehrerin nicht, der Mann nicht und sowieso niemand auf der Welt.

Ich habe Glück – ich verstehe sie zwar auch nicht, aber mich findet sie niedlich. Deshalb ist sie in solchen Momenten besonders anschmiegsam. Ich mag sie ja auch und weiß genau, dass sie weiß, dass Liebe durch den Magen geht. Entsprechend viele Leckerlis bekomme ich auch 😉

Es fing (natürlich) wieder im Reitunterricht an. Frau Reitlehrerin stellte fest, dass die Frau im Schulterbereich total verspannt ein wenig fest war und schlug ihr vor, erstmal die Schultern kreisen zu lassen. Ich hätte ihr das ja schon früher gesagt, aber auf mich hört ja keiner. Die Frau kreist also munter drauflos. Ich bekomme in solchen Situationen immer den Zügel auf den Hals gelegt und wandere gemütlich auf dem Hufschlag außen rum. Erstens traut sich kein anderer Reiter in die Bahn, wenn die Frau reitet waren wir zufällig ganz allein in der Halle und zweitens wächst da manchmal was Essbares, was man unauffällig rupfen kann. Tannendeko von Weihnachten zum Beispiel. Oder auf dem Reitplatz Grasbüschel und lecker Hecke.

Die Frau kreist übrigens immer noch. Erst in eine Richtung, dann in die andere. Sieht lustig aus, wenn auch ein wenig verbissen. Jetzt soll sie ganz klitzekleine Kreise mit den Schultern machen und siehe da, allmählich kehrt Lockerheit in den Schultergürtel ein. Während ihre Ärmchen rotieren, schwingt sie bitterböse Reden. Das wäre alles so schwierig und sähe total lächerlich aus, täte auch irgendwie weh und ganz bestimmt gäbe es auch einen einfacheren Weg, den Frau Reitlehrerin ihr aber vorenthalten würde, damit sie, die Frau, sich hier zum Affen machen würde. Nicht, dass sie was gegen Affen hätte, aber ob diese ganze Turnerei wirklich nötig wäre? Andere würden nie turnen. Nie. Schon gar nicht auf dem Pferd.

Die wären aber auch locker, erwidert Frau Reitlehrerin ungerührt. Ob die Frau denn ihre Dehnübungen für die Hüftbeuger gemacht hätte? Die Knie müssten tiefer und das Bein insgesamt länger sein.

Ups, erwischt. Natürlich hat die Frau kein bißchen geübt, will das aber nicht zugeben. Sie behauptet, ihre Beine wären nicht zu verlängern. Sie wäre ausgewachsen und mehr käme da nicht.

Das lässt Frau Reitlehrerin nicht gelten und spricht stattdessen von einem entspannten Oberschenkel, der locker herunterhängt. Die Frau erfindet merkwürdige Hüftschmerzen, die sie vom Üben abgehalten hätten. Um aus dem unangenehmen Gespräch herauszukommen, streckt sie die Beine eifrig nach unten.

Ob das denn auch lockerer ginge, will Frau Reitlehrerin wissen. Die Frau verneint. Sie könnte ja nix dafür, dass das alles so schwierig wäre. Aber wenn ich bequemer wäre und freiwillig piaffieren würde, dann würde sie ganz bestimmt lockerer sitzen.

Ich gucke Frau Reitlehrerin an. Frau Reitlehrerin guckt die Frau an. Die guckt zurück. Also mich guckt sie ja schon die ganze Zeit an, weil sie den Kopf immer so hängen lässt, aber jetzt richtet sich tatsächlich zu ihrer vollen Größe von 1,61 m auf und guckt Frau Reitlehrerin an. Die guckt wieder mich an und wir beide haben den Verdacht, dass die Frau das eventuell ernst meint.

Wieso soll denn der Pfridolin piaffieren?, fragt Frau Reitlehrerin, nur leicht irritiert. Sie und ich, wir kennen die Frau und ihre lustigen Ideen ja schon länger und wissen, dass sie eigentlich trotzdem ok ist.

Pferdefreundlich & fein reiten *

Weil das toll wäre. Hach, Piaffe, seufzt die Frau so sehnsüchtig, so dass Frau Reitlehrerin ihr gar nicht böse sein kann. Sogar ich bin gerührt. Wenn man bedenkt, wie anstrengend Piaffe ist, spricht das ja wohl wirklich für mein gutes Herz. Für einen Moment habe ich sogar überlegt, mal kurz auf der Stelle zu trippeln, um meiner putzigen Besitzerin eine Freude zu machen. So hengstmäßig, mit weit gesenkter Hinterhand und stolzer Aufrichtung. Dann entscheide ich mich dagegen. Man soll die Menschen nicht verwöhnen, die wollen das dann immer, hat mir mein kluger Kumpel Faxe mal gesagt, und weil er den totalen Durchblick hat und (manchmal) Türen öffnen kann, glaube ich ihm.

Nach diesem emotionalen Moment schlucken wir alle kurz und Frau Reitlehrerin meint gerührt, dass sie das gut verstehen könnte. Piaffe würde sich wirklich genial anfühlen. Aber wenn die Frau sowas reiten wolle, müsste sie leider auch korrekt sitzen. Die schnieft und will sich absichern. Ob es denn beim Reitenlernen wirklich keine Abkürzung gäbe. Es wäre soo soo soo schwer und ihr Körper würde sich gegen sie verschwören.

Leider nicht, ist die Antwort. Wenn man reiten will, geht das nur über den korrekten Sitz. Und den kann ja nicht Frau Reitlehrerin von unten einnehmen, sondern die Frau muss das für sich selbst lösen. Jammern nützt da nix. Die Frau seufzt nochmal und behauptet, ab sofort würde sie wirklich IMMER ihre Gymnastikübungen machen. Und darauf achten, dass sie im Büro und überhaupt immer eine gute Haltung hat, damit ihr der aufrechte Gang und das alles irgendwann zur Gewohnheit wird.

Ich bin gespannt…

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Erst kommt Silvester und dann die Diät

Ein schwarzer Tinker, der aussieht, als würde er lachen

Als der Mann und die Frau sich kennengelernt haben, wäre es um ein Haar auch schon wieder vorbei gewesen. Wegen Silvester. Silvester kennt ihr – da ist es immer furchtbar laut und hell am Himmel. Das ist noch schlimmer als Pferdezahnarzt und ein bißchen so wie Treibjagd, weil es irgendwie gar kein Ende nimmt. Mein bester Freund Faxe sagt allerdings, an so einer Silvesterrakete sterben nicht ganz so viele wie bei einer Treibjagd, und da hat er wahrscheinlich Recht. Die Frau findet vernünftigerweise beides blöd: Treibjagd und Silvesterknallerei.

Als der Mann noch ganz neu bei uns in der Herde war und das erste gemeinsame Silvester anstand, kam er ganz stolz mit einem Bündel Silvesterraketen an, woraufhin ihm die Frau zur Begrüßung fast den Kopf abgerissen hätte. Er dachte anscheinend, Silvesterraketen gehören zum Brunft – und Imponiergehabe bei Menschen. Glücklicherweise hat er gleich verstanden, warum die Frau das doof findet. Laut genug hat sie ja gesprochen 🙂

Ihm war nämlich sofort klar, warum Fluchttiere, die eingesperrt gehalten werden, mit der Knallerei Probleme haben. Faxe sagt, er hätte auch schon von Pferden gehört, die an Silvester in Panik durch Weidezäune gegangen wären und die das nicht überlebt hätten. Ich wollte aber nicht, dass er die Geschichte weitererzählt, weil ich mich da schon gegruselt habe. Na, egal. Der Mann hat also Glück gehabt und durfte bleiben. Eigentlich haben wir ja alle Glück gehabt, weil sich herausgestellt hat, dass er nett ist und schön locker, wenn er auf dem Pferd sitzt. Die Frau ist deshalb ziemlich neidisch auf ihn 😀

Pferdewissen & Lesestoff *

Silvester haben wir also zum Glück weitgehend knallerfrei überstanden, jetzt können die guten Vorsätze kommen. Die Frau nimmt sich nämlich jedes Jahr etwas völlig Utopisches vor, damit sie die restlichen 364 Tage des Jahres ein schlechtes Gewissen haben kann. Ich meine, es ist doch völlig klar, dass sie es nicht schafft, weniger zu essen. Ich kenne sie schließlich 🙂

Erfahrungsgemäß ist sie am 1.1. total motiviert und fühlt sich wie ein Fitness-Guru. Das geht ungefähr bis zum frühen Nachmittag so. Spätestens am Abend ist sie ausgehungert und fällt über mein Kraftfutter her. Ich kriege nämlich seit ihrer Diät-Ankündigung keines mehr. Das kann doch kein Zufall sein!

Andererseits: Wie soll sie abnehmen, wenn sie kein Heunetz bekommt? Faxe und ich haben da leider einschlägige Erfahrungen, weil wir zwischendurch auch schon mal diäten mussten. Aber der Mann macht der Frau einfach kein Heunetz fertig. Ich glaube sogar, er füttert sie heimlich, weil er Angst vor ihr hat. Wenn die Frau Hunger hat, ist sie nämlich genauso humorlos wie meine Boxennachbarin Else. Die quiekt und hüpft auch immer rum, bloß weil man sie einmal ganz kurz in den Hintern zwickt.

Faxe und ich haben daraufhin auch gute Vorsätze gefasst: Wir wollen mehr essen, um für künftige Diätprogramme gewappnet zu sein. Außerdem lassen wir uns die Haare wachsen und lernen Mädchen kennen, weil das romantisch ist. Gut, ne? Und was macht ihr so?

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Kopf hoch!

Wir haben die Weihnachtsquadrille hinter uns und was soll ich sagen – wir leben alle noch! Das liegt zum einen natürlich an Frau Reitlehrerins extrem autoritärer gewissenhafter Vorbereitung, zum anderen daran, dass Elses Reiterin, neben der wir uns die meiste Zeit aufhalten, gut leise schreien vorsagen kann und zum dritten daran, dass die Frau tatsächlich mal ihren Kopf hochgenommen und nach den anderen Pferden geguckt hat.

Sonst schaut sie ja immer ganz angestrengt nach unten – vermutlich, um nachzusehen, ob ich noch da bin. Ich finde das ja eigentlich niedlich von ihr. Praktisch ist es auch, weil ich ganz gern auf der Vorhand latsche und sie es mir damit noch einfacher macht.

Aber Frau Reitlehrerin ist aus irgendwelchen Gründen dagegen. Wegen dem Dressurreiten und der Gesundheit und der Lastaufnahme durch die Hinterhand. Von Lastaufnahme kann ich euch was erzählen – die Frau hat ganz schön zugenommen!

Zuerst hat sich die Frau noch damit rausgeredet, dass sie nach Geld sucht. Das wurde aber schnell unglaubwürdig, vor allem, weil sie nie was gefunden hat. Dann hat Frau Reitlehrerin diktatorisch verfügt, dass alles Geld, das während der Reitstunde im Reithallensand gefunden wird, ihr gehört. Das hat die Frau aber immer noch nicht dazu gebracht, ihr Köpfchen zu heben und gerade zu sitzen. Als nächstes hat sie behauptet, sie wäre total konzentriert. Der hängende Kopf wäre Ausdruck der Versunkenheit in das, was sie gerade tue. Alle großen Reitmeister würden so sitzen. Nuno Oliveira zum Beispiel. Wenn er noch leben würde. Frau Reitlehrerin erwidert, die Frau wolle sich doch jetzt nicht ernsthaft mit Herrn Oliveira vergleichen wollen? Neinnein, meint die. Das wäre ihr halt so aufgefallen. Wenn das bei Herrn Oliveira und den anderen Größen der Reiterei funktioniere, dann doch sicherlich auch bei ihr. Frau Reitlehrerin rauft sich innerlich die Haare und erklärt, dass es Künstler gäbe und Handwerker und Lehrlinge. So ein Künstler wäre so unglaublich genial in seiner Reiterei, dass ein Lehrling das gar nicht nachreiten könne. Das liege in der Natur der Sache. Man solle doch vernünftigerweise erst einmal das Reiten lernen und dann Künstler werden. Sprich: Gerade sitzen und gucken, dass man aus dem Sitz heraus reitet. Mit sauberen Gewichtsverlagerungen und ohne Verdrehen oder Einknicken in der Hüfte.

Mein bester Freund Faxe sagt, jeder Reiter hätte seinen Lieblingssitzfehler, aber ich glaube, die Frau ist in der Hinsicht begabt. Die kann nämlich alle kombinieren. Das ist praktisch, weil man sich so nicht entscheiden muss. Da sieht man mal wieder: Jeder kann was, sogar die Frau 😉 Auf jeden Fall guckt sie konsequent nach unten und hat sich bisher durch nichts davon abbringen lassen. Dass das fürs Quadrillereiten nicht unbedingt von Vorteil ist, könnt ihr euch denken.

Dann ist aber etwas passiert, was ihren Sitz radikal verbessert und mich traumatisiert hat. Bitte macht sowas nicht nach! Ich hatte nämlich bis gestern noch eine Frisur. Eigentlich bis genau gestern Mittag. Kurz vor der Quadrille stand die Frau neben mir und verkündete, meine Mähne wäre schandbar lang und sie wollte sich nicht mit so einem ungepflegten Zotteltier blamieren. Hallo, das waren höchstens 15 Zentimeter! Egal. Beherzt schwang sie die Schere und zickzackte drauflos. Ich weiß ja immer schon, was kommt. Nämlich: „Huch, das ist aber schief!“ Schnipp, schnapp. „Huch, das ist aber kurz. Nur noch ein kleines Fitzelchen, dann sieht es nicht mehr so schief aus.“ Schnipp, schnapp. „Huch.“ Kurze Pause. „Na, das wächst ja wieder nach.“

Tja, und seitdem guckt sie beim Reiten nicht mehr nach unten und mein ohnehin nur schwach ausgeprägtes Liebesleben ist mal wieder ruiniert. Else, mit der ich eigentlich schon ganz romantische Gespräche geführt hatte, hat bei der Quadrille die ganze Zeit über gekichert 🙁 und die Frau hat sich zum ersten und einzigen Mal nicht verritten, weil sie nämlich immer schön nach ihrer Quadrillenpartnerin und den anderen Reitern geguckt hat.

Möchte vielleicht irgendjemand die Frau adoptieren? Sie isst ziemlich viel und man darf ihr keine Schere in die Hand geben, aber ansonsten ist sie harmlos.

Erst der Kamm und dann das Herz

Else und ich haben ja mittlerweile Gefallen an diesem Quadrilledingsda gefunden. Zum einen hat das totalen Event-Charakter – Musik! Viele Pferde! Viele Menschen! Große Verwirrung! – und zum anderen sind die ungewohnten Figuren eine nette Abwechslung zu dem langweiligen Kringelreiten, das üblicherweise im Winter stattfindet.

Else entwickelt sich zu einem regelrechten kleinen Sonnenschein. Das erkennt man daran, dass sie mich nur noch ganz selten zwicken will und ihre Hinterbeine meistens bei sich behält. Frauen sind ja oft rätselhaft und schwer zu durchschauen, aber bei Else ist es relativ einfach 🙂 Dass es mir gefällt, erkennt man am Gesichtsausdruck und dem weihnachtlichen Glanz in meinen Augen. Und natürlich an den Freudensprüngen zwischendurch.

Die Frau findet Quadrillereiten auch toll. Jedenfalls meistens. Nämlich immer dann, wenn ich gerade nicht herumhüpfe und wenn ihr Elses Reiterin vorgesagt hat, was sie als nächstes tun muss. Dann freut sie sich. Frau Reitlehrerin freut sich auch. Ich glaube, am glücklichsten ist sie darüber, dass Elses Reiterin – als Einzige, glaube ich – den Durchblick hat und allen anderen vorsagt, was sie tun müssen, so dass Frau Reitlehrerin nicht in einem wilden Durcheinander unter die Hufe kommt und mit einem weißen Taschentuch wedeln muss. Das ist im letzten Jahr aber nicht so oft fast gar nicht vorgekommen.

Wir sind jetzt auch zu einer weiteren Figur vorgedrungen. Nach dem Kamm haben wir das Herz ins Programm aufgenommen. Faxe meint, es wäre total romantisch. Ich übersetze das damit, dass diese Figur die einzige ist, bei der er auch mal die Chance hat, seiner Quadrillenpartnerin in die Augen zu gucken 🙂 Lotta ist nämlich ansonsten einfach zu schnell für ihn nicht vom Geist der Weihnacht beseelt und wartet gewöhnlich nicht auf ihn. Faxe meint, er wäre auch vertikal benachteiligt, weil Lotta die längeren Beine hat.

Aber zurück zum Herz. Dabei reitet man auf der Mittellinie paarweise nebeneinander her (Romantisch! Wenn man nicht Faxe heißt und seiner Partnerin hinterherschnaufen muss.) und macht auf ein Kommando eine Kehrtvolte, und zwar das rechte Pferd nach rechts und das linke Pferd nach links. Gleichzeitig. Die Kehrtvolte führt zurück zur Mittellinie, wo man sich mit seinem Quadrillenpartner wiedertrifft. Das heißt, das letzte Quadrillenpaar führt jetzt die Quadrille an. Dann reitet man geradeaus weiter, meistens zurück zur kurzen Seite, und teilt sich dann wieder auf.

Was dabei alles schiefgehen kann:
1. Beide Reiter machen eine Kehrtvolte nach rechts.
2. Beide Reiter machen eine Kehrtvolte nach links.
3. Beide trennen sich vorschriftsmäßig und machen die Kehrtvolten in die richtige Richtung, reiten die Wendung aber nicht gleich groß.
4. Sie kriegen es so wie oben hin, treffen sich aber nicht auf der Mittellinie, weil die Frau wieder auf meinen Hals runtergeguckt hat anstatt zu schauen, wo Else gerade ist.
5. Es gibt einen Stau, weil Faxe auf der Mittellinie stehen bleibt, um zu äppeln.

Es wird natürlich nicht einfacher, wenn- so wie bei der Frau – eine Rechts-Links-Schwäche dazukommt. Manchmal klappt es aber doch, und dann freuen sich alle. Das Schöne bei so einer Quadrille ist ja auch, dass die Zuschauer gar nicht so genau wissen, welche Figuren wann an der Reihe sind, da kann man prima pfuschen. Also soweit alles im grünen Bereich.

Jetzt wird es aber langsam doch ernst und die Frau muss sich in die weiße Reithose zwängen, die letztes Jahr noch gepasst hat. Wenn sie ehrlich ist, war die Hose eigentlich schon letztes Jahr ein bisschen eng, aber wenigstens ging der Reißverschluss noch zu. Die Stoffe sind ja ziemlich elastisch 😉

Ich sag ja schon länger, dass sie Diät machen muss und ein Heunetz braucht, aber mir glaubt ja keiner. Wahrscheinlich wird das wieder so ein Last-Minute-Abstecher ins Reitsportgeschäft. Ist ja ein Notfall. Komischerweise ist die Frau nie die Einzige, die dort „ganz schnell“ und „mal eben“ auf den letzten Drücker was einkaufen will. Und blöderweise hat man auch bei den Reithosen die Schnitte oder die Größen oder was weiß ich geändert, so dass sie mehrfach hektisch und leicht bekleidet zwischen den Regalen und der Umkleidekabine hin- und herlaufen muss. Sowas würde sie aber nie erzählen. Sowas erzählt immer nur der Mann, der sie bei solchen Aktionen dadurch unterstützt, dass er gemütlich in einer Ecke sitzt und Kaffee trinkt. Und er erzählt es auch nicht auf der Stallgasse rum, sondern nur mir. Weil wir nämlich Kumpels sind.

So, und jetzt sag ich Else, dass ich mir zu Weihnachten Liebe wünsche. Ich bin gespannt, obs klappt 🙂

Neues vom Fest der Liebe

Woanders ist ja auch Advent, zum Beispiel bei Claudia Scheler. Claudias Blog steht unter dem Motto „Ein Leben ohne Hund und Pferd geht, ist aber sinnlos“. Ich finde das nachvollziehbar 🙂 Noch dazu heisst ihr Pferd Keks, was ihn mir doppelt sympathisch macht. In ihrem Adventskalender darf ich auch ungestraft über die Frau und ihre Frisierkünste lästern. Claudia ist nett, oder? Und das hier hab ich für sie geschrieben:

Bald ist Weihnachten! Woher ich das weiß? Zum einen hat die Frau überall herumerzählt, wie lang sie in ihrem häuslichen Chaos beziehungsweise in ihrer ganz persönlichen Ordnung nach der rotweißen Schabracke mit den passenden Bandagen gesucht hätte und wie traurig sie wäre, dass sie das Rentiergeweih aus Filz nicht mehr finden würde. Das mit der Unordnung hat sie natürlich anders erzählt, aber ich kenn doch meine Besitzerin. So schusselig und unordentlich wie die ist, wundert es mich ehrlich gesagt jeden Tag, dass sie MICH wiederfindet. Um das Rentiergeweih ist es im Übrigen nicht schade, damit habe ich mich letztes Jahr unsterblich bei den anderen Pferden blamiert. Daher habe ich ihr auch nicht verraten, an wen sie es verliehen hat. Sie traut sich anscheinend auch nicht, ein neues zu kaufen, weil der Mann einen diesbezüglichen Sparkurs angeordnet hat. Anscheinend sitzt er ihr gegenüber manchmal am längeren Hebel, weil er gut kochen kann.

Zum anderen üben wir für die Weihnachtsquadrille. Ein nicht sehr subtiler Hinweis auf die bevorstehenden Festivitäten, oder? Natürlich hat Frau Reitlehrerin wie jedes Jahr alle Pferde und die zugehörigen Reiter zu rot-weißer Bekleidung vergattert.

Nicht, dass ich so wild darauf wäre, rot-weiße Sachen zu tragen, aber es ist doch eine erhebliche Verbesserung gegenüber den Rosa-, Pink- oder Berry-Tönen, zu denen mich meine Besitzerin sonst nötigt. Immer, wenn ich höre „Der Pfridolin kann doch alles tragen!“, weiß ich genau, dass dem als nächstes ein Farbrausch sondergleichen folgt. Ich weiß gar nicht, was die Frau sich dabei denkt – ich als Regenbogenpony. Dabei bin ich fast ein Hengst! Kein Wunder, dass mein Image in der Herde leidet.

Mein bester Freund Faxe sagt, Weihnachten könnte man sich etwas wünschen, und manchmal würde es auch in Erfüllung gehen. Faxe ist ein Tinker und sehr weise, man kann ihm das also glauben. Ich habe beschlossen, mir zum Fest der Liebe eine Freundin zu wünschen. Oder zumindest den Hauch eines Liebeslebens. Ich habe nämlich keines. Das liegt meiner Meinung nach nur an der weihnachtlichen Zackenfrisur, in die die Frau meine Mähne verwandelt hat.

Getreu dem Motto „Nach dem Fest ist vor dem Fest“ trage ich das ganze Jahr über ungewöhnliche Frisuren, die kaschieren sollen, dass die Frau nicht geradeaus gucken kann. Gleichzeitig ist sie aber eine unverbesserliche Optimistin und gibt die Hoffnung, dass es beim nächsten Mal klappen könnte, nicht auf. Faxe meint, Reiter müssen so sein.

Aber muss ich denn unbedingt eine kurze, schief geschnittene Mähne tragen, nur weil das irgendwie sportlich aussieht? Ich weiß ja nicht. Wenn es wenigstens den Mädels gefallen würde. Oder so dermaßen mitleidenderregend aussähe, dass ich mich vor ihrem Mitgefühl nicht retten könnte. Aber es ist halt nur mittelscheußlich bis lächerlich.
Es gab mal eine Zeit, in der mich meine Ex-Freundin Else attraktiv fand. Da war es allerdings dunkel. Und meine bezaubernde andere Ex-Freundin Stuti hatte so ein großes Herz, dass sie noch nicht einmal im Hellen über meinen Stufenschnitt gelacht hat. Dann hat sie leider herausgefunden, dass ich noch eine zweite Freundin habe und ich war wieder Single.

Deshalb wünsch ich mir vom Weihnachtsmann, dass Stuti oder Else wieder Herzchen in den Pupillen haben, sobald sie mich sehen. Faxe ist eher praktisch veranlagt und wünscht sich ein All-you-can-eat-Buffet, aber das haben wir ja eigentlich jeden Tag auf dem Paddock. Trotzdem ein guter Wunsch! Die Frau wünscht sich auch was, und zwar, alles essen zu können, ohne zuzunehmen. Und das am liebsten rückwirkend. Sie versucht nämlich gerade, sich für die Generalprobe der Weihnachtsquadrille in die weiße Reithose reinzuzwängen, die letztes Jahr noch gepasst hat. Das scheint nicht einfach zu sein. Aber wenn bei den Proben alles schief geht (und das ist es!), geht Weihnachten alles gut und Pferde und Menschen haben eine schöne Zeit.

Und genau das wünsche ich euch allen: eine schöne Zeit. Lasst es euch gut gehen, habt euch lieb und helft denen, denen es nicht so gut geht.

Ganz viel Liebe und ein wunderbares Weihnachten wünscht euch
Euer Pfridolin

P.S.: Und schaut mal in Claudias Blog rein, es lohnt sich!