Seitengangsalat

Schulterherein

Je seitwärts, desto besser – so oder so ähnlich stellt sich die Frau die Seitengänge vor. Wir haben nämlich wieder Reitunterricht gehabt und Seitengänge geübt. Also nur die Frau, ich kann die ja schon alle: Mit dem Kopf zur Bande über die eigenen Beine stolpern, mit dem Hintern zur Bande über die eigenen Beine stolpern und dabei jeweils in unterschiedliche Richtungen gucken und Kuddelmuddel auf der Diagonalen.

Das ist aber eigentlich nur was für Fortgeschrittene – ich frage mich, wieso Frau Reitlehrerin die Frau da ins Spiel bringt. Aber egal – für mich ist es sehr entspannend, weil Frau Reitlehrerin viel erklärt, die Frau wenig versteht und ich demzufolge rumstehen und schlafen kann.

Die Frau strebt ja für gewöhnlich nach Höherem, und das Wort Piaffe kommt oft in ihren Wunschvorstellungen vor. Fast ebenso häufig ist allerdings das Wort Traversale. Dann hat sie noch von Travers und Renvers gehört. Manchmal frage ich mich, wo sie sowas herhat und wann sie endlich anfängt, dieses „Fühlen“ zu lernen, von dem Frau Reitlehrerin so oft spricht. Jedenfalls möchte sie mehr über Schulterherein und Renvers erfahren.

Wir stapfen also in die Reithalle, ich mit weißen Bandagen, die Frau mit frisch geputzten Stiefeln. Bandagiert werden ist eigentlich ganz lustig, weil die Frau so ungeschickt ist. Man hat viel zu lachen dabei. Ist aber letztlich egal, weil Frau Reitlehrerin not amused ist. Erstmal, weil die Bandagen so schlampig angebracht sind, und dann, weil die Dinger wohl gar nicht gut für meine Beine sind – Stichwort Hitzestau. Gut, dass die Frau noch nicht auf mir drauf sitzt, da geht das Abwickeln gleich viel schneller.

Ja und dann geht’s los. Die Frau hievt sich auf meinen Rücken. Bei meinem Gardemaß von 1,65 m nimmt sie dafür eine Aufsteighilfe, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Es gibt ja immer noch Leute, die so aufs Pferd hüpfen und es sportlich finden, dabei ihrem Reitkumpel den Sattel einmal quer über die Wirbelsäule zu ziehen.

Endlich oben angekommen, ist erstmal Schritt angesagt – ihr kennt das. Frau Reitlehrerin fragt währenddessen, was die Frau so alles über das Schulterherein weiß. Nicht viel, aber das will sie nicht zugeben.

*

Stattdessen murmelt sie etwas vom „Aspirin der Reitkunst“. Frau Reitlehrerin kennt aber ihre Pappenheimer und zeigt sicherheitshalber, wohin mein Kopf zeigen soll (ins Bahninnere), wo meine Vorderbeine langlaufen sollen (die Vorhand wird einen Schritt hereingeführt und geht quasi auf dem eineinhalbten Hufschlag geradeaus. Nicht auf dem zweiten – das wäre zuviel Abstellung) und wo meine Hinterbeine sind (die gehen auf dem ersten Hufschlag geradeaus). Die Banane auf dem Foto demonstriert es sehr schön, wenn auch ohne Beine. Bei den Pferdebeinen ist es nämlich so, dass man von vorn gesehen im Schulterherein nur drei Beine sieht, weil das äußere Vorderbein das innere Hinterbein verdeckt. Die Frau nickt und tut so, als wäre ihr das natürlich alles klar gewesen.

Jetzt setzt Frau Reitlehrerin noch einen drauf und erklärt der Frau, dass sie selbst für das Schulterherein ihre Schultern nach innen nehmen müsste, weil vom Grundsatz her das Pferd (= ich) der Bewegung des Reiters (= die Frau) folgen würde. Also erstmal in Innenstellung einen Schritt vom Hufschlag abwenden und dann geradeaus die lange Seite runter. Und mir nicht mir den Hals krumm ziehen und geradeaus weiterreiten wie sonst.

Die Frau und ich machen dann mal das, was sich die Frau vorstellt. Frau Reitlehrerin merkt an, dass der Pfridolin nicht auf den dritten, vierten und fünften Hufschlag abwandern sollte, sondern mit der Hinterhand auf dem ersten Hufschlag bleiben. Weniger innerer Zügel, mehr äußerer Zügel! Die Frau giftet leise, man könnte es Frau Reitlehrerin ja nie recht machen und fällt ins andere Extrem – noch etwas mehr seitliche Abstellung und ich würde umfallen. Frau Reitlehrerin erklärt, die richtige Lösung läge möglicherweise irgendwo dazwischen. Ich finde sie ganz schön diplomatisch 🙂

*

Mittlerweile hängt die Frau wieder wie eine Trauerweide auf mir. Ich lasse entsprechend auch alles hängen. Weil ich etwas größer bin als sie, fällt das auf und führt zur vorübergehenden Sitzkorrektur. Die Frau mag jetzt nicht mehr und behauptet, ich wäre einfach zu störrisch für so komplizierte Lektionen. Das findet Frau Reitlehrerin gar nicht, übernimmt von unten die Zügel und lässt mich an der nächsten langen Seite schulterhereinen, was das Zeug hält, während die Frau obendrauf sitzt und staunt, wie sich das anfühlt.

Frau Reitlehrerin lobt mich und erklärt, es wären eigentlich nur kleine Hilfen, aber die müssten halt zueinander passen. Ganz wichtig wäre der äußere Zügel, der die Bewegung weich abfängt, damit ich der Frau nicht über die Schulter weglaufe. Ach, staunt die. Sie hätte immer gedacht, das müsste so sein. Viel seitwärts = viel gut. Frau Reitlehrerin verneint. Es bräuchte gar nicht viel seitliche Abstellung. Dann wäre auch der gymnastische Wert höher.

Da hat sie allerdings Recht – ich finde das Ganze ziemlich anstrengend und mache nur mit, weil ich nachher Else und Stuti sehe und sie mit meiner sportlichen Figur beeindrucken will.

Als nächstes kommt Renvers, weil man das aus dem Schulterherein entwickeln kann. Behauptet jedenfalls Frau Reitlehrerin. Beim Renvers zeigt mein Kopf immer noch ins Bahninnere und mein Popo zur Bande.

Renvers
Banane im Renvers. Links ist das Bahninnere und rechts die Bande.

Im Gegensatz zum Schulterherein werde ich aber in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen. Also theoretisch. Wenn die Frau alles richtig macht. Sicherheitshalber hat Frau Reitlehrerin das auch mal eben von unten demonstriert. Die Frau staunt Bauklötze, was ich alles kann. Frau Reitlehrerin erklärt jetzt noch, wozu diese ganzen Seitwärtsbewegungen gut sind. Für mehr Gleichgewicht, Geschmeidigkeit und Körperbeherrschung nämlich. Letzten Endes ginge es immer darum, mich auf beiden Händen gleich geschmeidig zu machen. Pffff, soll die Frau doch mal bei sich selbst anfangen.

Die Lektionen wären halt kein Selbstzweck, sondern letztlich ein Hilfsmittel. Das Pferd wäre nämlich nicht für die Lektionen da, sondern die Lektionen für das Pferd. Die Frau staunt wieder. Eigentlich interessiert sie sich ja für genau zwei Lektionen: Piaffe und Traversale. Den Rest hatte sie bisher als leidige Pflichtübungen angesehen, die man halt beherrschen muss, weil sie in Dressuraufgaben vorkommen. Mitnichten. Frau Reitlehrerin erklärt, dass zwischen den einzelnen Lektionen Zusammenhänge bestehen. Zum Beispiel macht Schulterherein ganz allgemein dicke Muskeln und sexy Bewegungen trainiert das Schulterherein die Tragkraft des inneren Hinterbeins und fördert so die Versammlung. Irgendwie läuft das dann später alles auf Piaffe und so hinaus. Zu dem Zeitpunkt hab ich aber nicht mehr zugehört, weil mir da schon die Augen zugefallen sind. Überhaupt krieg ich nachts zu wenig Schlaf, weil meine Boxennachbarin Else immer noch so doll schnarcht.

Beim Wort Piaffe schrecke ich wieder hoch und ahne Fürchterliches. Hoffentlich wird dieses Seitwärtsturnen nicht zur Gewohnheit – das ist nämlich ganz schön schwierig und ich bin ja eigentlich Freizeitpferd und keine Dressur-Elfe. Die Frau aber auch nicht.

Wenn Stuti und Else sowas allerdings toll finden, wäre ich aber jederzeit bereit, meine Einstellung zu ändern.

Bildunterschrift: Banane im Schulterherein links. Rechts ist die (unsichtbare) Bande.

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Frau Reitlehrerin, die Frau, die Sitzlonge und ich (Teil 2)

Kaum zu glauben, was Menschen mit ihren zwei Beinen so für Probleme haben. Wenn die Frau ein Pferd wäre, wäre sie längst ausgestorben, wetten? Ich wundere mich ja schon, wenn sie es zu Fuß unfallfrei bis zur Futterkammer schafft, aber was sie beim Reiten so alles macht …

Zum Beispiel: Neulich haben wir einen weiteren Versuch mit der Sitzlonge unternommen. „Wir“ sind in dem Fall Frau Reitlehrerin und ich. Wieder ging es los mit dem Einfühlen in meine Bewegung im Schritt. Hab ich euch schon erzählt, dass die Frau ungefähr so einfühlsam wie ein Rübenlaster ist? Doch, wirklich. Sie und meine Boxennachbarin Else haben eigentlich viele Gemeinsamkeiten. Sie schaukelt also wie ein Kartoffelsack auf mir rum und schlingert dabei gefährlich nach rechts und links, was sie Frau Reitlehrerin mit einem strahlenden Lächeln als „schon viel lockerer in der Hüfte“ verkaufen will. Na, denk ich, das legt sich sicher. Wart mal ab, in ein paar Runden ist ihr das zu anstrengend. Aber weit gefehlt. Gutgelaunt eiert sie weiter und lässt sich auch von Frau Reitlehrerins beharrlichen Aufforderungen, „sich einfach mal passiv von der Bewegung mitnehmen zu lassen“, nicht beirren. Frau Reitlehrerin versucht es weiter. „Passiv! Mitnehmen lassen!“ Ja, meine Besitzerin ist nicht so ein Wischi-Waschi-Mädchen – wenn die sich einmal was in den Kopf gesetzt hat, bleibt sie auch dabei. Sie schaukelt und schwankt.

Aber Frau Reitlehrerin weiß Rat und fordert sie sie zu der lustigen Radfahr-Übung vom letzten Mal auf. Ihr erinnert euch: Dabei soll die Frau im Schritt mit den Beinen strampeln, so, als ob sie radfahren würde. Huch. Da muss man sich doch erstmal um ein wenig Stabilität und Gleichgewicht kümmern, wenn man nicht runterrutschen will. Sie macht also irgendwas mit ihrer Körperspannung, und das störende Rumgewackel hört auf. Das ist auch gleich viel angenehmer für mich, weil ich so ganz entspannt ausschreiten kann, ohne dass mir jemand auf der Wirbelsäule rumhampelt oder das Gleichgewicht nimmt. Die Frau strampelt mit Feuereifer und quietscht übermütig, weil das mittlerweile schon ganz gut klappt. Frau Reitlehrerin ist beeindruckt.

Weil die Frau zwischenzeitlich auch die Mysterien des Schulterkreisens für sich gelöst hat, lässt mich Frau Reitlehrerin antraben. Natürlich erst, nachdem sie die Frau schonend darauf vorbereitet hat, dass sie sich eine spannende neue Übung für sie ausgedacht hat. Die Frau teilt mit, sie hätte sich schon längst eine neue Herausforderung gewünscht und lechzt nach Details.

Da lässt sich Frau Reitlehrerin nicht zweimal bitten und erklärt, wie sie sich das vorstellen würde: Zunächst einmal Radfahr-Strampeln im Trab. Wenn das gut klappt, bitte das Schulterkreisen hinzunehmen, und zwar eine Schulter vorwärts und die andere Schulter rückwärts.

Ach, denken die Frau und ich wie aus einem Mund gleichzeitig. Schritt ist doch eigentlich auch eine sehr schöne Gangart. Dieses Traben ist unnötig und wird völlig überbewertet. Das sieht Frau Reitlehrerin aber anders. Sie hatte sich zunächst noch erweichen lassen und ein paar Übungen für die Augen und die Schultern gezeigt, bei denen die Frau irgendwie noch lockerer im Oberkörper geworden ist, aber dann kam der Trab.

Tja, und seitdem versucht die Frau, ihre Arme und Beine zu sortieren, mit den Beinen zu strampeln, den Schultern zu kreisen, nicht aus dem Takt zu kommen und gleichzeitig weiterzuatmen. Wenn ich so unkoordiniert rumwackeln würde, wär aber schon lange der Tierarzt da!

Aber mal ganz ehrlich: Dafür, dass sich die Frau immer so ultra- döspaddelig anstellt, ist sie mittlerweile ganz schön locker. Die Wackelei und Kreiserei macht auch gute Laune. Sie kichert nämlich die ganze Zeit. Frau Reitlehrerin ist ausnahmsweise voll des Lobes, weil die Frau so entspannt und motiviert ist wie selten, und das überträgt sich sogar auf mich.

Dieses ganze Arme und Beine kompliziert über Kreuz bewegen tut wohl nicht nur dem Körper gut. Es macht auch das Gehirn locker und entspannt 😉 Das sollte Else auch mal versuchen, die guckt immer so mürrisch aus der Wäsche. Zuerst hab ich ja gedacht, es hat was mit mir zu tun, aber die guckt genauso, wenn ich sie mal 5 Minuten lang nicht ärgere. Komisch, nicht?

Frau Reitlehrerin, die Frau, die Sitzlonge und ich (Teil 1)

Else und ich haben jetzt anscheinend so was wie ne Beziehung – jedenfalls hat sie manchmal die Ohren nach vorn, wenn ich in der Nähe bin. Ich finde das romantisch. Letztens hat sie mich sogar angewiehert, als ich wieder zurück aufs Paddock gegangen bin.

Und das kam so: Wir standen alle draußen rum und schliefen sonnten uns, als plötzlich die Frau mit wichtiger Miene und Bestechungsmöhre daherkam. Ich bin ja nicht so und habe mich einfangen lassen, obwohl sie eigentlich gegen unsere Abmachung verstoßen hat, mich erst am späten Nachmittag mit Arbeit zu belästigen. Das neue Geschwisterchen ist ja anscheinend noch nicht in Sicht, also muss ich sie weiter schleppen. Es war aber gar nicht so schlimm, weil Frau Reitlehrerin eine kluge Idee hatte: Wir machen Sitzlonge!

Hört sich verwirrend an, weil die Einzige, die sitzen soll, die Frau ist und die das bekanntlich nicht so gut kann. Das findet sogar die Frau, die sich letztens vom Mann hat filmen lassen. Frau Reitlehrerin grinst breit und ist weit davon entfernt, ihr zu widersprechen. Frau Reitlehrerins Aufgabe ist es, in der Mitte zu stehen und konstruktiv zu meckern. Das kann sie gut. Außerdem muss sie die Longe festhalten, an der ich im Kreis um sie herumlaufe.

Es kam aber alles ganz anders. Die Frau, gestiefelt, gespornt und zum Äußersten bereit, sollte sich erstmal einfach nur so auf mich draufsetzen und die Steigbügel überschlagen. Ach ja, und bitte die Sporen ausziehen, wenns recht ist. Das war ihr zwar nicht recht, aber wenn Frau Reitlehrerin diesen Ton anschlägt, ist Widerspruch zwecklos. Dann führte uns Frau Reitlehrerin im Schritt herum. Die Frau sollte dabei die Augen schließen, sich von meiner Bewegung mitnehmen lassen und einfach nur fühlen. Das fand sie zwar langweilig, fügte sich aber. Ich fands super, vor allem, weil Frau Reitlehrerin dabei an meinem Hals herumgepuschelt hat.

Frau Reitlehrerin wollte dann wissen, was die Frau so alles fühlt. Langeweile, war die ehrliche Antwort. Falsch!, sagte Frau Reitlehrerin, eigentlich sollte die Frau nämlich merken, dass sich ihr Becken im Schritt dreidimensional bewegt. Also nicht diese komische Schiebebewegung, die sie aktiv und mittlerweile ganz automatisch macht, sondern ein passives Mitgehen nach oben, unten und vorne, und zwar in Form einer liegenden Acht.

Aha. Das hatte sich die Frau aber irgendwie anders vorgestellt. Eigentlich wollte sie direkt galoppieren und wild die Arme kreisen und dergleichen. Diese langweiligen kleinen Bewegungen wären doch sicher für Kinder, oder?, fragte sie Frau Reitlehrerin. Die antwortete, Reiten würde zu einem Großteil aus Fühlen bestehen, das müssten viele Erwachsene erst lernen. Besonders die Kopfmenschen, die tagein, tagaus im Büro sitzen. Die Frau sagte nochmal aha, diesmal aber nicht ganz so mürrisch.

Weiter gings: Die Frau sollte ihre Sitzbeinhöcker spüren (das sind diese komischen Knochen, auf denen die Menschen sitzen und die wie Schaukelstuhlkufen geformt sind) und darauf nach vorn und nach hinten schaukeln und dann daraus die mittlere Position finden. Das wäre die Basis für einen guten Sitz, erklärte Frau Reitlehrerin. Damit aber noch nicht genug: Damit die angespannten kurzen Beinchen der Frau lockerer werden, musste sie jetzt auf mir mit den Beinen strampeln wie beim Radfahren. Vorwärts und rückwärts.

*

Das wäre ganz und gar unmöglich, befand die Frau. Dochdoch, versicherte Frau Reitlehrerin, das ginge. Sie müsste halt einfach weitermachen, dann würde es auch leichter werden. Für mich fühlte sich das prima an, weil die Frau langsam lockerer wurde und ich größere Schritte machen konnte. Frau Reitlehrerin fand das toll und wies die Frau sicherheitshalber darauf hin, was da gerade unter ihrem Hintern passiert. Die Frau grummelte, das wäre ihr auch schon aufgefallen und ob sie jetzt immer auf die Art Schritt reiten müsste, das wäre nämlich verdammt anstrengend, sähe uncool aus und ihr würden bald die Beine abfallen.

Nein, das wäre nur zum Lockern, erklärte Frau Reitlehrerin. Das sollte die Frau ruhig immer beim anfänglichen Schrittreiten machen. Eigentlich bräuchte nicht nur das Pferd eine Lösungsphase, sondern der Reiter auch. Die Frau guckte wenig begeistert. Aber jetzt erstmal ein
Päuschen mit Beine ausschütteln. Den restlichen Körper bitte gleich mit, denn als nächstes käme der Trab. Prima, dachte die Frau. Endlich Action und Schluss mit der doofen Übung!

Jetzt sollte sie mich antraben und dabei schön locker sitzen bleiben. Ohne sich festzuhalten, wenn möglich. Das sind ja sonst unmögliche Forderungen. Die Frau stellte aber überrascht fest, dass das ging. Ohne Festhalten – der Wahnsinn! Außerdem säße sie irgendwie lockerer auf mir als sonst und das Aussitzen wäre gar nicht so unbequem, teilte sie Frau Reitlehrerin mit. Die betrachtete die Frau und mich wohlgefällig und meinte, nachdem die Frau im Schritt so schön ihre Beine gelockert hätte, kämen als nächstes die Schultern dran. Die Frau sollte doch mal mit dem rechten Arm kreisen. Mit dem linken dürfte sie sich festhalten. Festhalten – prima! Die Frau strahlte und kreiste wie ein Ventilator. Nee, langsamer. Nee, noch langsamer. Nur so ganz kleine Bewegungen aus der Schulter heraus.

Was Frau Reitlehrerin sich aber auch immer ausdenkt 🙂 Die Frau war jedenfalls gefordert. Kreisen, kreisen. Vorwärts und rückwärts. So, und jetzt auch mit dem anderen Arm. Wie, ohne festhalten? Ob Frau Reitlehrerin ganz sicher wäre. Frau Reitlehrerin war nicht ganz sicher, aber doch optimistisch, und siehe da, es klappte. Damit hätte ich ehrlich gesagt auch nicht gerechnet.

Die Frau schwang die Arme. Vorwärts und rückwärts. Und als krönenden Abschluss mit dem einen Arm vorwärts und mit dem anderen Arm rückwärts. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sie das sogar hingekriegt. Und was soll ich sagen – so locker hat sie selten auf mir gesessen! Wenn sie das jetzt noch mit Zügeln in der Hand hinkriegt, kann sie stolz auf sich sein. Auf mich und auf Frau Reitlehrerin aber auch, weil wir ihr das so nett erklären. 🙂

Sitzlonge ist aber auch deshalb toll, weil es gut für meine Beziehung zu Else ist. Faxe sagt, man muss sich zwischendurch auch mal rar machen, dann freuen sich die Mädels, wenn man wieder da ist.

Lesetipp: Petra von der Pferdeflüsterei hat ihrem Sitz die Unabhängigkeit erklärt. Lest mal rein!

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Die Frau hat’s schwer

Die Frau hat‘s mal wieder schwer. So richtig, richtig schwer. Und keiner versteht sie. Frau Reitlehrerin nicht, der Mann nicht und sowieso niemand auf der Welt.

Ich habe Glück – ich verstehe sie zwar auch nicht, aber mich findet sie niedlich. Deshalb ist sie in solchen Momenten besonders anschmiegsam. Ich mag sie ja auch und weiß genau, dass sie weiß, dass Liebe durch den Magen geht. Entsprechend viele Leckerlis bekomme ich auch 😉

Es fing (natürlich) wieder im Reitunterricht an. Frau Reitlehrerin stellte fest, dass die Frau im Schulterbereich total verspannt ein wenig fest war und schlug ihr vor, erstmal die Schultern kreisen zu lassen. Ich hätte ihr das ja schon früher gesagt, aber auf mich hört ja keiner. Die Frau kreist also munter drauflos. Ich bekomme in solchen Situationen immer den Zügel auf den Hals gelegt und wandere gemütlich auf dem Hufschlag außen rum. Erstens traut sich kein anderer Reiter in die Bahn, wenn die Frau reitet waren wir zufällig ganz allein in der Halle und zweitens wächst da manchmal was Essbares, was man unauffällig rupfen kann. Tannendeko von Weihnachten zum Beispiel. Oder auf dem Reitplatz Grasbüschel und lecker Hecke.

Die Frau kreist übrigens immer noch. Erst in eine Richtung, dann in die andere. Sieht lustig aus, wenn auch ein wenig verbissen. Jetzt soll sie ganz klitzekleine Kreise mit den Schultern machen und siehe da, allmählich kehrt Lockerheit in den Schultergürtel ein. Während ihre Ärmchen rotieren, schwingt sie bitterböse Reden. Das wäre alles so schwierig und sähe total lächerlich aus, täte auch irgendwie weh und ganz bestimmt gäbe es auch einen einfacheren Weg, den Frau Reitlehrerin ihr aber vorenthalten würde, damit sie, die Frau, sich hier zum Affen machen würde. Nicht, dass sie was gegen Affen hätte, aber ob diese ganze Turnerei wirklich nötig wäre? Andere würden nie turnen. Nie. Schon gar nicht auf dem Pferd.

Die wären aber auch locker, erwidert Frau Reitlehrerin ungerührt. Ob die Frau denn ihre Dehnübungen für die Hüftbeuger gemacht hätte? Die Knie müssten tiefer und das Bein insgesamt länger sein.

Ups, erwischt. Natürlich hat die Frau kein bißchen geübt, will das aber nicht zugeben. Sie behauptet, ihre Beine wären nicht zu verlängern. Sie wäre ausgewachsen und mehr käme da nicht.

Das lässt Frau Reitlehrerin nicht gelten und spricht stattdessen von einem entspannten Oberschenkel, der locker herunterhängt. Die Frau erfindet merkwürdige Hüftschmerzen, die sie vom Üben abgehalten hätten. Um aus dem unangenehmen Gespräch herauszukommen, streckt sie die Beine eifrig nach unten.

Ob das denn auch lockerer ginge, will Frau Reitlehrerin wissen. Die Frau verneint. Sie könnte ja nix dafür, dass das alles so schwierig wäre. Aber wenn ich bequemer wäre und freiwillig piaffieren würde, dann würde sie ganz bestimmt lockerer sitzen.

Ich gucke Frau Reitlehrerin an. Frau Reitlehrerin guckt die Frau an. Die guckt zurück. Also mich guckt sie ja schon die ganze Zeit an, weil sie den Kopf immer so hängen lässt, aber jetzt richtet sich tatsächlich zu ihrer vollen Größe von 1,61 m auf und guckt Frau Reitlehrerin an. Die guckt wieder mich an und wir beide haben den Verdacht, dass die Frau das eventuell ernst meint.

Wieso soll denn der Pfridolin piaffieren?, fragt Frau Reitlehrerin, nur leicht irritiert. Sie und ich, wir kennen die Frau und ihre lustigen Ideen ja schon länger und wissen, dass sie eigentlich trotzdem ok ist.

Pferdefreundlich & fein reiten *

Weil das toll wäre. Hach, Piaffe, seufzt die Frau so sehnsüchtig, so dass Frau Reitlehrerin ihr gar nicht böse sein kann. Sogar ich bin gerührt. Wenn man bedenkt, wie anstrengend Piaffe ist, spricht das ja wohl wirklich für mein gutes Herz. Für einen Moment habe ich sogar überlegt, mal kurz auf der Stelle zu trippeln, um meiner putzigen Besitzerin eine Freude zu machen. So hengstmäßig, mit weit gesenkter Hinterhand und stolzer Aufrichtung. Dann entscheide ich mich dagegen. Man soll die Menschen nicht verwöhnen, die wollen das dann immer, hat mir mein kluger Kumpel Faxe mal gesagt, und weil er den totalen Durchblick hat und (manchmal) Türen öffnen kann, glaube ich ihm.

Nach diesem emotionalen Moment schlucken wir alle kurz und Frau Reitlehrerin meint gerührt, dass sie das gut verstehen könnte. Piaffe würde sich wirklich genial anfühlen. Aber wenn die Frau sowas reiten wolle, müsste sie leider auch korrekt sitzen. Die schnieft und will sich absichern. Ob es denn beim Reitenlernen wirklich keine Abkürzung gäbe. Es wäre soo soo soo schwer und ihr Körper würde sich gegen sie verschwören.

Leider nicht, ist die Antwort. Wenn man reiten will, geht das nur über den korrekten Sitz. Und den kann ja nicht Frau Reitlehrerin von unten einnehmen, sondern die Frau muss das für sich selbst lösen. Jammern nützt da nix. Die Frau seufzt nochmal und behauptet, ab sofort würde sie wirklich IMMER ihre Gymnastikübungen machen. Und darauf achten, dass sie im Büro und überhaupt immer eine gute Haltung hat, damit ihr der aufrechte Gang und das alles irgendwann zur Gewohnheit wird.

Ich bin gespannt…

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Die Frau kauft sich ein langes Bein

Das mit dem langen, ruhigen Bein macht der Frau schon länger zu schaffen. Also dass sie keines hat, meine ich natürlich 😉

Zum einen sieht es auf den Videos und Fotos, zu deren Anfertigung sie den Mann nötigt, nicht schön aus, zum anderen klappt’s halt auch mit dem Reiten nicht so gut, wenn man ständig treibt und mit dem Bein herumwackelt. Auch Frau Reitlehrerin meint, es wäre ungünstig, wenn man dauernd den Absatz hochzieht und sich damit den Sitz versaut. Außerdem würden Pferde es ja bekanntlich auch mitbekommen, wenn eine Fliege auf ihnen herumkrabbelt, da müsste man also logischerweise davon ausgehen, dass ihnen ein ständig treibender Schenkel kolossal unangenehm ist (Thema Losgelassenheit und so). Von daher wäre jedes Pferd sensibel am Schenkel. Wenn man es nur lässt.

Habe ich euch schon erzählt, dass Frau Reitlehrerin toll ist? Ja, habe ich schon? Ich dachte, ich hätte es vielleicht vergessen.

Die Frau findet natürlich, dass ihr unruhiger Sitz meine Schuld ist. Ich wäre so unbequem und würde auch nicht vorwärtsgehen. Dabei verschweigt sie aber, dass wir intern mal die Abmachung getroffen hatten, dass ich möglichst langsam auf dem Reitplatz herumeiere, damit sie sich nicht so doll am Zügel festhalten muss und ich bloß keine schwungvollen Gänge entwickele, weil dieser schreckliche Schwung ja so anstrengend zu sitzen ist. (Übrigens habe ich gehört, dass man dafür Bauchmuskeln braucht. )

Mal ganz ehrlich: Warum soll ich mir das Leben schwermachen und freudigen Vorwärtsdrang zeigen, wenn ich doch nur mit dem Zügel im Maul gestört werde? Eben, das macht man ein paarmal und findet dann Alternativen 😉

Frau Reitlehrerin ist glücklicherweise ganz meiner Meinung. Zum einen wäre das Festhalten am Zügel verdammungswürdig, zum anderen würde sich die Frau durch ihre Herumwackelei jegliche Möglichkeit der zielgerichteten, feinen Einwirkung nehmen. Was eigentlich schade ist, denn sie würde so gern Piaffe Passage halbwegs nett reiten können.

Was also tun? Frau Reitlehrerin vertritt die Ansicht, a) die Frau sollte weiter Bauchmuskeltraining machen und b) das Bein sollte locker herunterhängen. Dann sähe es optisch schon mal länger aus. Und jetzt locker nach unten durchfedern. Locker, locker, locker. Das Bein wäre nämlich nicht zum Treiben da, sondern zum Beispiel für die Biegung. Echt jetzt? Die Frau will das nicht glauben. Man müsste doch mit dem Schenkel treiben? Ja schon, aber nicht mit dem hochgezogenen Absatz. Die Frau fühlt sich ertappt, traut sich aber nicht zu widersprechen und setzt stattdessen einen fragenden Blick auf.

Frau Reitlehrerin versteht und erklärt das mit den treibenden Hilfen nochmal ganz genau. Man würde nämlich einmal leicht mit der flachen Wade drücken, bis Pferd und Reiter in der gewünschten Gangart sind. Danach wäre es die Aufgabe des Pferdes, das Tempo beizubehalten. Das hört sich nach Arbeit an. Ich bin kurzfristig entsetzt.

Zur Not hätte die Frau ja eine Gerte dabei, mit der man das Pferd (mich!) mit zunehmender Intensität touchieren könnte. An diesem Punkt ihrer Ausführungen habe ich Frau Reitlehrerin nicht mehr ganz so lieb.

Der Pfridolin wäre ja so ein kluges, sensibles Tier, sagt sie, während sie mich in die Bahnmitte bittet und krault. So ein wunderbares Pferd wäre ich, dass ich dieses System sofort verstehen würde, so dass die Frau schon mit einem leichten Touchieren den gewünschten Effekt hätte. Ich nicke geschmeichelt. Jaja, klug und sensibel, das stimmt schon. Und wenn dafür die ständige Absatzbohrerei in meinem Bauch aufhört, ist es ja eigentlich doch keine so schlechte Idee.

*

Weil die Frau sich weigert, ihre Beine entspannt runterhängen zu lassen, zieht Frau Reitlehrerin ein bisschen daran herum und dreht ihr die Oberschenkel so ein, dass die Beine mit der flachen Wade an mir anliegen. So, und jetzt damit einmal leichten Druck ausüben – fertig. Wie – mehr nicht?, fragt die Frau. Nee, mehr Kraft bräuchte man da nicht. Und wenn der kluge, sensible Pfridolin darauf nicht reagieren würde, könnte die Frau ihn leicht mit der Gerte touchieren und dann – siehe oben. Ich habe genug gehört und setze mich in Bewegung. Die Frau jubelt, Frau Reitlehrerin grinst.

Das hat die Frau sehr beeindruckt. Um aber auf Nummer Sicher zu gehen und weil sie gern shoppen geht, mussten jetzt neue Reitstiefel her, und zwar möglichst hohe und möglichst enge, wegen der schicken Dressuroptik. Die alten Stiefel wären schon oll und ausgeleiert, da wäre es ja kein Wunder, wenn nix klappt und das Bein so furchtbar wackelt.

Jetzt hat die Frau sehr elegante Dressurstiefel, in denen sie ihre Beine nicht bewegen kann – also insofern Ziel erreicht. Leider kann sie damit außer Rumsitzen auch nicht viel tun, geschweige denn Herumlaufen, weil die Stiefel so wunderbar neu und unbequem sind. Aber das würde sie niemals zugeben. Sie sagt dann immer, sie würde die neuen Stiefel schonen 😉

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Alles Kopfsache oder: Mentale Hüftschwünge

Ein schwarzer Tinker, der aussieht, als würde er lachen

Als die Frau letztens so dollen Muskelkater vom Wanderreiten (und ihrer chronischen Selbstüberschätzung) hatte, dass sie sogar die wöchentliche Reitstunde verweigerte, hat sie von Frau Reitlehrerin eine Hausaufgabe bekommen. Visualisieren nämlich. Aha, staunte die Frau. Was genau sie sich denn darunter vorstellen solle.

Vorstellen wäre genau das richtige Wort, sagte Frau Reitlehrerin. Dass man sich vorstellen würde, wie man bestimmte Dinge tut, damit man ein inneres Bild davon parat hätte. Das wäre total super und würde einem helfen, seine Ziele zu erreichen. Die Frau sagt nochmal Aha, und für einen kurzen Moment leuchtet das Wort „Piaffe“ in ihren hoffnungsvollen Augen auf. Direkt danach kamen „Einerwechsel“ und „Passage“. Ja, da guckt ihr, was? Genauso hab ich nämlich auch geguckt.

Frau Reitlehrerin ist glücklicherweise wesentlich diplomatischer. Sie schlug nämlich vor, dass die Frau sich erstmal mit ganz normalen Sachen beschäftigen sollte– einem richtig runden Zirkel, beispielsweise. Oder pillegrade die Mittellinie runterreiten – in allen 3 Grundgangarten. Das soll sie sich ganz detailliert vorstellen. Wie sie auf dem Pferd (also mir) sitzt und jeden einzelnen Schritt, Trabtritt oder Galoppsprung bewusst reitet.

Ich würde sagen: Eine interessante Herausforderung. Zum Beispiel Zirkel: Unsere Zirkel sind in der Regel monströse Ostereier mit 2 Ecken. Im Gegensatz zu dem perfekten Kreis, den man gemeinhin damit verbindet. Wo man den Hufschlag für eine Pferdelänge betritt und sofort wieder verlässt, weil es ja um eine kontinuierliche Biegung geht. Und zum Thema „geradeaus“ möchte ich anmerken, dass allen, die meine krumm und schief geschnittene Mähne kennen, natürlich völlig klar ist, dass wir die Erfinder der Hufschlagfigur „an der nächsten langen Seite jeweils einen Meter nach rechts und links schwanken“ sind.

Aber ich schweife ab. Die Frau soll sich also vorstellen, dass sie sowas richtig reitet. Frau Reitlehrerin erklärt ihr auch, dass das durchaus anspruchsvolle Übungen sind. Das Allerschwierigste von allem wäre, gut Schritt zu reiten – nämlich zum Beispiel in einer leichten Anlehnung (!) taktrein (!) schön geradeaus (!) zu reiten. Das hätte die Frau nicht gedacht. Sie findet nämlich, dass eine Piaffe viel mehr hermacht als Schritt. Schritt = voll langweilig, Piaffe = toll.

Sie argumentiert, Schritt reiten wäre doch echt nix Besonderes, das würde sie ja jeden Tag machen. Frau Reitlehrerin lobt sie dafür. Wie jetzt – Lob?, denkt die Frau. Ja, sagt Frau Reitlehrerin, Lob! Schrittreiten würde so oft unterschätzt, und es wäre super, dass die Frau jeden Tag ganz bewusst Schritt reitet. Sie fragt die Frau, wieviele meiner Beine sie denn beim Schrittreiten spüren würde. Zwei, drei oder alle vier?

Die Frau kann das so spontan nicht beantworten. Ich bin nicht überrascht 🙂 Ich fand es nämlich ehrlich gesagt eine lustige Idee von Frau Reitlehrerin, die Worte „Frau“ und „bewusst reiten“ miteinander zu kombinieren. Beim Schritt reiten quatscht sie nämlich meistens. Wenn sie nicht gerade auf die Uhr guckt 🙂 Faxe sagt, das wäre doch schon mal was. Andere würden beim Reiten telefonieren oder WhatsAppen. Das ist jetzt aber ein schwacher Trost, finde ich. Faxe meint, ich würde ein wenig angespannt wirken. Ich sollte es doch auch mal mit diesen inneren Bildern versuchen. Er hätte ein ganz Schönes, das dürfte ich mitbenutzen. Und ein Lied dazu, zum innerlich Singen. Es heißt „Probier’s doch mal mit Gemütlichkeit“ . Und was soll ich sagen – es wirkt 🙂

Aber zurück zur Frau. Die fragt gerade, wie und warum man das denn bitteschön spüren sollte, das mit den Pferdebeinen. Frau Reitlehrerin meint, es wäre doch praktisch, wenn man als Reiter wüsste, wo sich die Beine seines Pferdes gerade befinden, und fürs feine Reiten unverzichtbar. (Pst, ich weiß, was die Frau jetzt denkt. Feines Reiten = Piaffe? 🙂 Aber dieses Fühlen kriegt die Frau ja noch nicht mal bei ihren eigenen Beinen hin!). Das sieht die Frau ein. Frau Reitlehrerin meint, man müsste das erspüren, und es wäre eine tolle Aufgabe für die Frau.

Die fühlt sich jetzt ganz wichtig und will unbedingt auch mal was merken darauf achten. Prima, lobt Frau Reitlehrerin, geritten würde mit dem Hintern, und ohne Fühlen ginge es nicht. Beziehungsweise ohne inneres Bild, mit Fühlen. Die Frau reitet jetzt also innerlich Schritt auf dem Zirkel und versucht, jede Bewegung mitzubekommen. Gleichzeitig soll sie mich biegen und stellen, und zwar mit ganz leichter Anlehnung und mit beweglichen Fingern, wie beim Klavierspielen.Und bloß nicht zu viel am inneren Zügel machen! Als nächstes könnte die Frau ja den Trab dazu nehmen und dann vielleicht noch ein Galöppchen. Und immer schöne Übergänge reiten, mit Großwerden im Sattel und so.

Aufregend! Die Frau hat Blut geleckt. Ihre Augen glänzen, und als sie hört, dass das eine ganz tolle Übung ist, die man auch sehr schön im Büro machen kann, beschließt sie, ihre persönliche Produktivität in den nächsten zwei Wochen auf ein Minimum zu reduzieren und stattdessen lieber mental die Hüften zu schwingen. Mit konzentriertem Gesichtsausdruck und einem gelegentlichen Zungenschnalzen.

Länger hält sie eh nicht durch 😉

Vom Reiten und Wandern im Urlaub

Gerade eben stand ich noch tiefenentspannt in meiner Chill Out Area auf der Weide. Die Fellpflege mit Stuti war sehr zu meiner Zufriedenheit verlaufen und die Sonne schien mir angenehm auf den Pelz, als sich eine vertraute Stimme den Weg in meine Gehörgänge bahnte. Die Frau! Schwer bepackt mit Möhren, einem schlechten Gewissen und allerlei Leckereien! Große Wiedersehensfreude bei allen Beteiligten!

Zugegeben, ohne Arbeit auf der Wiese rumstehen und grasen war nicht sooo schlimm, aber mit der Frau ist es viel unterhaltsamer. Vor allem hat man mehr zu erzählen.

Ein bisschen habe ich sie nämlich schon vermisst, während langsam die Staubschicht auf meinem Sattel wuchs. Die Frau hatte anscheinend vergessen, den Sattelschoner drauf zu tun. Bei den ganzen Reisevorbereitungen ist das wohl ein wenig in den Hintergrund getreten. Dabei wollte sie nur ein paar Tage wegfahren. Andere treiben so einen Aufwand vor einer Weltreise. Aber man kann ja nicht an alles denken.

Gut sieht sie aus – total entspannt und super gelaunt! Fast hätte ich sie nicht wiedererkannt 😉 Sie will auch erstmal gar nix von mir, sondern führt mich nur breitbeinig wie John Wayne von der Koppel.

Wie ich wenig später erfahre, hat sie tatsächlich wieder dieses Wanderreiten gemacht, und zwar diesmal mit mehr Reiten als Wandern. Die anderen Pferdebesitzerinnen und –besitzer stehen neidisch und beeindruckt um sie herum, als sie in Abenteurerpose von ihrer Expedition in die Wildnis berichtet. Sogar ich bin beeindruckt und hätte ihr fast die verwegene Geländereiterin abgenommen. Und ich kenne sie schließlich.

Faxe murmelt etwas von Karl May, den kenn ich aber nicht. Die Frau erzählt weiter: Ein wenig Muskelkater hätte sie schon, aber eigentlich fast gar nicht. Als trainierte Reiterin hätte man mit sowas ja grundsätzlich kein Problem. Die Reitstunde morgen hat sie aber trotzdem abgesagt. Die in ein paar Tagen sicherheitshalber auch. Ich muss Faxe nachher mal fragen, was der Mann daran so komisch findet.

Dann hat die Frau weitererzählt. Der Mann durfte aber auch mal was sagen, wenn er dazwischengekommen ist. Sie sprechen nämlich noch miteinander – sogar nach dem Urlaub. Faxe meint, das wäre nicht selbstverständlich.

Die Frau ist ja sehr nett und ich mag sie wirklich, aber 24 Stunden können ganz schön lang sein. Ich sehe sie sonst ja nur nachmittags oder abends, aber der arme Mann muss sie sicherlich die ganze restliche Zeit herumschleppen. Ihm scheint es aber Freude zu machen. Ich habe nämlich noch nie gesehen, dass er sie beißen will. Oder weglaufen. Und das, obwohl sie ihn vom Futter her ziemlich knapp hält. Sie selbst hat aber im Urlaub anscheinend wieder doppelt Heu bekommen.

Zum Thema Gepäck meinte der Mann, ihm würde ja eigentlich eine Zahnbürste reichen. Ab in die Satteltasche und fertig. Die Frau findet das natürlich unhygienisch und unzivilisiert. Der Mann gibt zu bedenken, dass das Trossfahrzeug mit ihren zwei Schrankkoffern aber schon ganz schön voll gewesen wäre. Die Frau gibt ihm da Recht, weist aber darauf hin, dass es ja so wunderbar gewesen wäre, sich abends zum Essen umzuziehen. So wunderbar, wirklich. Alle hätten das gemacht, alle. Außer der Rittführerin und dem Mann.

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Der Mann steht dazu, unzivilisiert und unhygienisch zu sein und bleibt dabei, dass das Abendessen in Reitklamotten (ungeduscht!!!) genauso lecker gewesen wäre wie beispielsweise im Taucheranzug oder im Smoking. Angeblich hätte der Mann aber doch vom umfangreichen gemeinsamen Gepäck profitiert und wäre zwischendurch ganz froh gewesen, wenn er mal was Sauberes anziehen durfte. Bevor sich Unfrieden anbahnen kann (und weil ich ja wissen will, wie es weiterging), lenke ich auf konstruktive Art und Weise ab – ich beiße in das umfangreiche Hinterteil meiner Boxennachbarin Else.

Plötzlich sind sich beide wieder einig und beteuern unisono, so etwas hätte es auf dem Ritt nicht gegeben. Da wären die Pferde ganz wunderbar erzogen gewesen und hätten in den Pausen auch sehr brav nebeneinander am Anbindebalken gestanden, ohne sich anzugiften oder heimlich die Knoten in den Stricken aufzumachen. Die Pferde dort seien ja auch ausgelastet gewesen, ergänzt die Frau. Trainiert und ausgelastet, sagt sie und jammert leise, wenn sie sich bewegt. Das Gehen und auch das Sitzen scheinen ihr irgendwie unangenehm zu sein. Ich glaube, ich hab sowas auch schon mal gehabt. Es heißt Muskelkater und man bekommt es, wenn man nicht ganz so sportlich ist, wie man denkt. Manche Leute meinen zum Beispiel, nur weil sie zuhause mal ’ne Stunde reiten, wären sie total durchtrainiert und könnten problemlos tagelang im Sattel bleiben. Genau in dieser Sekunde erinnert der Mann die Frau daran, dass sie es war, die während des Rittes nicht soviel laufen und stattdessen mehr reiten wollte. Weil sie anscheinend nur die schicken, aber leider unbequemen Reitschuhe eingepackt hat. Und sicherheitshalber noch ein paar schicke, unbequeme Schuhe zum Wechseln.

Jetzt mache ich mir Sorgen, ob ich vielleicht auch so ein wohlerzogenes Wanderreitpferd werden soll. Ausreiten finde ich ja prima, aber dieses tagelange Rumschleppen hört sich schon ein bisschen anstrengend an. Aber Faxe hat mich beruhigt. Hier bei uns wäre das Ausreitgelände nicht so verlockend, dass die Frau ihre Ängste vor Treckern, LKWs und Außerirdischen überwinden würde. Und bis der Muskelkater weg ist, hat sie schon 5 neue Ideen für unsere reiterliche Zukunft gehabt und wieder verworfen.

Aber toll entspannt ist sie.

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Der Mann lernt reiten – aber wie!

Faxe und der Mann

Bei mir zuhause gibt’s ja nicht nur die Frau, sondern glücklicherweise auch den Mann. Die Frau – ihr kennt sie – ist ein wenig speziell und hat oft ganz kuriose Ansichten, was meine Erziehung unser Zusammensein betrifft. Das macht aber letztlich ihren Charme aus. Und man hat immer was zu lästern 😉

Natürlich hat sie auch ihre Schwächen, und es sind viele. Aber darauf will ich heute gar nicht herumreiten hinaus. Viel wichtiger ist, dass die Frau total mutig ist, wenn sie will. Und hilfsbereit. Und sie hat einen großen Wortschatz. Das sind alles wichtige Eigenschaften, wenn sie mich mal wieder vor Else beschützen muss, weil ich frech zu ihr war 🙂 Wenn der Mann mit im Stall ist, macht es nochmal soviel Spaß. Er ist nämlich furchtlos und unerschrocken und traut sich sogar, die Frau zu ärgern und ihr zu widersprechen! Und er kann mich super am Hals kratzen.

Außerdem reitet er. Meistens auf Faxe, aber manchmal auch auf mir. Das sieht die Frau mit gemischten Gefühlen. Es ist nämlich so, dass die Frau irgendwie schon immer reitet, aber das mehr schlecht als recht. Sie ist ja nicht ganz so jung, wie sie immer tut – gab es in ihrer Kindheit eigentlich schon Ponies oder hatte sie einen kleinen Dinosaurier? Aber ich schweife ab.

Der Mann reitet noch nicht ganz so lange wie die Frau, aber er stellt sich dabei sehr geschickt an. Das wurmt die Frau unendlich. Sie selbst ist ja sitztechnisch nicht so die Granate und bisher war das immer meine Schuld. Weil ich so unbequem wäre und sie immer meinen Kopf mittragen müsste und überhaupt.

Na ja, und wenn der Mann auf mir rumsitzt und so tut, als würde er reiten, sieht das ganz locker-flockig aus. Der Mann existiert einfach nur und wir verstehen uns dabei ganz prima. Ich muss zwar schon so halbwegs das tun, was er will, aber dann ist es auch gut. Er kennt sich nämlich aus mit Gleichgewicht und locker der Bewegung folgen.

Die Frau ist sehr, sehr neidisch, versucht aber, sich das nicht anmerken zu lassen. Wo sie es immer so schwer hat und beim Reiten aber auch gar nix klappen will. Sie findet auch viele gute Gründe dafür, warum der Mann so ein Naturtalent ist. Das läge nämlich an den langen Beinen. Und dem schmalen Becken. Er hätte da unfaire anatomische Vorteile. Und sie will doch so doll gern schön reiten können. Traversalen oder Pirouetten oder mindestens Wiener Hofreitschule. Und graziös dahinschweben.

Es gibt eine nahezu unfehlbare Methode, um sich unglücklich zu machen: Man muss nur ganz doll irgendwas wollen. Das macht ganz schnell schlechte Laune, zusammengebissene Zähne, zornig mahlende Kiefer (erst bei der Reiterin, dann beim Pferd) und ganz allgemein Stress, Krampf und übelstes Rumgewurkse. Der Mann will sowas nicht. Der weiß gar nicht, was die an der Wiener Hofreitschule so alles treiben und wenn, wäre es ihm auch egal. Der Mann will einfach nur atmen. Und reiten.

Insgeheim vertritt er die These, dass das mit dem Reiten ganz einfach ist – man müsste halt nur tun, was Frau Reitlehrerin sagt und dürfte das Pferd nicht stören. Ich glaube, er hat die Frau sehr, sehr lieb, weil er ihr das bisher noch nicht so deutlich gesagt hat 😉

Lächeln und so tun, als wäre es Absicht gewesen

Wir haben ein neues Hobby. Ich sage wir, denn ausnahmsweise macht es mir auch Spaß. Und zwar das Halsringreiten. Das betreibt die Frau neuerdings mit großer Begeisterung.

Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Ein wunderschönes Pferd (ich) läuft gesattelt mit einer quietschenden Reiterin umher. Um den Hals liegt ein Seil mit einem Drahtkern, aus dem ein großes Oval geformt wurde. Ansonsten trägt das athletische Ross ein breites Grinsen und einen Hauch von Nichts.

Halsringreiten kommt anscheinend aus dem Westernreiten und ist irgendwie nützlich, wenn man ohne Kopfstück reiten will. Gelenkt wird mit dem Sitz und dem impulsartigen Anlegen des Halsrings an den Pferdehals. So kann man prima vorwärts, rückwärts und sogar reitwärts reiten. Wenn man’s kann.

Frau Reitlehrerin sagt, man könnte sogar ohne Zügel und nur über das Bein Stellung und Biegung abfragen. Das glaubt die Frau natürlich nicht und ist erstmal vollkommen damit ausgelastet, auf mir rumzusitzen und Beifahrer zu sein. An den Zügeln festhalten geht ja nicht, weil keine mehr da sind.

OK, Frau Reitlehrerin hat ihr zwar erlaubt, mir für den Anfang eine Trense anzuziehen, die Zügel wurden aber verknotet und sie darf sie nicht anfassen. Außer natürlich, wenn ich ganz, ganz wild werde, was aber sehr unwahrscheinlich ist. Ich bin ja nicht nur schön und klug, sondern auch sehr nett. Und davon abgesehen ein bescheidenes kleines Kerlchen.

Weil ich so nett bin, laufe ich wie ein Kirmespony auf dem Hufschlag außenrum. So muss die Frau nicht lenken und kann sich heimlich am Sattel festhalten. Außer Frau Reitlehrerin ist kein anderer auf dem Platz, was die Frau sehr zu beruhigen scheint. Als sie zu Anfang festgestellt hat, dass ich wirklich brav auf das vereinbarte Signal durchpariere und sogar rückwärts gehe, wenn sie es möchte, hat sie beschlossen, dass Halsringreiten genial ist. Sie kommt sich dann so cool westernmäßig vor und ist total stolz auf uns. Und wenn eine Parade gut klappt, glaubt sie sogar, wie könnte reiten 😉

Gemeinerweise hat Frau Reitlehrerin jetzt damit angefangen, uns irgendwelche Hütchen hinzustellen, damit sie sehen kann, wie (und ob) die Frau mich lenkt. Manchmal muss ich durch ein ganz breites Hütchentor durch, das kriegen wir meistens gut hin. Spannender wird es, wenn einzelne Hütchen aufgestellt werden und die Frau nach Ansage rechts oder links daran vorbei reiten muss. Da muss ich oft raten.

Die Frau hat beschlossen, dass das alles sehr schwierig ist, sie aber keine Möglichkeit hat, mir die Schuld für misslungene Lenkmanöver in die Schuhe beziehungsweise Hufe zu schieben. Von daher übt sie nicht nur lenken, sondern auch souverän lächeln und vor allem so zu tun, als wäre der körmelige Zick-Zack-Kurs gewollt gewesen. Sie lächelt neuerdings sehr viel. Notgedrungen. So kenne ich sie gar nicht 😉

Es kommt ja nicht oft vor, dass die Frau und ich etwas zusammen tun, das uns beiden so richtig, richtig viel Spaß macht. Außer essen, massieren (beziehungsweise massiert werden) und Reitunterricht fällt mir da auf die Schnelle nix ein. Reitunterricht auch nur deshalb, weil Frau Reitlehrerin total nett ist (sogar zu der Frau!) und noch dazu auf meiner Seite – ihr kennt sie ja. Natürlich war das mit dem Halsring ihre Idee. Frau Reitlehrerin ist toll, oder?

Zudem ist mein neues Lieblingszubehör in dezenten Brauntönen gehalten, was wohltuend fürs Auge ist. Böse Menschen haben der Frau zwar erzählt, dass es Halsringe in allen Farben gibt – auch in Pink –, aber sie hat soviel Spaß mit dem vorhandenen Exemplar, dass mir das hoffentlich bestimmt erspart bleibt 🙂

Angst vor der Anlehnung

Es gibt ja wirklich tolle Wörter – Möhre zum Beispiel, oder Feierabend. Auch Leckerchen oder Braaav hört sich (in meinen Ohren zumindest) sehr gut an.

Anlehnung klingt erstmal auch schön – nach Kuscheln und Vertrauen und so. Tatsächlich ist es ja auch so, dass man sich irgendwo anlehnt und darauf vertraut, dass die Wand nicht umfällt. Oder das andere Pferd, mit dem man gerade Fellpflege betreibt. Zum Beispiel 😉

Beim Reiten hat das Wort Anlehnung eine zusätzliche Bedeutung – es bezeichnet die Verbindung zwischen meinem Maul und der kleinen krampfigen Hand der Frau. Ich finde das total unlogisch. Tatsächlich lehnt sich ja keiner von uns beiden irgendwo an, sondern die Frau hält sich schlicht und ergreifend an den Zügeln fest. So. Das musste jetzt mal gesagt werden.

Was die Frau kann, kann ich aber auch. Ich stütze einfach meinen Kopf und Hals auf dem Gebiss ab. Solange sie ungefähr 100 kg in der Hand hat, kommt sie wenigstens nicht auf irgendwelche dummen Ideen in Richtung zierliche Dressurlektionen. Außerdem bekommt sie so einen strammen Bizeps und kann sich auf dem Bau was dazuverdienen.

Frau Reitlehrerin kriegt dann immer die Krise. Nein, die Frau darf sich nicht an den Zügeln festhalten. Kein Stück. Gar nie nicht. Auch kein Itzi-Bitzi-Bisschen. Das macht die Frau ganz traurig, weil sie anscheinend weder Bauch- noch Rückenmuskeln, geschweige denn Körperspannung, hat und ohne Haltegriff oder Lehne nicht aufrecht sitzen kann. Zumindest nicht, wenn ich mich bewege.

Ich selbst darf mich im Übrigen nicht auf dem Zügel abstützen, sondern muss in anmutiger Selbsthaltung daherschweben. Ich bin dann auch immer traurig, weil diese Art der Fortbewegung natürlich anstrengender ist als wenn die Frau meinen Kopf für mich trägt.

Die Frau bereut es in solchen Momenten sehr, dass sie überhaupt mit dem Reiten angefangen und dann auch noch den Ehrgeiz entwickelt hat, es richtig zu machen, so in biomechanischer Hinsicht und überhaupt. Minigolf wäre doch auch ein schöner Sport, findet sie. Frau Reitlehrerin erwidert, beim Minigolf gäbe es so gut wie keine Pferde und praktisch keine pinken Satteldecken. Die Frau macht ein langes Gesicht und will doch weitermachen mit Reiten.

In der nächsten Reitstunde verfällt sie dann ins andere Extrem. Ich bekomme eine Westerntrense an und sie reitet mit komplett durchhängenden Zügeln, damit sie mich nicht im Maul stört. Das ist erstmal sehr pferdefreundlich gedacht, aber leider nicht hilfreich. Ich laufe nämlich wie ein rückenkranker Hirsch daher, da kann auch die inzwischen dezent braune Schabracke nix mehr retten. Die Frau will im Übrigen jetzt nur noch Schritt gehen und galoppieren, weil mein Trab sagenhaft unbequem ist, wenn ich den Rücken so wegdrücke 😉

Frau Reitlehrerin meckert sehr (auf konstruktive Art natürlich) und spricht davon, dem Pferd – also mir – mit dieser sagenumwobenen Anlehnung, unter der sich die Frau beim besten Willen nix vorstellen kann, einen Rahmen zu geben, damit ich den Rücken aufwölben kann. Was total gut für mich wäre und auch bequemer für die Frau. Die Frau merkt auf. Bequem ist gut. Gesund erst recht.

Frau Reitlehrerin erklärt weiter, das Ganze hätte mit Balance zu tun und Körperspannung. Schon wieder Körperspannung! Die Frau fühlt sich verfolgt. Es wäre auch wichtig, dass die Frau und ich beide im Becken abkippen, damit die Hinterbeine sich dorthin begeben, wo sie hin müssen, nämlich in Richtung unseres gemeinsamen Schwerpunkts. Guck an, da hat die Frau aber gestaunt, was sie alles mit ihrem Körper tun muss 😉 Und tatsächlich sollte sie bei diesem Unterfangen nicht mehr als das Gewicht der Zügel in der Hand halten. An dieser Stelle hätte sie beinahe wieder gemeutert und wäre um ein Haar doch zum Minigolf gefahren.

Frau Reitlehrerin hat sie beruhigt und dann mal kurz in die Zügel gegriffen und der Frau so demonstriert, wie sich das mit der Anlehnung anfühlen soll. Nämlich wie eine ganz nette, ganz leichte, gleichmäßige Verbindung, die aber (wichtige Info!) vom Pferd ausgeht.

Aha. Großes Staunen.

Frau Reitlehrerin erklärt weiter: Ein bißchen wie ein Vertrauen einflößender Händedruck, wobei „Druck“ schon zuviel ist. Man fühlt sich einfach. Und – ganz wichtig – die Anlehnung darf nie erzwungen werden. Die Hand ist einfach da und hält freundlichen, gleichmäßigen Kontakt. Wenn man sich die Hand gibt, gäbe es Menschen, die dem anderen die Hand zusammenquetschen. So nicht. Und dann gäbe es die, bei denen sich die Hand wie ein labberiger toter Fisch anfühlt und wo es ganz eklig ist. So auch nicht. Das Mittelding, das sich gut anfühlt, das wäre es. Aha, staunte die Frau. Ich glaube, sie kennt nicht viele Menschen, die ihr die Hand geben wollen 😉 Ist ja auch schwierig mit zwei linken Händen.

Die Frau guckt jetzt jedenfalls sehr nachdenklich und macht Trockenübungen mit einem Paar Zügeln, das der Mann am anderen Ende in der Hand hält. Ich glaube, er hat sie sehr lieb 😉

Lesetipp: Herzenspferd über die Anlehnung – wie sie sich anfühlt und wie man sie sich erarbeitet