Die Sache mit dem Sitz

Ein Porträt von Pfridolin Pferd

Wie gern würde die Frau elegant und geschmeidig in graziösen Traversalen durchs Dressurviereck schweben. Oder überhaupt mal elegant und geschmeidig auf dem Pferd sitzen, ganz zu schweigen von irgendwelchen Lektionen (oder gar Schweben) 😉

Aber irgendwie hat sich alles gegen sie verschworen. Kaum erinnert sie sich daran, dass der Stuhlsitz, in dem sie sich so wohlfühlt, nicht das Nonplusultra der klassischen Reitkunst ist (um es mal vornehm auszudrücken, hehe), kippt sie vornüber in einen nicht minder hässlichen Spaltsitz. Das hat zweierlei zur Folge: Zum einen hängt jetzt erheblich mehr Gewicht auf meinen zarten Schultern, so dass ich einen weiteren Grund habe, mich nicht vorschriftsmäßig mit
Bergauf-Tendenz fortzubewegen, zum anderen bestraft sie sich selbst. Sie hat sich nämlich auf der Stallgasse darüber beklagt, dass der Spaltsitz an bestimmten Teilen der weiblichen Anatomie ein Unwohlsein hervorruft. Macht aber nix, denn sie lernt ja nicht daraus. Dann kann es nicht so schlimm sein.

Wir begeben uns also auf die Suche nach der korrekten Position der Sitzbeinhöcker. Faxe meint, die Dinger heißen so. Das sind diese Knochen, die die Frau mir ins Kreuz drückt. Die Frau schwankt wie ein angeschickerter Mehlsack vor und zurück. Dabei gehen natürlich auch die Beine auf Wanderschaft – ihre, nicht meine. Ich schlafe bei sowas grundsätzlich ein.

Die Frau streckt nämlich ihre kurzen Beinchen entweder zu weit nach vorn oder zu weit nach hinten. Entspanntes Hängenlassen, wie von Frau Reitlehrerin gefordert, geht irgendwie nicht. Gottseidank reagiere ich auf so ungeschicktes Beinwackeln nicht mit Fluchttendenzen, sonst käme ich aus dem Rennen ja gar nicht mehr raus. Ich döse also weiter und warte auf die nächste Tiefschlafphase darauf, dass oben endlich mal Ruhe einkehrt. Es gibt ja noch andere spannende Dinge, die sie hinkriegen muss: Ihren Oberkörper aufrichten, ohne sich zu verspannen, zum Beispiel. Wir können da schon zweierlei: Totales Sich-hängen-lassen, passend zu meiner Motivation, und dynamisch-krampfiges Sich-fest-machen. Ich glaube aber, dass das Frau Reitlehrerin noch nicht genügt. Sie will lieber die Quadratur des Kreises irgendwas dazwischen. Na ja, gut für mich. Kann ich weiter schlafen, bis Frau Reitlehrerin der Frau solche ungewohnten Aggregatzustände entlockt hat.

Die Frau versucht zeitgleich, ihre Oberschenkel einzudrehen, so dass sie nicht mehr wie eins der kurzbeinigen Kinder auf diesen lustigen Thelwell-Zeichnungen aussieht. Ihr wisst schon: Die Zehen so nach außen weggestreckt. Faxe und ich finden das schade, denn es sieht im Reithallenspiegel immer sehr lustig aus. Aber sie kriegt es nur für Sekundenbruchteile hin, so dass wir noch länger was zu lachen haben werden. Und schließlich werden ihre Beine immer so kurz bleiben 😉

Das alles ist so aufregend, dass sie komplett zu atmen vergisst. Ohne Frau Reitlehrerin wäre sie bestimmt schon erstickt. Ich fände das doof, denn ohne sie wäre es hier nur halb so lustig. Außerdem tröstet sie mich immer oft, wenn meine Boxennachbarin Else wieder besonders garstig zu mir war.

Die Frau kriegt also wieder Luft, hurra. Sie versucht es ganz doll weiter, und wenn sie es dann endlich so halbwegs hinkriegt und zusätzlich noch ein winziges bisschen Körperspannung aufgebaut hat, bewege ich mich und der ganze schöne Sitz ist wieder kaputt. Frau Reitlehrerin spricht in solchen Momenten gern vom harmonischen Mitgehen mit der Bewegung des Pferdekörpers und davon, dass der Sitz nicht statisch wäre, sondern dynamisch und funktional sein sollte. Nicht schablonenhaft und starr. Dann tut mir die arme, ungeschickte Frau sogar ein bisschen leid. Aber nur ein bisschen, weil ich sie ja schließlich dabei rumschleppen muss! Sie hat bestimmt wieder doppelt Heu gegessen, das kleine Moppelchen.

Auf der anderen Seite muss man das auch positiv sehen: Während sie sitzen übt, stehe ich die meiste Zeit rum (rumstehen kann ich nämlich super) und hole meinen versäumten Nachtschlaf nach. Seit Else wieder auf Diät ist, krieg ich nachts kein Auge mehr zu, weil sie jetzt immer schlechte Laune hat und permanent rumstänkert. Gut, dass es Reitunterricht gibt 😉

Turnstunde für Steifftiere

Ich wälze mich im Sand. Das ist irgendwie auch Turnen. auch

Bei uns wird jetzt geturnt. Ich hoffe, die Frau verletzt sich nicht. Sie hat doch so gar keine Körperkontrolle, wie leicht tut man sich da weh.

Frau Reitlehrerin hat nämlich beschlossen, dass die Frau, die ja bekanntlich ein Bewegungswunder ist, zumindest ein rudimentäres Körpergefühl entwickeln sollte, das heißt, sie sollte im Ansatz wissen, wo sich ihre Körperteile gerade aufhalten, und zwar nicht nur beim
Auf-dem-Sofa-sitzen, nein, auch beim Reiten. Auf einem sich bewegenden Pferd. Eventuell sogar im Trab und Galopp 🙂

Sie behauptet immer, das käme vom Büro. Sie würde den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und am PC und gleichzeitig telefonieren und dann wäre man halt so steif wie sie. Komisch nur, dass andere Reiterinnen, die auch im Büro arbeiten, nicht ganz soviel Eigendynamik in ihren Armen und Beinen haben. Das sind übrigens die, die nicht die ganze Zeit an den Zügeln rumzuppeln und die Beine einfach nur ruhig runterbaumeln lassen 😉

Faxe sagt, die Dinosaurier hatten zwei Gehirne – eins im Kopf und eins im Schwanz. Weil die ihren Körper ansonsten gar nicht hätten bewegen können. Vielleicht wäre das ja was für die Frau – ein Extragehirn für die Arme und eins für die Beine ?

Bis es soweit ist, wird aber geturnt. Glücklicherweise macht sie das meiste ohne mich und ich muss nur bei wenigen Übungen mithelfen, zum Beispiel beim Radfahren. Dabei sitzt sie auf mir drauf und strampelt mit den Beinen wie beim Radfahren, vorwärts und rückwärts. Die anderen Pferde haben vielleicht geguckt, als sie das gesehen haben. Peinlich, sag ich euch. Jetzt hab ich ja glücklicherweise ein weißes Bein und bin erstmal vom Turnunterricht befreit 🙂

 

Let’s Dance

Pferdekopf im Profil, mit Trense. Die Zügel baumeln.

Die Frau hatte letztens wieder Reitunterricht. Natürlich war ich mit dabei, um sie auf ihre Fehler hinzuweisen. Das ist eine Absprache zwischen Frau Reitlehrerin und mir. Ich sage sofort Bescheid, wenn was nicht stimmt, und dann wird erklärt und ich habe solange Pause.

Ich habe oft Pause 🙂

Dieses Mal ging es um die Zügelführung. Man sollte meinen, die Frau hätte noch nie was in der Hand gehalten, so doof wie sie sich anstellt. Entweder rutscht ihr der Zügel sofort aus den Fingern, weil sie sich auf was anderes konzentriert, z. B. atmen – nein, wir sind nicht multitaskingfähig – , oder ihre Hände verkrampfen zu kleinen Eisenfäustchen.

Frau Reitlehrerin sprach von einer weich geschlossenen Faust und einer elastischen Verbindung. Auch von Kommunikation sprach sie viel. Leider sprechen die Hände der Frau einen seltenen chinesischen Dialekt, ich werde daraus nämlich nicht so recht schlau 😉

Frau Reitlehrerin erwähnte auch Tanzen. Wow, Tanzen. In Gedanken sah ich uns schon leichtfüßig durchs Dressurviereck schweben, quasi wie von Zauberhand bewegt. Ich, groß, stark, männlich, kraftvoll und doch elegant, und sie fein und dezent in Sitz und Hilfengebung. So tangomäßig. Oder sonstwie feurig 😉 Dann wurde ich wach. War wohl während einer dieser dauernden Pausen kurz weggedöst. Aber grundsätzlich ein tolles Konzept, oder? Wäre da nicht die Frau 😉

Mir fiel nämlich ein, dass sie auf der Stallgasse von ihrer Zeit beim Kinderballett gesprochen hatte. Anscheinend stellte sie bei den jährlichen Aufführungen immer einen kleinen Fliegenpilz dar, der irgendwo hinten in der Ecke sitzt. Sicher wegen ihrer sehr speziellen Ungeschicklichkeit Begabung 😉 Und dabei ist es eigentlich auch geblieben.

Immerhin, sie bemüht sich. Sehr sogar. Um eine aufrechte Haltung, geschmeidigere Bewegungen und manchmal auch um Körperspannung. Sie macht es, so gut sie kann und sie bezahlt Frau Reitlehrerin dafür, dass sie auf mich aufpasst und mit ihr schimpft sie nett korrigiert.

Und mal ganz ehrlich: Wäre sie das totale Sporttalent, müsste ich ganz sicher auch viiieel mehr arbeiten. Vielleicht sogar auf Turniere gehen, wie son richtiges Sportpferd. Da ist es doch so, wie es ist, viel schöner 🙂 Wir passen eigentlich schon ganz gut zusammen, sie und ich.

OK, gibt’s halt keinen Tango. Versuchen wir stattdessen Gangnam Style 🙂

Die ??

Ein schwarzes Pferd mit offenem Maul. Es sieht aus, als würde es lachen.

Um uns schon mal auf unsere Tätigkeit im Krimi vorzubereiten, haben Faxe und ich jetzt als fünftes Standbein eine freiberufliche Ermittlertätigkeit aufgenommen. Wir nennen uns dabei „die zwei Fragezeichen“. So eine kriminalistische Tätigkeit will nämlich gelernt sein, das kann man nicht einfach so. Ich selbst bin ja glücklicherweise ein Naturtalent und kann eigentlich alles, was ich will, aber Faxe fehlt eindeutig die praktische Erfahrung und vor allem die sachkundige Anleitung durch das Naturtalent.

Welcher Krimi, fragt ihr. Das könnte ich mich auch fragen, wenn ich nicht genau wüsste, dass tief in mir drinnen gerade ein kreativer Prozess stattfindet und mit Macht nach außen drängt. Mit anderen Worten: Ich muss es nur noch aufschreiben. Faxe lästert immer, man sähe mich nie schreiben, aber der hat ja keine Ahnung, wie wir Künstler arbeiten.

Ich muss also das Ergebnis meiner schöpferischen Tätigkeit nur noch zu Papier bringen, aber das geht ja Ratzfatz, und dann bricht der Geld- und Möhrensegen über mich herein. Dann müssen Faxe, Else und Stuti immer nett zu mir sein, jawohl 🙂 Stuti ist ja immer nett, die kann gar nicht anders <3 , aber für Else wird das eine gewaltige Umstellung.

Bis dahin haben Faxe und ich uns auf das Wiederfinden verschwundener Gegenstände spezialisiert. Zum Beispiel wissen wir jetzt, wo verlorene Hufeisen hingehen. Wenn die sich einmal verirren und nicht mehr bei ihrem Pferd sind, halten sie sich meistens auf dem matschigen Wegstück beim hinteren Wäldchen auf. Oder verlorene Longierpeitschen: Die sind im Longierpeitschen-Nirvana, das direkt hinter dem Longierzirkel beginnt. Ihr seht also: Mit dem Ermitteln kennen wir uns aus. Getreu dem Motto „Wat nix kost‘, is‘ auch nix“ sind wir (natürlich) teuer. Wir wollen uns ja nicht mit Kleinkram abrackern, sondern mindestens Kunstschätze suchen.

Ein weiteres Beispiel, um unsere überzogenen Honorarforderungen zu rechtfertigen: Letztens haben wir im Unterricht gehört, dass Stutis Reiterin öfter mal die Bügel verliert. Wir haben also jetzt beide gut aufgepasst (ich musste Faxe allerdings wiederholt korrigieren und darauf aufmerksam machen, worauf es ankommt – merke: bei einer Observation braucht man ausreichend Proviant) und schlussendlich festgestellt, dass der Bügel gar nicht verloren war, sondern der Fuß der Reiterin sich einfach nicht merken konnte, wo er abgeblieben war. Menschen, ne. Wenn sie nicht so putzig und unterhaltsam wären, wären sie wahrscheinlich längst ausgestorben.

Wenn euch also die Mona Lisa oder das Bernsteinzimmer abhandengekommen ist, wisst ihr ja jetzt, wen ihr mit der Suche beauftragen könnt 😉

Fußball-WM: Deutschland (noch) dabei

Ein rosa Fliegenhäubchen für Pferde mit einer selbstgemalten Deutschland-Fahne

Wo die Frau ja jetzt so abgelenkt ist, habe ich euch ein paar Blogs rausgesucht, in denen Pferde vorkommen. Zum größten Teil informativ und so, aber ein paar lustige sind auch dabei. Hier geht’s los (alphabetisch sortiert und ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

www.pferdialog.de
www.ponyliebe.wordpress.com (mit Islandpony Ràn)
www.reit-kultur.de
www.saskiapaetow.wordpress.com (Hier bloggt -auch- der Hengst Nordstern. Vielleicht traut sich sein Kumpel Aramis irgendwann auch mal. )
www.sirrahsseiten.blogspot.de
www.tash-horseexperience.blogspot.de (Mit Ponies! Toll, lustig und informativ – sehr zu empfehlen!)
www.wege-zum-pferd.de

Viel Spaß und drückt Faxe und mir die Hufe, dass Deutschland auf möglichst spannende Art und Weise Weltmeister wird. Dann braucht die Frau bestimmt noch ´ne Woche, um sich davon zu erholen 😉