Die Frau ist närrisch

Jetzt geht das wieder los mit diesem Karneval. Die Frau hört im Auto Karnevalslieder, und zwar so laut, dass ich das auf dem Paddock locker mithören kann. Und weil die Frau so ist, wie sie ist, singt sie die nächsten 2 Stunden das jeweils letzte Lied, dass sie auf der Fahrt in den Stall gehört hat. Zu ihrem festen Repertoire zählen Viva Colonia, das Altbierlied (wegen der kulturellen Vielfalt), Mer losse d‘r Dom in Kölle sowie eine Perle der Dichtkunst namens „Hömma samma womma nochma biertrinken gehen, biertrinken gehen, biertrinken gehen?“

Da guckt ihr, was? Hab ich auch zuerst. Aber weil wir Pferde ja so empfänglich für Schwingungen sind (Faxe nennt das ganz banal Körperchemie), gehe ich gern darauf ein und lasse mich von ihrer unvernünftig guten Laune anstecken – auch wenn das bedeutet, dass ich verkleidet werde.

Früher war bei uns im Stall immer Kostümreiten. Ich werde nie vergessen, wie Faxe einmal im Tinkerbell-Kostüm den ersten Preis gewonnen hat. Mit Elfenflügelchen! Er spricht nicht gern darüber, aber damals war er ziemlich stolz auf seinen Gewinn. Die Frau und ich waren in dem Jahr Robin Hood, was aber niemand erkannt hat. Froschgrüne Leggings und ein Kinder-Bogenschieß-Set sind eben kein Kostüm, aber auf mich hört ja keiner. Wenigstens der angeklebte Bart war überzeugend.

Im Jahr darauf hat die Frau ihre Mutter dazu angestiftet, mir ein großes grünes Drachenkostüm zu schneidern – aber ich greife vor.

Kostümreiten kennt ihr, oder? Reiten halt. Mit Kostüm. Gern auch paarweise nebeneinander, mit Karnevalsmusik. Man muss sich das so vorstellen: Ich im Biene-Maja-Kostüm und Else als rosa berüschtes 700 –Kilo-Barbiepony daneben. Hinter uns Konrad, mit lauter Wattebäuschen als Wolke vekleidet, daneben Companero, der Schimmel, zum Kleinen Onkel umgeschminkt. Konrads Reiterin hatte sich mit viel Mühe und Flügelchen zum Engel gestylt. Pippi Langstrumpf daneben war ein schöner Kontrast.

Konrad hat angegeben wie nur was, wie unheimlich schick und elegant sein Kostüm wäre und wie gülden doch das Engelshaar seiner Besitzerin leuchten würde. Mit Straß-Heiligenschein. Aber Konrad ist ja immer so. Entweder er hat gerade bei irgendeinem Turnier ein Stoff-Schleifchen gewonnen und erzählt uns, er wäre ein zweiter Totilas oder er hat ein „maßgefertigtes Spezial-Stirnband“ bekommen. Sein Maß ist in diesem Fall WB (wie Warmblut), weil Rosa auch so eins hat und ihre Besitzerin das erwiesenermaßen im Katalog bestellt hat 😛

Das Kostümreiten hat aber trotzdem Spaß gemacht, weil unsereiner bekanntlich auf schlichte Rhythmen abfährt und kein Ohr für die Texte hat. Die Schwingungen, ihr versteht 😉 Unsere ReiterInnen hatten Spaß und wir auch. Else und ich sogar ein bisschen mehr als erlaubt – und damit wären wir wieder beim Drachenkostüm. Das war im Jahr nach dem Biene-Maja-Kostüm und im Vergleich dazu exorbitant. Ich war begeistert. Hey, ich meine – Drache! Cooler geht’s doch nicht mehr, oder? Also kein Wunder, dass mich Else die ganze Zeit so merkwürdig angeguckt hat.

Die Frau hatte sich extra in ein Prinzessinnenkleid geworfen (mit Krönchen!) und wir fielen schon beim Warmreiten auf. Nun bin ich ja ein ausgesprochen attraktives Pferd und durch das Kostüm konnte man nicht sehen, wie die Frau meine Mähne wieder verunstaltet hatte. Die Mädels waren also hin und weg. Ich wollte hingehen und mich mit ihnen verabreden, sie hat mich aber nicht gelassen. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht, dass der Reiter bestimmen darf, was gemacht wird? Na, auf jeden Fall gabs da schon erste, leichte Diskussionen zwischen den einzelnen Reitern und ihren Pferden.

Dann gings los und die Frau und ich nahmen ihren Platz neben Else und ihrer Reiterin ein. Else hatte spontan beschlossen, dass sie Angst vor Drachen hat. Ich wollte ihr beistehen und erklären, dass das nur ein Kostüm ist, aber sie war KOM-PLETT hysterisch und hat alle anderen aufgemischt. Ich konnte da nichts für, ich war halt nur zufällig mit dabei.

Dass ich mit flatterndem Drachenkostüm auf die anderen zugaloppiert bin und sie in die Flucht getrieben habe, ist übrigens nicht wahr, ich habe lediglich Else verfolgt, um sie zu beschützen. Und einzig und allein wegen dieses läppischen Vorfalls dürfen wir nicht mehr beim Kostümreiten mitmachen. Nur, weil Else so ängstlich ist.

Ich weiß aber, wie man damit umgehen muss und habe einen genialen Plan. Dieses Jahr Karneval geh ich nämlich als Schecke. Ich hab schon eine hübsche, schlammige Wälzstelle gefunden 🙂 Und dann sing ich Else so lange Karnevalslieder vor, bis sie mich romantisch findet. Wünscht mir Glück!