Vom Reiten und Wandern im Urlaub

Gerade eben stand ich noch tiefenentspannt in meiner Chill Out Area auf der Weide. Die Fellpflege mit Stuti war sehr zu meiner Zufriedenheit verlaufen und die Sonne schien mir angenehm auf den Pelz, als sich eine vertraute Stimme den Weg in meine Gehörgänge bahnte. Die Frau! Schwer bepackt mit Möhren, einem schlechten Gewissen und allerlei Leckereien! Große Wiedersehensfreude bei allen Beteiligten!

Zugegeben, ohne Arbeit auf der Wiese rumstehen und grasen war nicht sooo schlimm, aber mit der Frau ist es viel unterhaltsamer. Vor allem hat man mehr zu erzählen.

Ein bisschen habe ich sie nämlich schon vermisst, während langsam die Staubschicht auf meinem Sattel wuchs. Die Frau hatte anscheinend vergessen, den Sattelschoner drauf zu tun. Bei den ganzen Reisevorbereitungen ist das wohl ein wenig in den Hintergrund getreten. Dabei wollte sie nur ein paar Tage wegfahren. Andere treiben so einen Aufwand vor einer Weltreise. Aber man kann ja nicht an alles denken.

Gut sieht sie aus – total entspannt und super gelaunt! Fast hätte ich sie nicht wiedererkannt 😉 Sie will auch erstmal gar nix von mir, sondern führt mich nur breitbeinig wie John Wayne von der Koppel.

Wie ich wenig später erfahre, hat sie tatsächlich wieder dieses Wanderreiten gemacht, und zwar diesmal mit mehr Reiten als Wandern. Die anderen Pferdebesitzerinnen und –besitzer stehen neidisch und beeindruckt um sie herum, als sie in Abenteurerpose von ihrer Expedition in die Wildnis berichtet. Sogar ich bin beeindruckt und hätte ihr fast die verwegene Geländereiterin abgenommen. Und ich kenne sie schließlich.

Faxe murmelt etwas von Karl May, den kenn ich aber nicht. Die Frau erzählt weiter: Ein wenig Muskelkater hätte sie schon, aber eigentlich fast gar nicht. Als trainierte Reiterin hätte man mit sowas ja grundsätzlich kein Problem. Die Reitstunde morgen hat sie aber trotzdem abgesagt. Die in ein paar Tagen sicherheitshalber auch. Ich muss Faxe nachher mal fragen, was der Mann daran so komisch findet.

Dann hat die Frau weitererzählt. Der Mann durfte aber auch mal was sagen, wenn er dazwischengekommen ist. Sie sprechen nämlich noch miteinander – sogar nach dem Urlaub. Faxe meint, das wäre nicht selbstverständlich.

Die Frau ist ja sehr nett und ich mag sie wirklich, aber 24 Stunden können ganz schön lang sein. Ich sehe sie sonst ja nur nachmittags oder abends, aber der arme Mann muss sie sicherlich die ganze restliche Zeit herumschleppen. Ihm scheint es aber Freude zu machen. Ich habe nämlich noch nie gesehen, dass er sie beißen will. Oder weglaufen. Und das, obwohl sie ihn vom Futter her ziemlich knapp hält. Sie selbst hat aber im Urlaub anscheinend wieder doppelt Heu bekommen.

Zum Thema Gepäck meinte der Mann, ihm würde ja eigentlich eine Zahnbürste reichen. Ab in die Satteltasche und fertig. Die Frau findet das natürlich unhygienisch und unzivilisiert. Der Mann gibt zu bedenken, dass das Trossfahrzeug mit ihren zwei Schrankkoffern aber schon ganz schön voll gewesen wäre. Die Frau gibt ihm da Recht, weist aber darauf hin, dass es ja so wunderbar gewesen wäre, sich abends zum Essen umzuziehen. So wunderbar, wirklich. Alle hätten das gemacht, alle. Außer der Rittführerin und dem Mann.

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Der Mann steht dazu, unzivilisiert und unhygienisch zu sein und bleibt dabei, dass das Abendessen in Reitklamotten (ungeduscht!!!) genauso lecker gewesen wäre wie beispielsweise im Taucheranzug oder im Smoking. Angeblich hätte der Mann aber doch vom umfangreichen gemeinsamen Gepäck profitiert und wäre zwischendurch ganz froh gewesen, wenn er mal was Sauberes anziehen durfte. Bevor sich Unfrieden anbahnen kann (und weil ich ja wissen will, wie es weiterging), lenke ich auf konstruktive Art und Weise ab – ich beiße in das umfangreiche Hinterteil meiner Boxennachbarin Else.

Plötzlich sind sich beide wieder einig und beteuern unisono, so etwas hätte es auf dem Ritt nicht gegeben. Da wären die Pferde ganz wunderbar erzogen gewesen und hätten in den Pausen auch sehr brav nebeneinander am Anbindebalken gestanden, ohne sich anzugiften oder heimlich die Knoten in den Stricken aufzumachen. Die Pferde dort seien ja auch ausgelastet gewesen, ergänzt die Frau. Trainiert und ausgelastet, sagt sie und jammert leise, wenn sie sich bewegt. Das Gehen und auch das Sitzen scheinen ihr irgendwie unangenehm zu sein. Ich glaube, ich hab sowas auch schon mal gehabt. Es heißt Muskelkater und man bekommt es, wenn man nicht ganz so sportlich ist, wie man denkt. Manche Leute meinen zum Beispiel, nur weil sie zuhause mal ’ne Stunde reiten, wären sie total durchtrainiert und könnten problemlos tagelang im Sattel bleiben. Genau in dieser Sekunde erinnert der Mann die Frau daran, dass sie es war, die während des Rittes nicht soviel laufen und stattdessen mehr reiten wollte. Weil sie anscheinend nur die schicken, aber leider unbequemen Reitschuhe eingepackt hat. Und sicherheitshalber noch ein paar schicke, unbequeme Schuhe zum Wechseln.

Jetzt mache ich mir Sorgen, ob ich vielleicht auch so ein wohlerzogenes Wanderreitpferd werden soll. Ausreiten finde ich ja prima, aber dieses tagelange Rumschleppen hört sich schon ein bisschen anstrengend an. Aber Faxe hat mich beruhigt. Hier bei uns wäre das Ausreitgelände nicht so verlockend, dass die Frau ihre Ängste vor Treckern, LKWs und Außerirdischen überwinden würde. Und bis der Muskelkater weg ist, hat sie schon 5 neue Ideen für unsere reiterliche Zukunft gehabt und wieder verworfen.

Aber toll entspannt ist sie.

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