„Den Wasserkübel musst du nach da drüben stellen. Und die Heuraufe steht energetisch gaaaanz falsch“, stöhnt die Frau, meine sogenannte Besitzerin, die im Rahmen eines spontanen Energieanfalls den Stall umgestaltet. Beziehungsweise vom Mann umgestalten lässt. Das ist der, der uns irgendwann mal zugelaufen und komischerweise immer noch da ist. Sicherheitshalber findet das Ganze ohne den Stallbesitzer statt. Grund: „Der ist immer so negativ und hat eine violette Aura, der geht gaaaaar nicht“. So die Frau zum Mann.
Die Frau hat jetzt nämlich einen spirituellen Führer. Spoiler: Ich bin es nicht. Auch sonst kein lebendes Wesen. Nein, es ist Poldi, ihr toter Hamster. Die Stimmen in ihrem Kopf haben ihr befohlen, einen Kommunikationskurs mit der Anderwelt der Tiere zu buchen. Lustigerweise war der per Zoom und nicht telepathisch, aber ich schätze, das Konzept ist einfach noch nicht ausgereift. Da muss der tote Hamster wohl nochmal ran und sich besser connecten. So ähnlich wie Gläserrücken, aber mit Tieren. Und da hat sich herausgestellt, dass das erste Haustier, das man in seinem Leben hatte, der spirituelle Führer für einen ist, und zwar ein Leben lang. Ich weiß zwar nicht, wie der Poldi das mit seinem kleinen Hamsterhirn hinbekommen hat, aber die Frau hört auf seine Botschaften.
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Erstaunlicherweise kennt sich der Poldi nicht nur mit Auren aus, sondern auch mit den Tücken der Pferdehaltung, dem Berufsleben und den Schwierigkeiten der Partnerwahl. Wobei das Problem in unserem Fall nicht existiert, es ist einfach nur erstaunlich, dass der Mann immer noch da ist. Bestimmt, weil der verstorbene Poldihamster der Frau einen Liebeszauber eingeflüstert hat, den die erfolgreich angewendet hat. Überhaupt hat der Poldihamster tolle Ideen. Er berät die Frau bei Wurmkuren (Bloß nicht!), beim Ausreiten (Nicht ohne die Beruhigungskräuter aus der Futterkammer!) und beim Dressurreiten (Öffne deine Chakren und channele die Hamsterlove!).
Mittlerweile ist auch Frau Reitlehrerin am Ort des Geschehens eingetroffen. Die sogenannte Besitzerin erklärt dem Universum gerade, dass ihr das alles zu mühselig ist und sie die Arbeit, die getan werden muss, abgibt. Und zwar ausnahmsweise nicht an den Mann, sondern ans Universum, bevorzugt an die Anderwelt. Da wird sich der Poldihamster aber freuen, dass er jetzt im Jenseits auch mal was zu tun bekommt, denk ich mir. Den toten Tieren ist sicher langweilig da drüben, wenn die sogar mit der Frau via Zoom kommunizieren.
So ein besonderes Erlebnis ist natürlich nicht günstig. Es hat schlappe 7777 Euro gekostet; zum Glück ging Ratenzahlung. Und jetzt ist die sogenannte Besitzerin amtlich connected und hat einen Schutzheiligen Schutzhamster Coach in einer anderen Dimension, was manche ganz cool finden. Es besteht also Hoffnung für ihr Refinanzierungsmodell, denn sie hat sich vom toten Hamster – oder möglicherweise einer irdischen Simultandolmetscherin – ausrechnen lassen, dass sie nur drölf Channeling-Erlebnisse an nichtsahnende Opfer verkaufen muss, um den Tierkommunikationskurs wieder raus zu haben. Pro Tag.
„Und warum machst du das?“, erkundigt sich Frau Reitlehrerin.
„Na weil das toll ist, mit den Tieren zu sprechen.“
„Aber das machst du doch die ganze Zeit, wenn du hier bist?!“
„Aber da kostet es nichts extra und ist auch nicht mystisch. Also doch, schon. Weil ich nicht weiß, was die antworten, der Pfridolin und der Lutschi.“
Ein Glück, denke ich, aber Frau Reitlehrerin ist durch und durch Pädagogin und lüftet das Geheimnis. „Alles, was wir machen und alles, was die Pferde machen, ist Kommunikation. Man kann nämlich nicht nicht kommunizieren, hat mal jemand gesagt.“ **
Die Stirn der Frau kräuselt sich. „Wie meinst du das?“
„Die Pferde lesen deine Körpersprache und kennen die Bedeutung bestimmter Wörter“, erklärt Frau Reitlehrerin. „Und untereinander und mit Menschen kommunizieren sie ebenfalls körpersprachlich.“
„Aber ich weiß nie, was die mir sagen wollen“, jammert die Frau. „Außer: Tu mal Kekse und kratz mich!“
Und das war eine besondere Kommunikationsleistung meinerseits, auf die ich immer noch stolz bin. Es hat lange gedauert, bis beim Frauchen der Groschen gefallen ist 😉
„Das ist doch eine tolle Kommunikation“, lobt Frau Reitlehrerin. „Essen und schöne Gefühle, das ist doch das wichtigste im Leben.“
„Meinst du wirklich“, fragt die Frau und guckt mich zweifelnd an.
Ja, meine ich. Tu mal Kekse und kratz mich.
Bild: Tu mal Kekse und kratz mich. Christel Sagniez, Pixabay.
** = Dieser Jemand war Paul Watzlawick.
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