Und das soll Spaß machen?

Ein trabendes Pferd

Die Frau und der Mann waren am letzten Wochenende als Zuschauer auf einem Turnier. Allein, das heißt, zusammen mit zirka 100 anderen Wahnsinnigen, die sich freiwillig in die glühendheiße Sonne stellen, um ein paar schwarz-weiß gekleideten Menschlein und ihren Pferden beim Schwitzen zuzusehen, aber ohne mich. Gottseidank 🙂

Konrad, das nicht ganz so schlaue eingebildete Sportpferd, meint natürlich, sie wären nur wegen ihm da hingefahren. Er hatte wohl einen Auftritt im Belustigungsprogramm Start in irgendeiner Dressurprüfung und kommt sich vor wie Totilas, nur, dass der mit Sicherheit nicht jeden Tag auf die Wiese darf 😉

Fairerweise muss ich auch noch erwähnen, dass sich Konrad – anders als zum Beispiel Totilas – taktrein bewegt. Sprich: Bei ihm passen die Bewegungen der Hinterbeine zu denen der Vorderbeine, was natürlich nicht ganz so spektakulär aussieht wie der Strampeltrab, den man Totilas andressiert hat. Dafür ist das aber der gesündere und letztlich pferdeschonendere Bewegungsablauf. Mit anderen Worten: Konrad redet dummes Zeug 😉

Egal, er kam sich total wichtig vor und hat sich den ganzen Morgen Sorgen um seine Frisur eingeflochtene Mähne gemacht. Ob die Zöpfchen gleichmäßig wären und ob die neuen Mähnengummis mit dem Strass wohl halten würden. Dann hat er noch mit seinen neuen Transportgamaschen und dem farblich passenden Heunetz angegeben und von der tollen Turnierschabracke gefaselt. Von seiner Lieblingsmarke. Mit Glitzi und Silber. Wir waren alle froh, als endlich der Pferdehänger vor der Tür stand und mit Konrad weggefahren ist.

Die Frau und der Mann waren schon früher losgefahren. Die Frau guckt nämlich gern beim Abreiten zu und außerdem gibt es auf Turnieren immer so praktische Verkaufsstände. Das ist toll, wenn man plötzlich sonntags notfallmäßig eine neue rosa Putzkiste braucht. Zum Beispiel. Mann und Frau gingen also einträchtig zum Abreiteplatz. Ab da schieden sich die Geister.

Man war sich wohl noch darüber einig, dass es sehr warm und sonnig war. Ansonsten gingen die Meinungen deutlich auseinander – die Frau war begeistert von den Lacklederreitstiefeln, der Mann fand die gezeigte Reiterei bei vielen Reitern grottig, und zwar geschlechtsunabhängig. Sonst denkt man ja schon mal, Männer wären ruppiger als Frauen, aber seit ich Else kenne, hat der Begriff „Stutenbissigkeit“ eine neue Bedeutung 😉 Die Damen und Herren hantierten zum Teil sehr energisch mit den Zügeln und die meisten Pferde sahen sehr unfroh aus. Auch die zugeschnürten Pferdemäuler fielen ihm unangenehm auf. Die Frau dagegen hatte nur Augen für Lackreitstiefel mit Strassbesatz – „Guck mal, die gibt’s auch in Krokoprägung!“ – oder die hübschen Stirnbänder.

Schlussendlich wollte sie sich aber auch nicht mehr die Prüfung angucken, weil sie das Abreiten auf den zweiten Blick doch furchtbar unharmonisch fand. Besonders an eine Reiterin hat sie sich erinnert, die zwar wunderbar viel Strass an sich und ihrem Pferd angebracht hatte, es aber permanent so dermaßen im Maul störte, dass das arme Tier beim besten Willen nicht wusste, wie es seinen Hals noch einrollen sollte, um den dauernden Attacken zu entgehen. Konrads Reiterin ist glücklicherweise nicht so eine. Sie ritt auf dem Abreiteplatz genauso schön wie Zuhause, und Konrad muss wohl locker-flockig gelaufen sein, mit fleißiger Hinterhand, schön rund und die Nase leicht vor der Senkrechten.

Das wird sie mir jetzt wieder wochenlang erzählen und mich fragen, warum ich nicht auch so schön laufe und es ihr bequem mache. Vielleicht tu ich ihr ja zwischendurch den Gefallen, aber nur, wenn grade keiner guckt 😉

Jetzt aber mal ganz ehrlich: Dieses verbissene Sportreiten, das macht doch keinem so wirklich Spaß, oder? Die ReiterInnen gucken total angespannt, obwohl die ja die Sporen nicht in den Bauch gepiekst kriegen. Warum eigentlich? Es geht doch meistens um nix außer ein Schleifchen und Geld für Möhren. Da muss man seinem Pferd doch das Maul nicht so zuschnüren, dass es noch nicht mal seinen Speichel runterschlucken kann. Auch wenn der Trainer oder die Freundin mal gesagt haben, das müsste so sein. Ich bin jedenfalls ganz froh, dass keiner von meinen Freunden so geritten wird. Auch wenn das bedeutet, dass ich gerade eben den doofen Konrad zu meinem Freund ernannt habe 😉

Lesetipp: Bei Fair Riding Corp gehts auch um Turnierreiter. Es scheint da außer Dressurzicken noch andere Sorten zu geben 🙂

Ferien, auch für Würmer

Sie hat es wieder getan! Ich wurde zum wiederholten Mal Opfer eines medizinischen Eingriffs durch einen blutigen Laien.

Ja genau, die Frau hat mir wieder eine Wurmkur aufgezwungen. Ich habe ihr mehrfach gesagt, dass ich sie ansonsten für harmlos halte ihr sonst durchaus vertraue, aber in diesem speziellen Fall, wo es um meine Gesundheit geht, doch lieber durch Fachpersonal betreut werden möchte, aber sie hat nur gelacht. Das ist doch gemeingefährlich, wenn man jeden mit Medizinprodukten herumexperimentieren lässt! Und noch dazu vor dem Frühstück. Ich glaube, sie hat sich vorher noch nicht mal die Hände gewaschen. Und wenn ich jetzt Ebola kriege?

Faxe hat es nichts ausgemacht, weil er hinterher einen Apfel bekommen hat, aber so leicht lasse ich mich nicht besänftigen. Ich bin jetzt beleidigt und traumatisiert. Deshalb habe ich ja auch den Apfel verweigert, an dem Faxe soviel Freude hatte. Wer weiß, was darin an Medikamenten versteckt war…

Ansonsten ist es höllenwarm und wir Pferde und Ponies haben frei, weil die Frau und ihre Freundinnen alle gleich faul hitzeempfindlich sind und so tun, als würden sie auf uns Rücksicht nehmen. Mir soll’s recht sein. Nur schade, dass ich mir jetzt ganz umsonst ein Bein mit weißer Paste zugelegt habe. Vielleicht hätte ich mir den dreifachen Rittberger auf der Wiese für kühlere Temperaturen aufheben sollen. Merke: Gelegenheiten zum Blaumachen sparsam einteilen und nicht zwei gleichzeitig verbrauchen! 😉

Turnstunde für Steifftiere

Ich wälze mich im Sand. Das ist irgendwie auch Turnen. auch

Bei uns wird jetzt geturnt. Ich hoffe, die Frau verletzt sich nicht. Sie hat doch so gar keine Körperkontrolle, wie leicht tut man sich da weh.

Frau Reitlehrerin hat nämlich beschlossen, dass die Frau, die ja bekanntlich ein Bewegungswunder ist, zumindest ein rudimentäres Körpergefühl entwickeln sollte, das heißt, sie sollte im Ansatz wissen, wo sich ihre Körperteile gerade aufhalten, und zwar nicht nur beim
Auf-dem-Sofa-sitzen, nein, auch beim Reiten. Auf einem sich bewegenden Pferd. Eventuell sogar im Trab und Galopp 🙂

Sie behauptet immer, das käme vom Büro. Sie würde den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und am PC und gleichzeitig telefonieren und dann wäre man halt so steif wie sie. Komisch nur, dass andere Reiterinnen, die auch im Büro arbeiten, nicht ganz soviel Eigendynamik in ihren Armen und Beinen haben. Das sind übrigens die, die nicht die ganze Zeit an den Zügeln rumzuppeln und die Beine einfach nur ruhig runterbaumeln lassen 😉

Faxe sagt, die Dinosaurier hatten zwei Gehirne – eins im Kopf und eins im Schwanz. Weil die ihren Körper ansonsten gar nicht hätten bewegen können. Vielleicht wäre das ja was für die Frau – ein Extragehirn für die Arme und eins für die Beine ?

Bis es soweit ist, wird aber geturnt. Glücklicherweise macht sie das meiste ohne mich und ich muss nur bei wenigen Übungen mithelfen, zum Beispiel beim Radfahren. Dabei sitzt sie auf mir drauf und strampelt mit den Beinen wie beim Radfahren, vorwärts und rückwärts. Die anderen Pferde haben vielleicht geguckt, als sie das gesehen haben. Peinlich, sag ich euch. Jetzt hab ich ja glücklicherweise ein weißes Bein und bin erstmal vom Turnunterricht befreit 🙂

 

Ferien oder: Ein Haflinger namens Rosa

Ein Haflinger namens Rosa

Die Frau macht Urlaubsvertretung für eine Freundin und darf deren Pony reiten. Das ist gut, weil ich jetzt mehr frei habe. Und weil die Frau denkt, ich wäre eifersüchtig und mir deshalb mehr Möhren gibt.

Die Frau ist in letzter Zeit ganz jeck darauf, andere Pferde zu reiten, und Rosa liebt sie schon allein wegen ihres Namens. Sie will sich nämlich beweisen, dass es nicht an ihr liegt, wenn es bei uns beiden nicht klappt. Wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt Seit ihrem letzten Buch über positives Denken meint sie nämlich, sie könnte reiten 😉

Die Frau ist also eifrig um das rosa Urlaubsvertretungspony bemüht und reitet täglich darauf herum es täglich. Das klappt mal mehr, mal weniger gut. In letzter Zeit weniger gut bis gar nicht, weil Rosa, die Haflingerstute (das musste doch irgendwie nicht sein, dass die so heißt, oder?) sich zunehmend schlechter an das korrekte Reiten ihrer Besitzerin erinnert. Bei der Frau kommt sie nämlich mit ihren kleinen Ungenauigkeiten und Mogeleien durch. Die merkt das gar nicht, wenn Rosa (dieser Name!) schummelt.

Rosa ist eigentlich ein weit ausgebildetes und sportliches Pony und wird von ihrer Besitzerin sehr fein und gut geritten. Seitengänge zum Beispiel sind mit minimalen Hilfen abrufbar. Wenn es denn die richtigen sind. Tja.

Wenn die Frau Rosa reitet, sieht das… hm… anders aus. Am ersten Tag ging es noch. Da lief Rosa artig mit fleißiger Hinterhand und schöner Aufrichtung, auf Wunsch auch in Dehnungshaltung. Davon ist inzwischen nicht mehr viel übrig. Das Bäuchlein hängt nach unten durch und die Hinterbeine schlurfen traurig durch den Sand. Zum Ausgleich sind Hals- und Rückenmuskulatur aktiv – der Unterhals wird rausgedrückt und der Rücken ist weg 😛 Rosa läuft also momentan wie ein schwangerer Hirsch durch die Gegend. Weil sie so sitzbequem ist, merkt die Frau das gar nicht. Sie thront stolz wie Oskar obendrauf und findet sich toll.

Mit anderen Worten: Sie kann jetzt auf neue Art nicht reiten 🙂 Zuerst war es nämlich immer meine Schuld, wenn irgendwas nicht geklappt hat. Dann gab es regelmäßig im Urlaub Exkursionen in andere Reitstile, so dass wir nun beide – ich wiederhole: BEIDE – wissen, dass sie insgesamt nicht englisch reiten kann, nicht Western und auch nicht klassisch – barock. Ach so, und tölten kann sie natürlich auch nicht. Sobald sie in einer weiteren Reitweise gescheitert ist, lasse ich es euch natürlich sofort wissen 😛

Neulich auf der Reisplantage

Regen, der aus der Dachrinne herunterläuft

Tagelanger Dauerregen, so wie wir ihn letztens hatten, ist ja irgendwie auch interessant. Wie sich so eine langweilige Durchschnittsweide durch flächige Pfützen verändert! Die Grashalme, die oben rausgucken, erinnern Faxe an eine Reisplantage. Er ist ja gewöhnlich sehr gut informiert, da glaube ich ihm das einfach. Man lernt sich auch gleich viel besser kennen, das ist ein bisschen so wie Dschungelcamp. Ich weiß jetzt genau, wie schnell Konrad rennen kann, wenn ihn jemand sehr geärgert hat und er zusätzlich noch so richtig schlechte Laune hat. Oder dass Faxe maximal wasserdicht ist. Stuti dagegen kann das Wetter nicht gut vertragen. Sie sagt, sie wüsste jetzt, warum sie so wasserscheu ist und dass sie damit absolut recht hätte. Na ja. Ist auch nicht mein Lieblingswetter, aber es gibt Schlimmeres. Else zum Beispiel 🙂 Die ist kein Stück wetterfühlig, sie scheucht Stuti nämlich bei jedem Wetter. Mich auch, aber ich scheuche zurück. Weil Stuti beim Fellchenkraulen ziemlich grobmotorisch ist und ihr aus Versehen immer die frisch sanierten Zähne in die Wirbelsäule haut, nehme ich an. Oder einfach aus Prinzip. Else ist halt ein Mädchen 😛

Bei anhaltendem Regen findet man auch heraus, wie lang es dauert, bis einem das Wasser in die Ohren läuft und dass man das nicht möchte. Außerdem stellt man schnell fest, wie man sich strategisch günstig positioniert, so dass das Hinterteil auf der Wetterseite ist und das alles entscheidende Vorderteil auf einem leckeren Stück Gras. Und nicht etwa in der matschigen Stelle vorn am Eingang!

Eine weitere lehrreiche Erkenntnis für diejenigen unter uns, die mit Regendecke auf die Weide gehen: mit ein bisschen Mühe lässt sich der Schlamm beim Wälzen auch unter die Decke schaufeln. Außerdem kann man mit Lehm wunderbare Dreadlocks in die Mähne zaubern. Der ein oder andere hat vielleicht auch schon mit Deckeausziehen experimentiert. Hierzu kann ich sagen: Bei 10 Grad und Dauerregen meiner Ansicht nach keine gute Idee, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Die Frau ist jetzt übrigens stolze Besitzerin eines Sommerregenhutes, eines Winterregenhutes und diverser Übergangsregenhüte. Im Moment kauft sie für mich eine neue Decke, weil meine beiden Regendecken schon nach 6-7 Stunden Dauerregen aufgeben. Sie sagt, ich bräuchte unbedingt eine dritte, und zwar eine mit Halsteil. Wahrscheinlich, damit meine Schlammzöpfe in der Mähne vor Regen geschützt sind und länger halten 🙂

Die Zahnfee

Der Pferdezahnarzt bei der Arbeit

Ich habe die Zahnfee gesehen! Sie war klein und überraschend bärtig, aber der Reihe nach….

Gestern hatte ich den Auftrag, Stuti in der Box Gesellschaft zu leisten. Also leider nicht beide zusammen in einer Box (das wäre zu schön gewesen), aber immerhin waren wir beide zusammen im Stall. Allein. Ihre Besitzerin zählt nicht, die hat uns nämlich nicht gestört. Stuti hatte einen Termin beim Tierarzt, und da sollte sie halt schon bei sich zuhause sein, wenn der Doc eintrifft. Von wegen Pünktlichkeit und so. Als ob Tierärzte pünktlich wären 😉 Weil wir beide uns ja so großartig verstehen, hat die Frau angeboten, dass ich Stuti in der Box „das Händchen halten könnte“. Sie drückt sich oft so albern aus, wenn sie über mich spricht. Peinlich.

Also gingen Stuti und ich gegen Mittag zurück in den Stall. Ich hatte gerade das vierte Frühstück beendet und war dementsprechend entspannt. Stuti war ein wenig nervös, was ich auf ihr Bodenpersonal zurückführte. Ich nenn sie mal die junge Frau, damit man weiß, von wem ich spreche. Und damit sich die Frau ärgert, weil sie immer so toll jugendlich tut. Also: meine Besitzerin ist die Frau, Stutis Besitzerin ist die junge Frau. Klar soweit? 😉

Zu meinem ganz großen Leidwesen wohnen wir ja nicht nebeneinander, Stuti und ich. Aber gestern führte uns das Schicksal in Gestalt der jungen Frau zusammen. Ich weiß nicht, ob sie sich vertan hat oder mir einen Gefallen tun wollte – die junge Frau und ich verstehen uns nämlich gut 😉 – , auf jeden Fall standen wir nun nur noch durch zwei horizontale Gitterstäbe und ein halbhohes Mäuerchen voneinander getrennt. Wow. So nah waren wir uns sonst nur auf der Weide, und da lauerten uns immer Else und Konrad mit ihren blöden Sprüchen auf. So doll habe ich schon lang nicht mehr an unserer Beziehung arbeiten können 😉 Gerade, als es so richtig romantisch werden sollte, stand ein Störenfried auf der Matte – der Tierarzt. Typisch.

Er hatte einen … ich sag mal Werkzeugkoffer auf Rollen dabei und schraubte sich eine Stirnlampe auf den Kopf. Aha, folgerte ich messerscharf, der guckt die Zähne nach. Zähne nachgucken kenn ich ja auch. So ein-, zweimal pro Jahr guckt mir mein Tierarzt in den Mund. Dafür kriege ich eine Spritze und ein grässliches Maulgatter angezogen. Was sonst passiert, weiß ich nicht, weil mich dann immer eine unerklärliche Müdigkeit befällt und ich einschlafe. Hinterher darf ich dann eine Zeitlang nix essen und dann fühlen sich meine Zähne genau richtig an.

Ich fand das sehr praktisch. Nun würde ich endlich erfahren, was so ein Tierarzt in einem Pferdemaul tut. Stuti bekam das Maulgatter angezogen und der Herr Doktor verschwand zur Hälfte in ihrem Mund, wobei er unverständliche Laute von sich gab. Stuti hielt brav still. Sie ist ja so lieb <3

Als nächstes gab es die schon bekannte Spritze. Stuti wurde sehr, sehr müde und schlief ein. Ich auch, denn es war schon ein bisschen langweilig. Bis plötzlich der Herr Tierarzt ein merkwürdiges Gerät anschaltete, das einen Höllenlärm machte, und damit im zarten Mäulchen meiner Liebsten herumfuhrwerkte. Da konnte ich nicht mehr länger zugucken. Ich bin ja nur ein kleines Pferd, was kann ich gegen eine solche Höllenmaschine schon ausrichten? Ich verzog mich also in die andere Ecke der Box, und zwar so weit es ging. Es ist aber maßlos übertrieben und auch nicht ganz wahr, wenn die junge Frau behauptet, ich hätte gezittert wie Espenlaub und wäre förmlich mit der Boxenrückwand verschmolzen. Ich habe mich nur dagegen gedrückt, um zu prüfen, ob die auch stabil ist und habe dabei vor Energie vibriert. So war das nämlich, jawohl.

Endlich war die Prozedur beendet. Der Herr Tierarzt baute seine Gerätschaften ab und drückte der jungen Frau einen von Stutis Milchzähnen in die Hand, der vorher wie eine Hülle auf dem richtigen Zahn gesessen hatte. Zahnkappe heißt sowas anscheinend. Guck an, das war dann wohl die Zahnfee. Ohne Flügelchen, Geld oder Leiter.

Ich gebe zu, ich war ernüchtert. Mit uns Pferden kann man’s ja machen. Ich fühlte mich ein bisschen wie im Dschungelcamp bei den D-Promis. Arme Stuti, da konnte sich ihre Besitzerin noch nicht mal ne richtige Zahnfee leisten, sondern musste die bärtige Aushilfe engagieren.

Die junge Frau erhielt dann noch irgendwelche Anweisungen von wegen „kein Futter“, was mich in eine gewisse Alarmbereitschaft versetzte. Ich bin nämlich gar nicht mehr dick, sondern nur noch „barock“. Es stellte sich aber heraus, dass davon nur Stuti betroffen war, und die konnte eh nix essen, so wie die am Schnarchen war. Ich bezog also meinen Wachtposten an ihrer Seite und schlief aus Sympathie ein bisschen mit, schon, um mein Einfühlungsvermögen zu zeigen. Und was soll ich sagen – als wir später wieder auf der Wiese waren, konnte sie besser und schneller essen als je zuvor. Und Widerristknabbern erst 🙂

Let’s Dance

Pferdekopf im Profil, mit Trense. Die Zügel baumeln.

Die Frau hatte letztens wieder Reitunterricht. Natürlich war ich mit dabei, um sie auf ihre Fehler hinzuweisen. Das ist eine Absprache zwischen Frau Reitlehrerin und mir. Ich sage sofort Bescheid, wenn was nicht stimmt, und dann wird erklärt und ich habe solange Pause.

Ich habe oft Pause 🙂

Dieses Mal ging es um die Zügelführung. Man sollte meinen, die Frau hätte noch nie was in der Hand gehalten, so doof wie sie sich anstellt. Entweder rutscht ihr der Zügel sofort aus den Fingern, weil sie sich auf was anderes konzentriert, z. B. atmen – nein, wir sind nicht multitaskingfähig – , oder ihre Hände verkrampfen zu kleinen Eisenfäustchen.

Frau Reitlehrerin sprach von einer weich geschlossenen Faust und einer elastischen Verbindung. Auch von Kommunikation sprach sie viel. Leider sprechen die Hände der Frau einen seltenen chinesischen Dialekt, ich werde daraus nämlich nicht so recht schlau 😉

Frau Reitlehrerin erwähnte auch Tanzen. Wow, Tanzen. In Gedanken sah ich uns schon leichtfüßig durchs Dressurviereck schweben, quasi wie von Zauberhand bewegt. Ich, groß, stark, männlich, kraftvoll und doch elegant, und sie fein und dezent in Sitz und Hilfengebung. So tangomäßig. Oder sonstwie feurig 😉 Dann wurde ich wach. War wohl während einer dieser dauernden Pausen kurz weggedöst. Aber grundsätzlich ein tolles Konzept, oder? Wäre da nicht die Frau 😉

Mir fiel nämlich ein, dass sie auf der Stallgasse von ihrer Zeit beim Kinderballett gesprochen hatte. Anscheinend stellte sie bei den jährlichen Aufführungen immer einen kleinen Fliegenpilz dar, der irgendwo hinten in der Ecke sitzt. Sicher wegen ihrer sehr speziellen Ungeschicklichkeit Begabung 😉 Und dabei ist es eigentlich auch geblieben.

Immerhin, sie bemüht sich. Sehr sogar. Um eine aufrechte Haltung, geschmeidigere Bewegungen und manchmal auch um Körperspannung. Sie macht es, so gut sie kann und sie bezahlt Frau Reitlehrerin dafür, dass sie auf mich aufpasst und mit ihr schimpft sie nett korrigiert.

Und mal ganz ehrlich: Wäre sie das totale Sporttalent, müsste ich ganz sicher auch viiieel mehr arbeiten. Vielleicht sogar auf Turniere gehen, wie son richtiges Sportpferd. Da ist es doch so, wie es ist, viel schöner 🙂 Wir passen eigentlich schon ganz gut zusammen, sie und ich.

OK, gibt’s halt keinen Tango. Versuchen wir stattdessen Gangnam Style 🙂

Die ??

Ein schwarzes Pferd mit offenem Maul. Es sieht aus, als würde es lachen.

Um uns schon mal auf unsere Tätigkeit im Krimi vorzubereiten, haben Faxe und ich jetzt als fünftes Standbein eine freiberufliche Ermittlertätigkeit aufgenommen. Wir nennen uns dabei „die zwei Fragezeichen“. So eine kriminalistische Tätigkeit will nämlich gelernt sein, das kann man nicht einfach so. Ich selbst bin ja glücklicherweise ein Naturtalent und kann eigentlich alles, was ich will, aber Faxe fehlt eindeutig die praktische Erfahrung und vor allem die sachkundige Anleitung durch das Naturtalent.

Welcher Krimi, fragt ihr. Das könnte ich mich auch fragen, wenn ich nicht genau wüsste, dass tief in mir drinnen gerade ein kreativer Prozess stattfindet und mit Macht nach außen drängt. Mit anderen Worten: Ich muss es nur noch aufschreiben. Faxe lästert immer, man sähe mich nie schreiben, aber der hat ja keine Ahnung, wie wir Künstler arbeiten.

Ich muss also das Ergebnis meiner schöpferischen Tätigkeit nur noch zu Papier bringen, aber das geht ja Ratzfatz, und dann bricht der Geld- und Möhrensegen über mich herein. Dann müssen Faxe, Else und Stuti immer nett zu mir sein, jawohl 🙂 Stuti ist ja immer nett, die kann gar nicht anders <3 , aber für Else wird das eine gewaltige Umstellung.

Bis dahin haben Faxe und ich uns auf das Wiederfinden verschwundener Gegenstände spezialisiert. Zum Beispiel wissen wir jetzt, wo verlorene Hufeisen hingehen. Wenn die sich einmal verirren und nicht mehr bei ihrem Pferd sind, halten sie sich meistens auf dem matschigen Wegstück beim hinteren Wäldchen auf. Oder verlorene Longierpeitschen: Die sind im Longierpeitschen-Nirvana, das direkt hinter dem Longierzirkel beginnt. Ihr seht also: Mit dem Ermitteln kennen wir uns aus. Getreu dem Motto „Wat nix kost‘, is‘ auch nix“ sind wir (natürlich) teuer. Wir wollen uns ja nicht mit Kleinkram abrackern, sondern mindestens Kunstschätze suchen.

Ein weiteres Beispiel, um unsere überzogenen Honorarforderungen zu rechtfertigen: Letztens haben wir im Unterricht gehört, dass Stutis Reiterin öfter mal die Bügel verliert. Wir haben also jetzt beide gut aufgepasst (ich musste Faxe allerdings wiederholt korrigieren und darauf aufmerksam machen, worauf es ankommt – merke: bei einer Observation braucht man ausreichend Proviant) und schlussendlich festgestellt, dass der Bügel gar nicht verloren war, sondern der Fuß der Reiterin sich einfach nicht merken konnte, wo er abgeblieben war. Menschen, ne. Wenn sie nicht so putzig und unterhaltsam wären, wären sie wahrscheinlich längst ausgestorben.

Wenn euch also die Mona Lisa oder das Bernsteinzimmer abhandengekommen ist, wisst ihr ja jetzt, wen ihr mit der Suche beauftragen könnt 😉

Cowgirl – Alarm

Ausschnitt eines Westernsattels auf einem Pferd

Die Frau ist so unglaublich begeisterungsfähig, das liebe ich an ihr. Das und ihren großen Wortschatz und ihr weiches Herz. Und ihre stets mit Leckerlis gefüllten Taschen. Und die Bereitschaft, sich in fast jeder Lebenslage zu blamieren. Eigentlich ist alles toll und unsere Beziehung könnte perfekt sein, wenn… ja, wenn eins nicht wäre.

Ihre merkwürdigen Kaufattacken nämlich, die bisher unter anderem dazu führten, dass ich ein Sortiment an Schabracken in fast allen Tönen des Farbspektrums besitze, ultraviolett und infrarot mal ausgenommen. Und ein rosa Fliegenhäubchen, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen.

Letztens hat die Frau laut über einen Westernsattel nachgedacht, da gingen bei mir alle Alarmglocken an. Westernreiten sähe so cool aus, so lässig und locker, und man könnte davon so tolle Fotos machen. Hallo? Ich sehe immer cool aus, und wenn unsere Fotos nix werden, dann muss es wohl an ihr liegen.

Heute stand sie wieder traurig am Rand des Reitplatzes und guckte sich unsere Westernreiterinnen mit ihren notorisch übermotivierten, aber total gechillten Pferden an. Fast hätte sie mir leidgetan, wenn mich nicht Faxe darauf aufmerksam gemacht hätte, dass so ein Westernsattel sauschwer ist. Und was diese Pferde da alles gemacht machen, sah sehr, sehr anstrengend aus. Ich weiß wirklich nicht, ob das was für uns wäre. Sie mit ihren kurzen Beinchen und ihrer ungeschickten Art. Und dann diese Sporen – nachher verletzt sie sich noch.

Andererseits – für mich als Rosa-Allergiker wäre Westernreiten wahrscheinlich gut. Die Sattelpads werden anscheinend ausschließlich in dezenten Farben hergestellt, und Glitzerstirnbänder gibt es bei Einohr-Kopfstücken auch nicht. Ich habe aber zwei Ohren und bin daher schon rein anatomisch nicht fürs Westernreiten geeignet. Und wenn sie erst selbst rausfindet, WIE schwer so ein Westernsattel ist, ist das Thema sowieso durch 😉

Outdoor Special

Frua mit bodenlangem Regenmantel auf dem Weg zur Koppel

Heute hab ich mich fast ein bisschen erschrocken, als die Frau im Mega-Outdoor-Outfit auf unsere Koppel gestapft kam. Schließlich ist Fußball-WM und Deutschland darf anscheinend immer noch mitspielen. Nicht wie Konrad auf unserer Weide, der wegen seiner sehr hässlichen Ekzemerdecke und seiner Doofheit von Faxe und mir gemobbt wird. Und weil er mir Else ausgespannt hat. Mit Gummistiefeln und ihrem riesigen Regenmantel, ungefähr so, als wollte sie bis ins Taka-Tuka-Land reiten (falls es da ganzjährig wie aus Eimern schüttet). Weil ich die Frau aber kenne, weiss ich, dass es mit so einer Ausrüstung maximal bis auf den Reitplatz geht 😉 Glücklicherweise stellte sich auch schnell heraus, dass sie sich nur für den weiten Weg zur Wiese und zurück so verkleidet hatte. Das kann ich verstehen, auf 500 Meter Wegstrecke kann viel passieren.

Wir haben ja jetzt so abwechslungsreiches Wetter. 5 Minuten Regen, 5 Minuten Sonne und 5 Minuten unentschieden. Das macht die Frau fertig. Dauernd zieht sie sich an und aus und um. Wenn der Mann herausfindet, dass sie letzte Woche 2 neue Regenjacken gekauft hat („Die war runtergesetzt!“ beziehungsweise „Die Farbe steht mir ganz toll!“) und eine neue Regenhose (sie hatte vergessen, dass die alte im Kofferraum liegt), gibt’s vielleicht wieder Gemecker.

Er hat nämlich jetzt die Macht, weil er neuerdings kochen kann. Er hat es notgedrungen gelernt, weil die einzige warme Mahlzeit, die sie unfallfrei zubereiten kann, mein Mash ist. Dummerweise isst die Frau sehr gern gut, so dass er sie jetzt mit ihrem Lieblingsfutter erpressen kann. Das hat seinem Selbstbewusstsein anscheinend gut getan und er kommt mir öfter mal zu Hilfe, wenn sie wieder im Rosa-Wahn ist. Aber das nur mal am Rande.

Mittlerweile hat die Frau auch eine hübsche Kollektion von diversen Regen- und Strohhüten. Mein persönlicher Favorit ist der Cowboyhut aus Stroh. Sieht lustig aus und schmeckt. Dazu eine quietschbunte, undichte Regenjacke (richtig geraten, das ist die mit der schönen Farbe) und die raschelige Regenhose, mit der sie wie ein Michelin-Männchen watschelt. Der Burner 😉

Das hat anscheinend was mit diesem Zwiebellook zu tun, wo man die Kleidung in verschiedenen Schichten übereinander trägt. Ich finde, sie setzt das gekonnt um. Faxe und mir sind jedenfalls die Tränen gekommen, vor Lachen. Stuti kann ich grade nicht mehr sehen, die ist sensibler als wir und schnell weggelaufen 😉