Ich wollte euch ja noch erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass die Frau, unsere sogenannte Besitzerin, mit dem Mann die Pferde zurückgetauscht hat, so dass sie wieder auf mir rumsitzen kann und das für Reiten hält. Die Frau hat ja diesen ungesunden Dressur-Spleen und will Pi und Pa und Reitkunst und am liebsten alles gleichzeitig. Es darf aber weder anstrengend noch schwierig sein, was das ganze Konzept von vornherein zum Scheitern verurteilt. Zum Ausgleich hat sie immer Leckerli in der Tasche, was eine schöne Charaktereigenschaft ist. Der Lutschi, unser spanisches Mähnenwunder, geht jetzt wieder mit dem Mann ins Gelände. Das ist auch schön und vor allem nahrhaft, aber der Mann ist doch wesentlich schwerer als die Frau. Von daher beneide ich den Lutschi nicht um die Schlepperei.
Also. Es fängt damit an, dass die Frau mit dem Lutschi in Richtung Reithalle wackelt und dabei jedem, der es hören will und allen anderen auch, verkündet: „Heute machen wir Arbeit an der Hand, weil das zur Reitkunst dazugehört.“ Der Lutschi lauscht einen Sekundenbruchteil, merkt dann, dass es gerade nichts zu essen gibt und schaltet seine beiden Gehirnzellen ab. Wer ihn nicht kennt: Das spanische Mähnenwunder heißt Lutschi, mit vollem Namen Lucero, und wird zur Zeit von der Frau verritten beritten ausgebildet. Jedenfalls denkt sie das. Das kleine Licht, das gerade noch in seinen Augen leuchtet, erlischt, die Augenlider gehen auf halbmast und der Spaniokel macht eine energiesparende Spontan-Siesta. Was auch seine insgesamt zeitlupenhaften Bewegungen erklärt.
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Irgendwann kommen die beiden in der Reithalle an, wo sich die Frau die Bauchtasche mit den Belohnungsleckerlis umschnallt. Der Lutschi hat wenig Interesse an Reitkunst, aber dafür eine starke orale Orientierung. Er nimmt langsam Witterung auf, die Augen öffnen sich und das Maul auch.
Im nächsten Augenblick passieren mehrere Dinge gleichzeitig. Der Frau fällt ein, dass sie die Touchiergerte vergessen hat, denn wir erinnern uns, sie will hochprofessionelle Handarbeit machen, von wegen der Reitkunst und so. Vorher hat sie noch auf Social Media Videos von schönen Menschen mit schönen Pferden geguckt, bis sie Spiralen in den Augen hatte, und das will sie jetzt auch.
Sie hat ja bei Frau Reitlehrerin verschiedentlich Instruktionen zur Arbeit an der Hand bekommen, die aber sofort wieder vergessen, weil sie sich spontan für was anderes interessiert hat, Distanzreiten, Levade erclickern undsoweiter. Wir kennen sie 😉 Und jetzt soll es bitteschön Piaffe und Passage an der Hand sein. Oder Pi und Pa, wie die Profis sagen, zu denen die Frau unbedingt dazugehören will. Die Frau ist also abgelenkt.
Der Lutschi dagegen ist konzentriert, und zwar darauf, an die Leckerlis zu kommen. Er zuppelt an der Bauchtasche herum. Leider ist die mit einem Reißverschluss gesichert, den er nicht aufbekommt. Das bremst ihn aber nur kurzfristig. Langsam schließt sich sein Maul um die Bauchtasche, denn, so sein Gedanke, man kann ja auch einfach die Tasche mitsamt Leckerlis essen, das spart Energie und ist viel einfacher.
Die Frau will sich gerade umdrehen, um die Touchiergerte aus der Ecke zu holen, als ihr der große, gierige Pferdekopf an der Tasche auffällt. Sie quietscht empört und ruckt am Kappzaum. Chance verpasst. Der Lutschi sieht es sportlich und wartet auf die nächste Gelegenheit.
Die kommt, als die Frau feststellt, dass die Touchiergerte nicht da ist, wo sie vermutet. Also verlässt die kleine Karawane (Frau, Bauchtasche mit Leckerli, diesmal auf die pferdeferne Seite geschnallt, Lutschi) die Reithalle, um die Handarbeitsgerte zu suchen. Der Lutschi macht allerlei Verrenkungen, um nochmal an die Bauchtasche zu kommen, was die Frau aber durch geschickte Ausweichbewegungen verhindern kann.
„Da wird die Hüfte schön locker“, bemerkt Frau Reitlehrerin, deren geheime Superkraft es ist, überall da aufzutauchen, wo es gerade spannend wird. Die sogenannte Besitzerin hat jetzt aber keinen Sinn für freundliche Kommunikation und schimpft wie ein Rohrspatz, weil der Lutschi so unerzogen und vor allem so schnell ist. Er ist ja inzwischen wach und motiviert.
Der Lutschi hat jetzt aber wirklich Hunger und einen Plan B. Er versucht, sein Maul in die Jackentasche der Frau zu stecken. Da sind eigentlich immer siebenundzwanzig zerbröselte Leckerli, Strohkordel und undefinierbare Gegenstände drin. Nun ist das spanische Mähnenwunder motorisch genauso ungeschickt wie seine Besitzerin. Und außerdem wäre die Jacke von ganz allein kaputtgegangen, sagt der Lutschi. Er hätte fast gar nichts gemacht. Und an die Leckerlikrümel wäre er auch nicht rangekommen. Das war wahrscheinlich schlimmer als der Wutbrüller, den die Frau losgelassen hat und der in dem Ausruf gipfelte: „Nicht die Mutti essen!!!“
Dabei ist sie gar nicht meine richtige Mutter, sagt der Lutschi, und ich glaube, da hat er recht. Und das ist auch der Grund, warum die Frau den Pferdetausch mit dem Mann wieder rückgängig gemacht hat. Besser der Pfridolin an der Hand als der Lutschi in der Bauchtasche, sagt sie. Und „Elende spanische Schnappschildkröte!“
Ich glaube, jetzt bin ich wieder Seelenpferd und Herzenspony 😉
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