Ist alles der Mann schuld

Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, hat es tatsächlich getan und mit dem Mann die Pferde getauscht, ich hoffe, für immer. Das heißt, ich kann jetzt schön chillig mit dem Mann das Gelände erkunden, vor allem in kulinarischer Hinsicht. während das spanische Mähnenwunder mit der sogenannten Besitzerin Unterricht bei unserer one and only Frau Reitlehrerin bekommt. Frau Reitlehrerin wird mir fehlen, aber wenn ich meinen Abschiedsschmerz mit Gras betäube, wird’s gehen.

Appetit hätte ich schon. Ach was, Hunger. Unternehmungslustig sehe ich mich um. Also ich wäre bereit – wann geht’s denn endlich los?

Langweilig, gerade wird der Lutschi fürs Reiten fertiggemacht und der Mann macht den Sattelschlepper. Es kann also noch dauern. Erst macht der Lutschi alles falsch, dann der Mann. „Du hast das ja alles falsch eingestellt“, mäkelt die Frau, während sie dem Lutschi das Kopfstück am Schädel befestigt. „Der Kehlriemen ist viel zu kurz, wie soll das denn gehen?“

„Die Trense habe ich so von dir übernommen“, rechtfertigt sich der Mann. „Und da hatte Frau Reitlehrerin noch gesagt, dass wir die gemeinsam neu verpassen und du wolltest das lieber alleine machen.“

„Kann gar nicht sein, daran würde ich mich erinnern“, wischt die sogenannte Besitzerin diesen nichtigen Einwand beiseite. Und es geht weiter: Die Schabracke passt gar nicht! Und wie der Sattel wieder aussieht! Und gaaaaanz falsch aufgelegt! Alles deine Schuld, sagt der Blick der Frau.

Sie wackelt mit dem Lutschi in die Reithalle. Der staunt. Hier war er schon lange nicht mehr.

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Frau Reitlehrerin begrüßt die beiden und der Unterricht nimmt seinen Lauf. Die Frau hievt sich umständlich auf den Spaniokel und stellt fest, dass selbiger ganz schön rund ist. Was unbequem für ihre kurzen Beine ist. Hmpf. Ist auch wieder der Mann schuld.

Im Schritt anreiten funktioniert, die Lenkung weitgehend auch. Na also. Sie wusste doch gleich, dass sie es draufhat. Vielleicht sollte sie umschulen auf Bereiterin. Jetzt geht es ans Antraben. Sie hatte ganz vergessen, wie sitzbequem der Lutschi ist, hach! Wobei das natürlich in erster Linie ihr reiterliches Können ist. Der Lutschi als hypermobiles Exemplar läuft wie ein Wackeldackel und gaukelt der sogenannten Besitzerin Seitengänge vor, wo gar keine sind. Man merkt aber nix davon, weil es obendrauf so bequem ist. Und man kann ihm am Kopf rumzuppeln, wie man will, er lässt sich alles gefallen. Soweit ist die Frau zufrieden. Nur leider kann das spanische Mähnenwunder nicht unfallfrei geradeaus laufen, was eventuell auch mit dem schiefen Sitz seiner Reiterin zu tun hat. „Na warte, der Mann hat dich ja vollkommen verritten“, zürnt die Frau.

Frau Reitlehrerin lächelt fein und kommandiert: „Auf den Zirkel geritten!“

Das klappt überraschend gut. Aber was ist das? Das störrische Tier driftet an der offenen Zirkelseite stark nach außen ab, so dass ihn die sogenannte Besitzerin mühsam wieder auf Kurs bringen muss.

„Das liegt daran, dass du den Lutschi mit den äußeren Hilfen nicht gut einrahmst“, diagnostiziert Frau Reitlehrerin.

„Ist alles der Mann schuld, der hat ihn so verritten.“

„Das gleiche Problem hast du beim Pfridolin auch“, erinnert Frau Reitlehrerin und zack, schlechte Laune. Aber Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig: „Nimm die Zügel in eine Hand, wir reiten das jetzt allein aus dem Sitz“, und da ist die Frau schnell wieder besänftigt. Zügel in einer Hand, das wirkt cool und lässig. Genauso machen es die Profis in der Working Equitation auch, und exakt da sieht sie sich. Alsos nimmt sie brav beide Zügel in die linke Hand.

Frau Reitlehrerin ist zufrieden. „Da hast du auf dem Rechtszirkel außen schon mal eine Führung für den Lutschi, denn wir reiten Wendungen ja immer über die äußeren Hilfen.“

Tun wir das? Wusste die sogenannte Besitzerin zwar nicht, aber zugeben würde sie das nie.

Weiter geht’s. „Schau dem Lutschi zwischen den Ohren durch. Dreh dich dabei ganz leicht in die Wendung und nimm deine äußere Hüfte mit.“

Die Frau kann sich nämlich in sich selbst verdrehen wie eine Brezel, da muss man sowas sagen.

Die Frau gehorcht und der Lutschi wendet wunschgemäß ab. Weil Frau Reitlehrerin in der Zirkelmitte steht, ist er mit seiner Aufmerksamkeit automatisch bei ihr und somit rechts gebogen und gestellt. Die sogenannte Besitzerin sitzt im korrekten Drehsitz, das innere Bein liegt leicht am Gurt an, das äußere leicht dahinter und oh Wunder – die Zirkel werden rund! Ganz ohne Aufwand und Am-Zügel-ziehen oder Mit-dem-Schenkel-rumwackeln. Die Frau staunt und ein hässlicher Verdacht keimt in ihr. Sollte es eventuell doch an ihr und ihrer reiterlichen Einwirkung liegen, dass der Lutschi so läuft, wie er läuft? Und der Mann hat ihn gar nicht verritten?

Frau Reitlehrerin beobachtet ihr wechselndes Mienenspiel, schätzt es richtig ein und erklärt: „Wenn man lange Zeit das gleiche Pferd reitet, ist das ein bisschen wie bei einem alten Ehepaar. Man schaukelt sich aufeinander ein und weiß, was der andere meint oder will, weil man sich so gut kennt. Wenn man zum ersten Mal auf einem anderen Pferd sitzt – oder ein Pferd längere Zeit nicht geritten ist – muss man erstmal wieder eine gemeinsame Sprache finden. Das sind die reiterlichen Hilfen, also deine feinen, körpersprachlichen Signale. Und das Tollste daran ist, dass einen solche Pferde ganz hervorragend spiegeln und einem sehr deutlich zeigen, wo man reiterlich steht und welche Sitzfehler man hat.“

Und ich weiß ja nicht, wie Frau Reitlehrerin das immer macht, aber die sogenannte Besitzerin ist jetzt tatsächlich ein bisschen stolz auf diesen Prozess der Selbsterkenntnis und die damit verbundene reiterliche Größe.

„Ist alles der Mann schuld“, sagt sie zwar immer noch, aber nur noch halb so laut. „Ich habe gerade ein aussagekräftiges Feedback bekommen“ geht ihr einfach noch nicht so geschmeidig über die Lippen 😀

Ich chille währenddessen mit dem Mann im Gelände, mit vielen Snackpausen. Läuft bei uns.

Bild: Natürlich ist der Mann auch schuld daran, dass das Halfter nicht richtig verpasst wurde.

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