„Aber ich hab sie doch so lieb!“

Warm hier. Die Sonne scheint und ich habe eine dick gefütterte Decke an. Sicherheitshalber mit ebenfalls dick gefüttertem Halsteil, falls ein plötzlicher Blizzard unseren beschaulichen Hof heimsucht. Der Lutschi, was unser spanisches Mähnenwunder ist, trägt ein ähnliches Ensemble, komplett mit dick gefütterter Unterdecke. „Weil er es doch gern warm hat, der kleine Schatz“, flötet die Frau, unsere sogenannte Besitzerin. Ich habe schon mal versuchsweise angefangen, die Decke zu zerbeißen, die zeigt sich aber erstaunlich robust. Das spanische Mähnenwunder verfolgt eine andere Strategie und trinkt erstmal den Wasserbottich leer. Klar, bei den tropischen Temperaturen, die unter der Saunadecke herrschen, ist viel trinken wichtig.

Da kommt die sogenannte Besitzerin schon wieder. „Geht’s euch gut?“, säuselt sie. „Ich frier ja so schnell, das ist sehr unangenehm. Ihr seid ja zum Glück schön warm eingepackt.“

Ja, wir sind jetzt im Saunaclub, denke ich mir und höre nicht weiter zu, weil ich mich erstmal im Matsch wälzen muss. Erfrischend! Wenn ich jetzt noch herausfinde, wie ich die Decke am schnellsten schrotten kann, ist der Tag gerettet.

Die sogenannte Besitzerin kriegt davon nichts mit, weil sie wieder mal nur Augen für den Lutschi und zudem die Arme voll hat. „Ich hab hier noch B#ck on Tr#ck Gamaschen und ein Dinkelspelzkissen, das macht wohlig warm. Hier, guck mal.“ Der Lutschi hofft auf Kekse und guckt neugierig. Sie hält ihm die Verpackung vor die Nase und liest vor. „Entspannung und Beruhigung für Nerven und Muskulatur. Entwickelt eine wohltuende Wirkung durch die Eigenwärme des Tieres. Ah, das muss also unter die Decke“, schlussfolgert sie und macht sich daran, das Dingens unter die Unterdecke vom Lutschi einzubauen. Der hat mittlerweile eingesehen, dass hier essenstechnisch nix zu holen ist und guckt schläfrig.

„Gleich geht’s dir besser, dann kannst du fein entspannen“, flötet die Frau, die seinen komatösen Gesamtausdruck komplett fehlinterpretiert und als besonderen Temperamentsausbruch deutet. „So, jetzt bekommst du noch die B#ck on Tr#ck Gamaschen an, da hast du schon mal keine kalten Füße mehr.“

In diesem Moment fällt ihr Blick auf mich und sie kreischt. Der Mann, durch den sirenenartigen Lärm aufgeschreckt, eilt mit zwei dampfenden Futtereimern herbei. „Hier, das Mash“ sagt er und denkt sich: Scheint ein Notfall zu sein.

„Guck dir das mal an“, gellt seine Liebste.

„Das“ bin übrigens ich. Durch eine gleichmäßige Schlammkruste schön erfrischt, bin ich jetzt wieder bereit, in menschlichen Kontakt zu treten. Zutraulich lächle ich den Mann an und versuche, meine Nase in einen der mitgebrachten Mash-Eimer zu stecken. Boah, heiß.

Aber die Frau ist noch nicht fertig mit Schreien. „Aaaaaaaaaaah! Das macht der doch absichtlich!!!“

Das ist mal wieder typisch. Statt sich zu freuen, dass ich nicht zufällig und einfach so umfalle, sondern mich wohlüberlegt an einer geeigneten Stelle hinlege und koordiniert und sorgfältig wälze, fängt die feine Dame ein Riesenspektakel an.

Vom Lärm aufgeschreckt, erscheint zum Glück auch Frau Reitlehrerin und erfasst die Lage schnell. „Das Mash ist noch viel zu heiß, das muss erstmal abkühlen“, ordnet sie an. Dann mustert sie mich und fasst mir unter die Decke. Schöne kühle Hände hat sie. „Die Decke ist viel zu warm“, stellt sie fest. „Der Pfridolin ist knalleheiß darunter. Hast du noch eine dünnere Decke hier?“

„Ja, aber die hat keine drölfzigtausend, sondern nur hundert Gramm Füllung, da friert er“, antwortet die Frau.

„Das glaube ich nicht“, lächelt Frau Reitlehrerin.

Die sogenannte Besitzerin zieht skeptisch die Augenbrauen hoch. „Sicher? Aber ich hab sie doch so lieb. Wenn mir kalt ist, ist den Pferden doch auch kalt.“

Frau Reitlehrerin lächelt einen Tacken pädagogischer und erklärt: „Pferde haben ein anderes Temperaturempfinden als wir Menschen. Ihre Wohlfühltemperatur liegt zwischen 5 und 15 Grad. Außerdem haben sie ein Fell und überhitzen schnell, wenn man sie zu warm eindeckt.“ Sie macht eine kurze Pause, damit sich die Information besser im Gehirn der Frau verteilen kann. Dann spricht sie weiter: „Wenn man Pferde zu dünn eindeckt, ist es aber auch nicht gut.“

„Siehst du!“, trumpft die Frau auf.

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Frau Reitlehrerin lässt sich nicht beirren: „Bei nasskaltem Wetter reicht eine reine Regendecke zum Beispiel nicht aus, weil die Pferde darunter zu kalt werden und die Decke dann nicht mehr wasserdicht ist. Das hängt mit der Atmungsaktivität zusammen. Unter der Decke muss eine bestimmte Temperatur erreicht werden, damit die Decke die Körperfeuchtigkeit nach außen abgeben kann, aber andererseits keinen Regen nach innen durchlässt.“

Physik, ne. Die sogenannte Besitzerin lauscht und staunt. Und fragt: „Bei Wärme und Nässe reicht eine ungefütterte Regendecke aber aus?“

„Das tut sie“, bestätigt Frau Reitlehrerin. „Nur bei kälterem Wetter brauchst du eine gefütterte Regendecke. Wie dick das Futter ist, kommt aufs Pferd und auf die Außentemperatur an. Am einfachsten ist es, wenn du mit der Hand unter die Decke fühlst. Wenn es wie beim Lutschi und beim Pfridolin kochendheiß ist, ist das Pferd definitiv zu dick eingedeckt. Zusätzliche Wärmekissen und wärmende Stallgamaschen kannst du dir sparen. Auf dem Paddock sowieso. Ansonsten würde ich die nur nach Absprache mit dem Tierarzt oder Physiotherapeuten einsetzen, da durch Stallgamaschen zum Beispiel der Lymphfluss gestört werden kann oder die Beine darunter überhitzen können. Wärmekissen dagegen können sehr angenehm fürs Pferd sein, wenn zum Beispiel der Rücken kalt und verspannt ist. Aber die beiden hier stehen auf dem Paddock, sie haben Winterfell, es ist kalt, aber sonnig und da reicht eine leicht gefütterte Decke vollkommen aus. Eigentlich könnten sie auch nackt in der Sonne stehen.“

Mimimi, macht die Frau, deckt uns aus und zieht beleidigt ab, um dünnere Decken zu suchen. Der Mann ächzt hinterher, mit allerlei Decken und wärmenden Accessoires beladen.

Aber die Mash-Eimer hat er uns dagelassen. Frau Reitlehrerin hat die Temperatur genehmigt. Läuft bei uns.

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