„Fühl doch mal!“

„Fühl doch mal“, lockt Frau Reitlehrerin, doch meine sogenannte Besitzerin verweigert sich. „Spür, wie die Bewegung durch deinen Körper hindurchfließt!“

Die Frau schüttelt bockig den Kopf. „Das fließt nicht, das fühlt sich irgendwie nach nix an. Außerdem ist Schritt reiten blöd und langweilig.“ Um ihre Aussage zu bekräftigen, zieht sie die Schultern hoch und guckt böse.

Kurze Info: Wir sind noch nicht bis zum Trab vorgedrungen, weil Schritt anscheinend immer noch zu anspruchsvoll für meine hüftsteife Reiterin ist.

„Du bist ein wenig steif in der Hüfte“, merkt Frau Reitlehrerin denn auch diplomatisch an. „Beim Reiten ist es ganz wichtig, dass man in der Mittelpositur mitschwingt.“

„Was soll das eigentlich sein, diese Mittelpositur?“, erkundigt sich die Frau schlecht gelaunt.

„Das ist das Becken“, übersetzt Frau Reitlehrerin.

„Hmpf“, kommentiert die sogenannte Besitzerin.


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Worauf Frau Reitlehrerin sie zum wiederholten Mal mit der Beckenuhr bekannt macht. Kennt ihr, oder? Man stellt sich vor, dass man auf einem liegenden Zifferblatt sitzt und mit dem Becken bestimmte Uhrzeiten ansteuert. Oder man geht direkt einmal außenrum, von 1 bis 12 Uhr. Und auch wieder zurück.

Die Frau kreist und hat den Auftrag, dabei in sich hineinzuspüren und Auffälligkeiten mitzuteilen. Das ist ja genau ihres, dieses Aufpassen und bewusst Reiten. Sie schnauft verärgert. Immer dieses esoterische Zeugs!

Komischerweise fällt ihr tatsächlich etwas auf. Oh Wunder! Linksherum geht es noch weniger geschmeidig als rechtsrum. Sofort teilt sie ihre Beobachtung Frau Reitlehrerin mit. Die ist entzückt, dass sich die Frau auf die Übung einlässt und lobt sie sehr für Ihre Aufmerksamkeit und Sensibilität. Die Frau schnurrt wie ein Kätzchen. Mit soviel Harmonie kann ich nicht umgehen.

Als nächstes bekommt die Frau den Auftrag, das Becken ganz langsam nach vorne und nach hinten abzukippen, vom massiven Hohlkreuz in einen niedlichen Buckel und zurück. Nach anfänglicher Meuterei („Ich mach mich doch hier nicht zum Affen!“) und einer kurzen Pause findet sie eine mittlere Sitzposition, bei der ihr Oberkörper senkrecht auf das Becken trifft. Ui. Ein völlig neues Sitzgefühl macht sich breit. Um das Ganze auf die Spitze zu treiben, kommt jetzt noch das rückwärts Fahrradfahren dazu. Erst im Stand (Neben Frau Reitlehrerin rumstehen ist das Beste überhaupt!), dann im Schritt. Zögernd lässt die Frau die Zügel durch ihre Eisenfäustchen gleiten, bis sie sie nur noch an der Schnalle hält. Ich verfalle in den Kirmespony-Modus und trotte auf dem ersten Hufschlag herum, während meine ungelenke Reiterin die Füße aus den Bügeln nimmt und eifrig rückwärts strampelt. Ja und wer hätte das gedacht – sie wird beweglicher dadurch.

Frau Reitlehrerin lobt weiter. „Und? Was fühlst du jetzt?“

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Mit vor Konzentration gerunzelter Stirn antwortet die Frau, sie wäre jetzt viel lockerer.

„Prima. Dann lass die Bewegung vom Pfridolin mal durch deinen ganzen Körper fließen“, fordert Frau Reitlehrerin mit der ihr eigenen unzerstörbar guten Laune. Ich bin immer noch ein Kirmespony und latsche wie ferngesteuert im Schritt um sie herum.

„Mach ich doch“, giftet die Frau.

„Fühl, wie die Bewegung bis in die Schultern geht!“

„In die Schultern?!“

„Die Bewegung fängt am einen Ende deiner Wirbelsäule an und geht bis zum anderen Ende“, erläutert Frau Reitlehrerin.

Nh-nh. Die Frau schüttelt den Kopf. „Tut sie nicht“, erklärt sie.

„Versuch, die Bewegung zu spüren und durch dich durchzulassen“, lächelt Frau Reitlehrerin.

„Ich fühle ja schon wie verrückt, aber da ist nix! Nada. Null. Nix. Niente.“

„Das dauert auch“, nickt Frau Reitlehrerin weise. „Spür einfach weiter in dich hinein.“

Und du hör mir auf mit dieser blöden Fühlerei. Wann kommt endlich Piaffe, denkt die Frau, traut sich aber nicht, das laut zu sagen.

„Zum feinen Reiten gehört auch ein feines Gefühl“, spricht Frau Reitlehrerin weiter.

Immerhin, sie spricht vom feinen Reiten, denkt die Frau erleichtert. Dann dauert es bestimmt nicht mehr lange bis zur Piaffe. Oder Passage! Hach.

Und ich denke mir, dass wahrscheinlich was mit ihrem Gefühl nicht stimmt. Oder ihrem Gehirn. Aber ich bin ja hier nur das Pferd und hab eh keine Ahnung.

Bild: Das spanische Mähnenwunder hat auch Gefühle. Hunger zum Beispiel. Und Durst.

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2 Antworten auf „„Fühl doch mal!““

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