Für euch gelesen: „Mach mich stark!“

„Levade clickern – cool! Das will ich auch!“ Diese Leuchtschrift erscheint auf der Stirn meiner sogenannten Besitzerin, als sie das Cover von Mach mich stark! zum ersten Mal sieht. Gefolgt von einer zweiten Leuchtschrift, die da lautet: „Und Piaffe auch!!!“

Schade eigentlich. Ich hatte gehofft, dass dieser Kelch an mir vorbeigeht. Denn, sind wir mal ehrlich: Erreiten kann sich die Frau solche Lektionen nie und nimmer. Von daher hatte ich mir eigentlich gewünscht, dass sie langsam mal mit dem Dressurqueen-Blödsinn aufhört und wir nur noch gemütlich ins Gelände bummeln, Snacks inklusive. Aber damit ist es jetzt wohl vorbei, da die Frau herausgefunden hat, dass man sich Lektionen der Hohen Schule einfach erclickern kann und sie so quasi frei Haus geliefert bekommt. Das verspricht wenigstens die Autorin.

Ich bin da hin- und hergerissen: Piaffe und erst recht Levade stelle ich mir furchtbar anstrengend vor, andererseits beruht das Prinzip des Clickerns auf der Freiwilligkeit des Beclickerten, also meiner Person. Kein Zwang, nur positive Verstärkung. Ein weiterer Vorteil: man kriegt währenddessen reichlich Futter und das Einzige, was passiert, wenn man was falsch macht, ist eine kurze Fresspause. Nix Gerte oder hauen mit dem Strick.

Hier erstmal die Eckdaten:
Mach mich stark! Mit dem Clicker bis zur Hohen Schule
Dr. Dana Rindermann
Verlag: Cadmos
272 Seiten mit vielen Fotos
28,95 EUR

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Es ist ein sehr dickes Buch, was sich aber geschmeidig wegliest. Bevor es mit den praktischen Übungen losgeht, die im übrigen Schrittchen für Schrittchen erklärt werden, gibt es etwas Theorie. Da wird erklärt, was operantes Konditionieren ist und was klassisches Konditionieren und wie das überhaupt funktioniert, wenn man jemandem etwas beibringt. Aber keine Sorge, es ist alles gut verständlich erklärt, auch mit Beispielen. Und das Größte: es gibt auch Menschenversuche. Da kann die Frau schön mit dem Mann üben, bevor sie sich clickertechnisch auf mich stürzt. Ich finde das ausgesprochen beruhigend.

Was auch sehr schön ist: es gibt Menschen und Pferde, die einen durch das Buch begleiten. Fuchsi zum Beispiel. Fuchsi ist eine Quarterhorse-Stute, die als wenig talentiert angesehen wurde. „Eine liebe, aber wenig lernfähige Stute mit dem Auffassungsvermögen einer Eintagsfliege“, so hat ihr Besitzer sie beschrieben. Nun ist Fuchsi aber mittlerweile dekorativ bemuskelt und kann so wunderbare Dinge wie Schulhalt und Levade. Und meine sogenannte Besitzerin so: „Das will ich auch!“ Ich bin deshalb ein wenig besorgt, tröste mich aber damit, dass sie zwar lieb ist, aber eben auch das Auffassungsvermögen einer Eintagsfliege hat und dann entspanne ich mich wieder.

Es gibt aber nicht nur Hohe Schule, sondern man fängt klein an. Mit höflichem Stehen zum Beispiel. Außer diversen Übungen, in deren Bezeichnung allesamt das Wort „höflich“ vorkommt, gibt es aber auch aufregende neue Ausrüstungsgegenstände. Cordeos zum Beispiel. Wollte die sogenannte Besitzerin immer haben, wusste aber nie, was man damit macht. Das soll sich nun ändern.

Noch ein fiebriger Blick auf das Cover, auf dem die Autorin eine freie Levade ohne Sattel und ohne Kopfstück demonstriert und bei der alle Beteiligten sichtlich gute Laune haben, und ihr ist klar: dieses Buch ist wie für sie gemacht!

Pro: Die wunderbar positive Grundeinstellung der Autorin zieht sich durch das gesamte Buch. Alle Übungen werden extrem kleinschrittig erklärt, inklusive möglicher Fehler und dem, was man daraus lernen kann. Buchpferd Fuchsi begleitet uns von Anfang an und wir können ihre Fortschritte hautnah mitverfolgen. Andere Menschen, Pferde und Hündin Quitte demonstrieren Übungen und/oder erzählen von ihren Erfahrungen mit dem Clickern.

Contra: Da fällt mir ausnahmsweise gar nichts ein.

Fazit: Ein großartiges Buch für alle, die sich anspruchsvolle Lektionen durch positive Verstärkung erarbeiten wollen. Und für jeden, der einen anderen Umgang mit seinem Pferd pflegen möchte.

* = Das ist ein Affiliate Link. Wenn ihr hierdrauf klickt und etwas kauft, kostet es euch nicht mehr, aber ich bekomme ein paar Cent für Möhren. Was toll wäre, weil dieses Schreiben nämlich total anstrengend ist. Und ich sehr arm bin. Der Ärmste eigentlich.

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