… dann klappt’s auch mit der Parade

Die Frau hat mal wieder versucht, mich zu reiten. Im Unterricht. Es fing schon gut an, als sie die Zügel aufnahm und direkt lostraben wollte. Wenigstens hatte sie mich vorher im Schritt warmgeführt – Anordnung von Frau Reitlehrerin, damit sie ein kleines bisschen lockerer wird 😉 Dann schleift sie mich zur Aufsteighilfe, hievt sich ungelenk auf meinen Rücken und nimmt die Zügel auf, um direkt loszulegen. Aber nicht mit Frau Reitlehrerin. Die hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, die Frau insgesamt mehr aus dem Sitz heraus reiten zu lassen. Mehr Sitz, weniger Hand!

An und für sich ein guter Plan, aber leider zum Scheitern verurteilt, weil nämlich die Frau daran beteiligt ist. Die ist zwar hochmotiviert und stets bemüht, aber doch eher Handwerker als Sitzkünstler. Aber Frau Reitlehrerin plant langfristig, und wer weiß, ob die Frau es nicht doch noch lernt.

Jedenfalls soll sie die Zügel gleich mal wieder loslassen und fleißigen Schritt reiten. Und mich dann ohne Zügel zum Halten durchparieren. Bei C. OK, dann halt an der nächsten langen Seite. Auch nicht? An der nächsten kurzen Seite vielleicht? Die Frau lässt sich ganz komisch in den Sattel plumpsen, gibt alle Stimmkommandos, die sie kennt und streckt schließlich die Beine nach vorne weg, als würde sie ne Harley fahren. Das irritiert mich dann doch soweit, dass ich stehenbleibe und mich fragend nach Frau Reitlehrerin umschaue. Die urteilt, ich hätte alles richtig gemacht. Bei einer so diffusen Hilfengebung könne man nichts anderes erwarten.

Die Frau runzelt die Stirn und ist beleidigt, weil Frau Reitlehrerin ihr verbietet, mit den Zügeln nachzuhelfen. Außerdem ist es ihr peinlich, dass Frau Reitlehrerin immer auf den Basics rumreitet – wie zum Beispiel einem korrekten, zügelunabhängigen Sitz – und die Frau dann immer wie ein Vollhorst dasteht, weil sitztechnisch mit ihr nicht viel los ist. Überhaupt hätte man ihr diese Details früher nie richtig beigebracht, beschwert sie sich, als ihr Frau Reitlehrerin nochmal die Hilfengebung erklärt: Nach oben und unten wachsen und dabei einatmen, etwas schwerer einsitzen, dabei das Becken abkippen und ausatmen. Und – ganz wichtig – im Übergang auch hinten sitzen bleiben. Die Frau nickt ganz wichtig. Das wäre ja logisch. Auch das mit dem hinten sitzen bleiben. Das wäre ja klar, dass man hinten sitzen bleiben müsste. Ansonsten würde man ja im Moment des Übergangs nach vorn fallen und die Vorhand zusätzlich belasten. Total kontraproduktiv wäre das, weil der Pfridolin doch vermehrt hinten Last aufnehmen soll. Tse. Nach vorn fallen, wer tut denn sowas. Ich kenn da jemanden, aber ich werde hier ja für gewöhnlich unterdrückt.

Nachdem auf diese Art ein Konsens über das weitere Vorgehen gefunden wird, soll die Frau erneut anreiten und gleich wieder durchparieren. Schon besser, aber sie streckt die Beinchen schon wieder so lustig nach vorn. Frau Reitlehrerin schlägt vor, die Beine doch einfach unten zu lassen. Da wären sie ja eigentlich schon, wegen dem „nach oben und unten wachsen“. Ach so. Und das Atmen nicht vergessen. Huch. Die Frau fühlt sich ertappt und schnauft hastig.

Nochmal im Schritt angehen und an der nächsten langen Seite durchparieren, fordert Frau Reitlehrerin. Dieses Mal streckt die Frau die Beine nicht nach vorn, sondern nach hinten. Leider hat das zur Folge, dass ihr Oberkörper nach vorn sackt – das hat wohl was mit dem Gleichgewicht zu tun. Von daher mache ich auch keine Parade mit untergesetzter Hinterhand, sondern stoppe mit den Vorderbeinen, was laut Frau Reitlehrerin ungesund ist. Die Frau meint, vielleicht wäre das mit den Beinen nach vorn doch keine so schlechte Idee. Dabei würde wenigstens meine Vorhand nicht überlastet 😉 Frau Reitlehrerin erklärt, ich wäre erstens keine Harley und zweitens würde sie dadurch soviel Druck in meinen Rücken bringen, dass ich den nicht mehr aufwölben könnte. Die Frau erinnert sich: Rücken aufwölben ist das A und O der Reiterei. Mit anderen Worten: Doofe Idee.

Nach einigen weiteren Versuchen klappt es aber schon ganz ordentlich und ich werde jedes Mal doll gelobt. Frau Reitlehrerin wird übermütig und schlägt vor, jetzt Trab-Schritt-Übergänge dazu zu nehmen. Am durchhängenden Zügel, versteht sich. Und ohne heimlich den Zügel nachzufassen! Woher weiß sie das nur immer? Die Frau hatte tatsächlich gerade darüber nachgedacht, unauffällig die Zügel aufzunehmen. Nur ein ganz klein bißchen, mault sie leise, aber so, dass Frau Reitlehrerin sie nicht hört. Menno. Nix dürfte man hier.

Ich trabe also an und harre der Dinge, die da kommen. Zack, blockiert mich die Frau mit ihrem Becken, so dass ich für einen Moment stehenbleibe. Im Prinzip ganz gut, urteilt Frau Reitlehrerin, aber sie müsste mit ihrem Becken locker die Schrittbewegung vorgeben. Dann würde der gute, brave Pfridolin auch nicht stocken und das ergäbe einen flüssigen Übergang. Die Frau staunt. War das ein kleines Lob? Ui. Sie probiert weiter herum und wird mit dem Becken immer lockerer. Wer hätte das gedacht – wo sie sonst so ein Steifftier ist 🙂

Nach einem richtig guten Übergang ist die Stunde beendet und wir werden beide gelobt. Ich schon allein deshalb, weil ich toll bin. Das ist nur angemessen. Außerdem mach ich hier schließlich auch die ganze Arbeit.

Die Frau hat nur auf mir rumgesessen und ein bisschen mit dem Hintern gewackelt. Merkwürdigerweise wird sie dafür auch gelobt. Irgendwie ungerecht, aber Frau Reitlehrerin belohnt schließlich auch die kleinsten positiven Ansätze. Wenigstens hat die Frau mich heute nicht im Maul gestört, das ist ja immerhin auch schon was!

Übrigens fühlen sich die Muskeln in meiner Hinterhand komisch an. Ich glaube, die haben gearbeitet. Sonst versuche ja immer, das zu vermeiden, aber im Moment passt es mir ganz gut – schließlich steht die Weidesaison bevor und ich will fit für die Mädels sein, wenn es endlich soweit ist. Während Faxe gleichbleibend tinkerhaft flauschig und süß aussieht, habe ich dann einen muskulösen, männlichen Body. Sie werden es lieben 😉

Lucero alias Lutschi

Der Lutschi lächelt in die Kamera

Die Frau hat ja schon länger davon erzählt und nun ist es passiert: Mein kleines Brüderchen ist da. Es heißt Lucero und ist ein Spanier. Das ist mal wieder typisch für die Frau. Sie hätte ja auch eine Stute kaufen können, die dann mit uns zusammenwohnen muss. Aber nein, es muss ein Wallach sein. Im Moment sieht er noch nicht sonderlich spektakulär aus, aber er wird sicher genau so ein Angeber wie mein alter Kumpel Companero. Mit Wallemähne.

Ich selber habe ja ein Mähnentrauma. Ich spreche nicht gern darüber, aber seit mir die Frau mit ihrer planlosen Schnibbelei die Frisur so versaut hat, hab ich gar kein Liebesleben mehr. Vorher war schon nicht viel, aber jetzt ist es ganz vorbei. Die Mädels lachen, wenn sie mich sehen 🙁

Was noch über den Neuen zu sagen ist: er isst gern und ist nicht der Allerschlaueste. Zum Beispiel hat er keine Angst vor Stromlitzen. Hatte, sollte ich besser sagen, denn mittlerweile hat er schon herausgefunden, dass der Zaun rund ums Paddock beißt. Damit hat er anscheinend nicht gerechnet.

Was cool an ihm ist: er mag Halfterziehspiele. Sowas ist Faxe ja immer zu anstrengend. Außerdem schwierig zu machen, wenn der Kopp die ganze Zeit unten im Essen steckt 😉

Und dann kann der Lutschi noch lustige Geschichten über die Frau erzählen. Neulich zum Beispiel hat sie versucht, ihn zu longieren. Das ist jedenfalls das, was Faxe, Bonito und ich vermuten. Lutschi (wir nennen ihn Lutschi, weil er seine orale Phase anscheinend noch nicht überwunden hat und alles ins Maul nimmt) ist jedenfalls nicht schlau aus dem Rumgefuchtel der Frau geworden. Er kann nämlich Körpersprache und sie nicht.

Da standen sie nun auf dem Reitplatz, halbwegs mittig. Lutschi und die Frau. An seinem Kopf war eine Longe befestigt. Am anderen Ende die Frau, die unkoordiniert damit herumwedelte. Während sie ihn mit der Schulter aufforderte, in den Zirkel hereinzukommen, scheuchte sie ihn gleichzeitig mit der Longe wieder weg. Lutschi fand das befremdlich. Bisher hatte er wohl nur mit Leuten zu tun, die wussten, was ihre Körperteile so tun. Aber da konnte ich ihn beruhigen – die Frau hat null Körperbewusstsein und daran wird sich wahrscheinlich auch so bald nichts ändern.

Na ja, und dann die treibende Hilfe. Mal war die Frau zu weit vorne und hat seine Schulter rausgeschickt und dabei gemeckert, mal sein Hinterteil. Und dabei gemeckert. Die Stimmkommandos, die er kennt, bringt sie dabei grundsätzlich durcheinander. Ist ja auch schwierig: Schhhhh für Schritt, 2 x schnalzen für Trab, Küsschen für Galopp ^^

Total simpel, oder? Für jeden außer der Frau. Die ist so gefordert mit sich und der Welt im Allgemeinen, dass sie unkoordiniert schnalzt und ziellos küsst. Und sich dann wundert, wenn pferd genau das tut, was sie sagt 😉

Übrigens ist das Kommando für Schritt – zumindest in Lutschis kleiner Welt – Schhh und nicht Woah oder Brrr oder Easy oder „Scheeeritt, kleines Pony!“ So hat er das gelernt und so ist das also auch. Das meinte zumindest Frau Reitlehrerin, die just in dieser Sekunde aufgetaucht ist.

Jetzt hat die Frau Hausaufgaben und muss Vokabeln lernen: Schhhh, zweimal schnalzen und Küsschen 😉

Seitengangsalat (Teil 2)

Ein Porträt von Pfridolin Pferd

Nachdem wir uns letztens an Schulterherein und Renvers versucht haben, stellt die Frau nun – unbedacht, wie nun mal ihre Art ist – die Frage, ob es denn noch mehr Seitengänge gäbe? Und wann endlich die Traversale dran wäre. Oder die Piaffe, ergänzt sie begehrlich.

Ich finde das verwegen. Wir können ja noch nicht mal vernünftig geradeaus und sie will beinekreuzend über die Diagonale! Und wer muss sie dabei schleppen? Richtig, euer Lieblings-Pfridolin. Falls er noch dazu kommt, vor lauter Knoten in den Beinen.

Aber Frau Reitlehrerin ist auf meiner Seite -sie lacht lächelt. Die Traversale wäre ganz zum Schluss dran. Die wäre nämlich der Prüfstein, ob die Frau beim seitwärts alles richtig machen würde. Also heute nicht? Nein, heute nicht.

Die Frau hatte das insgeheim vermutet, vor allem jetzt, wo Frau Reitlehrerin die letzte Reitstunde noch einmal Revue passieren lässt und die Frau fragt, was ihr denn davon besonders im Gedächtnis geblieben ist. (Meiner Meinung nach gar nix.) Die Frau räuspert sich besorgt und pariert erstmal durch. Das mag ich ja so an ihr – wenn sie nachdenken muss, kann sie nicht weiterreiten. Dann wird durchpariert und ich kann ein Nickerchen machen, bis ihre Gehirnwindungen wieder funktionieren.

Wir stehen im Reitunterricht ziemlich viel rum, die Frau und ich 🙂

Während die Frau fieberhaft nachdenkt, meckert sie sicherheitshalber erstmal ein bisschen. Das wäre ja wie in der Schule – aus dem Alter wäre sie ja wohl mittlerweile raus. Schon rein optisch, denke ich, aber unsereiner ist ja nett und behält das für sich.

Frau Reitlehrerin grinst und sagt erstmal nichts. Die Frau kriegt Angst. Sie weiß, dass Frau Reitlehrerin im Zweifel am längeren Hebel sitzt und fabuliert beklommen drauflos. Das Schulterherein fällt ihr wieder ein und mit ein bisschen mehr Bedenkzeit sogar auch das Renvers. Und die äußeren Hilfen. Die wären ganz wichtig. Und das Zusammenspiel der inneren und äußeren Hilfen. Zu guter Letzt kommt sie sogar noch darauf, dass weniger Abstellung mehr ist – will sagen, dass richtiges Schulterherein beziehungsweise Renvers mit wenig Abstellung geritten werden sollte, damit es mehr korrekte Biegung im Pferdekörper gibt. Als ob ich eine Banane wäre. Faxe sagt übrigens, Pferde könnten sich gar nicht in der Rippe biegen, da wär nur ein bisschen Rotation möglich, was sich wie Biegung anfühlt.

Frau Reitlehrerin ist überrascht zufrieden, dass sich die Frau an soviel erinnert. Ich bin stolz auf meine Besitzerin 🙂 Die giert nach mehr Input. Was denn jetzt endlich mit diesem Travers wäre, will sie wissen.

Frau Reitlehrerin lässt die Frau erstmal Schulterherein reiten. Das klappt erstaunlich gut. Ich glaube, sie hat heimlich mit diesen inneren Bildern geübt. Frau Reitlehrerin muss nur ein wenig eingreifen. Beim Renvers hilft sie wieder von unten mit, weil die Frau, das kleine Steifftier, ihre Hüften nicht richtig sortiert kriegt. Dabei ist es so einfach: Innere Hüfte vor, äußere leicht zurück. So, wie ich halt auch im Renvers laufen soll. Aber die Frau hat anscheinend nicht nur eine Rechts-Links-Schwäche, sondern auch eine Vorne-Hinten-Schwäche. Jedes Mal, wenn Frau Reitlehrerin etwas sagt, muss sie anhalten und nachdenken, wohin meine Vorder- und Hinterbeine gehen sollen. Erwähnte ich bereits, dass ich im Unterricht viel rumstehe? 🙂

Ganz neu dazugekommen ist die Innen-Außen-Schwäche. Innen ist da, wohin das Pferd gestellt ist. „Also da, wo der Pfridolin hinguckt“, erklärt es Frau Reitlehrerin so, dass es auch die Frau versteht. Jetzt gibt es aber bösartigerweise Seitengänge, bei denen das Pferd auf der linken Hand unterwegs ist, aber nach rechts gestellt und gebogen ist. Beziehungsweise auf der rechten Hand nach links. Renvers zum Beispiel. Und Konter-Schulterherein. Da wird dann die innere Hand zur äußeren und umgekehrt. Sehr verwirrend, findet die Frau. Frau Reitlehrerin stimmt zu und meint, dass es Sinn macht, dann vom führenden Zügel (dem äußeren) und dem stellenden Zügel (dem inneren) zu sprechen. Das hat den Vorteil, dass die Frau nicht noch zusätzlich über rechts und links nachdenken muss, weshalb sie ausnahmsweise keine Widerworte gibt.

Frau Reitlehrerin ist aber noch nicht fertig: Jetzt erklärt sie, dass es auch Seitengänge gibt, bei denen der Pferdekopf tendenziell zur Bande zeigt und die Hinterhand in Richtung Bahnmitte. Travers zum Beispiel, auch Kruppeherein genannt. Ist ja irgendwie logisch: wenn beim Schulterherein die innere Schulter Richtung Bahnmitte verschoben wird, wird beim Kruppeherein die Kruppe Richtung Bahnmitte hereingenommen. Das versteht sogar die Frau.

Und die Hilfengebung?, will sie wissen. Moment, sagt Frau Reitlehrerin. Wie sieht es denn mit Stellung und Biegung aus? Ja, wie eigentlich, fragt die Frau. Frau Reitlehrerin erklärt, dass das Pferd im Travers in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen wäre. Wie beim Renvers, erinnert sich die Frau und freut sich, dass sie sich was gemerkt hat. Frau Reitlehrerin freut sich auch. Das kommt nämlich nicht so vor 😉

Nachdem das nun geklärt ist, geht es zurück zur Hilfengebung. Wir stehen übrigens wieder mal rum, damit die Frau besser denken kann. Meine Augen werden schwerer und schwerer.

Welche Hüfte der Pfridolin denn beim Travers hereinnehmen sollte, fragt Frau Reitlehrerin. Ich bin gerade in der ersten Tiefschlafphase und werde unsanft geweckt, als die Frau trompetet: „Die äußere!“ Bingo – Frau Reitlehrerin strahlt. Was denn das innere Bein in dieser Zeit täte, fragt sie. Die Frau denkt und denkt. Irgendwann kommt sie drauf. Das bleibe am Gurt und sei für die Biegung zuständig.
Frau Reitlehrerin signalisiert Zustimmung. Der Frau fällt noch was ein: Überhaupt wäre Travers wie Renvers, nur andersrum. Frau Reitlehrerin ist beeindruckt. Ich auch.

Also jetzt Travers. Wie bereits erwähnt, ist dabei meine Vorhand auf dem ersten Hufschlag. Ich bin zwar theoretisch in Bewegungsrichtung gestellt, aber da ich um die Rechts-Links-Schwäche der Frau und ihre allgemeine Ungeschicklichkeit weiss, habe ich schon ein bisschen Angst, mir dabei mein hübsches Köpfchen anzuhauen. Aber mit ein wenig Hilfe von Frau Reitlehrerin können wir das sogar in die Praxis umsetzen, auch wenn die Frau zuerst nach dem Grundsatz „Viel hilft viel“ vorgeht und mich ganz grauslige Verrenkungen ausführen lässt. Frau Reitlehrerin schlägt vor, sie sollte doch mal über das Konzept des „Weniger ist mehr“ nachdenken. Die Frau grummelt leise, ist aber insgesamt erstaunlich friedfertig. Sonst will sie immer mehr diskutieren. Ich glaube, sie war wieder heimlich an Stutis Beruhigungskräutern.

Konter-Schulterherein
Banane im Konter-Schulterherein. Links ist das Bahninnere und rechts die Bande.

Einen letzten Seitengang gäbe es noch, erklärt Frau Reitlehrerin, und zwar Konter-Schulterherein. Und das wäre die Gegenlektion zu …? Schulterherein, ruft die Frau, die zufällig richtig geraten hat. Genau, nickt Frau Reitlehrerin. Auch hier würde mein Popo ins Bahninnere zeigen, ich wäre aber – genau wie im Schulterherein – entgegen der Bewegungsrichtung gestellt und gebogen.

Ich höre im Halbschlaf zu und schrecke hoch, als wir uns in Bewegung setzen. Ausgangspunkt wäre diesmal der zweite Hufschlag, höre ich. Damit ich mir nämlich nicht die Nase stoße, wenn die Frau in ihrer ungeschickten Art meine äußere Schulter Richtung Bande führt. Dadurch, dass ich jetzt nach außen gestellt und gebogen bin, wäre übrigens meine äußere Schulter zur inneren geworden, erklärt Frau Reitlehrerin, während sie von unten hilft.

Der Frau raucht der Kopf. Ich dagegen habe super geschlafen und freue mich aufs Paddock, wo ich den Mädels erzählen werde, dass ich der neue Dressurstar bin. Muskulös und mit dem gewissen Etwas. Und dem Grundsatz „In der Ruhe liegt die Kraft“. 🙂

Mehr zum Thema Hilfengebung bei Travers und Renvers findet ihr übrigens bei Franziska in ihrem sehr lesenswerten Blog Pferdialog.

Seitengangsalat

Schulterherein

Je seitwärts, desto besser – so oder so ähnlich stellt sich die Frau die Seitengänge vor. Wir haben nämlich wieder Reitunterricht gehabt und Seitengänge geübt. Also nur die Frau, ich kann die ja schon alle: Mit dem Kopf zur Bande über die eigenen Beine stolpern, mit dem Hintern zur Bande über die eigenen Beine stolpern und dabei jeweils in unterschiedliche Richtungen gucken und Kuddelmuddel auf der Diagonalen.

Das ist aber eigentlich nur was für Fortgeschrittene – ich frage mich, wieso Frau Reitlehrerin die Frau da ins Spiel bringt. Aber egal – für mich ist es sehr entspannend, weil Frau Reitlehrerin viel erklärt, die Frau wenig versteht und ich demzufolge rumstehen und schlafen kann.

Die Frau strebt ja für gewöhnlich nach Höherem, und das Wort Piaffe kommt oft in ihren Wunschvorstellungen vor. Fast ebenso häufig ist allerdings das Wort Traversale. Dann hat sie noch von Travers und Renvers gehört. Manchmal frage ich mich, wo sie sowas herhat und wann sie endlich anfängt, dieses „Fühlen“ zu lernen, von dem Frau Reitlehrerin so oft spricht. Jedenfalls möchte sie mehr über Schulterherein und Renvers erfahren.

Wir stapfen also in die Reithalle, ich mit weißen Bandagen, die Frau mit frisch geputzten Stiefeln. Bandagiert werden ist eigentlich ganz lustig, weil die Frau so ungeschickt ist. Man hat viel zu lachen dabei. Ist aber letztlich egal, weil Frau Reitlehrerin not amused ist. Erstmal, weil die Bandagen so schlampig angebracht sind, und dann, weil die Dinger wohl gar nicht gut für meine Beine sind – Stichwort Hitzestau. Gut, dass die Frau noch nicht auf mir drauf sitzt, da geht das Abwickeln gleich viel schneller.

Ja und dann geht’s los. Die Frau hievt sich auf meinen Rücken. Bei meinem Gardemaß von 1,65 m nimmt sie dafür eine Aufsteighilfe, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Es gibt ja immer noch Leute, die so aufs Pferd hüpfen und es sportlich finden, dabei ihrem Reitkumpel den Sattel einmal quer über die Wirbelsäule zu ziehen.

Endlich oben angekommen, ist erstmal Schritt angesagt – ihr kennt das. Frau Reitlehrerin fragt währenddessen, was die Frau so alles über das Schulterherein weiß. Nicht viel, aber das will sie nicht zugeben.

*

Stattdessen murmelt sie etwas vom „Aspirin der Reitkunst“. Frau Reitlehrerin kennt aber ihre Pappenheimer und zeigt sicherheitshalber, wohin mein Kopf zeigen soll (ins Bahninnere), wo meine Vorderbeine langlaufen sollen (die Vorhand wird einen Schritt hereingeführt und geht quasi auf dem eineinhalbten Hufschlag geradeaus. Nicht auf dem zweiten – das wäre zuviel Abstellung) und wo meine Hinterbeine sind (die gehen auf dem ersten Hufschlag geradeaus). Die Banane auf dem Foto demonstriert es sehr schön, wenn auch ohne Beine. Bei den Pferdebeinen ist es nämlich so, dass man von vorn gesehen im Schulterherein nur drei Beine sieht, weil das äußere Vorderbein das innere Hinterbein verdeckt. Die Frau nickt und tut so, als wäre ihr das natürlich alles klar gewesen.

Jetzt setzt Frau Reitlehrerin noch einen drauf und erklärt der Frau, dass sie selbst für das Schulterherein ihre Schultern nach innen nehmen müsste, weil vom Grundsatz her das Pferd (= ich) der Bewegung des Reiters (= die Frau) folgen würde. Also erstmal in Innenstellung einen Schritt vom Hufschlag abwenden und dann geradeaus die lange Seite runter. Und mir nicht mir den Hals krumm ziehen und geradeaus weiterreiten wie sonst.

Die Frau und ich machen dann mal das, was sich die Frau vorstellt. Frau Reitlehrerin merkt an, dass der Pfridolin nicht auf den dritten, vierten und fünften Hufschlag abwandern sollte, sondern mit der Hinterhand auf dem ersten Hufschlag bleiben. Weniger innerer Zügel, mehr äußerer Zügel! Die Frau giftet leise, man könnte es Frau Reitlehrerin ja nie recht machen und fällt ins andere Extrem – noch etwas mehr seitliche Abstellung und ich würde umfallen. Frau Reitlehrerin erklärt, die richtige Lösung läge möglicherweise irgendwo dazwischen. Ich finde sie ganz schön diplomatisch 🙂

*

Mittlerweile hängt die Frau wieder wie eine Trauerweide auf mir. Ich lasse entsprechend auch alles hängen. Weil ich etwas größer bin als sie, fällt das auf und führt zur vorübergehenden Sitzkorrektur. Die Frau mag jetzt nicht mehr und behauptet, ich wäre einfach zu störrisch für so komplizierte Lektionen. Das findet Frau Reitlehrerin gar nicht, übernimmt von unten die Zügel und lässt mich an der nächsten langen Seite schulterhereinen, was das Zeug hält, während die Frau obendrauf sitzt und staunt, wie sich das anfühlt.

Frau Reitlehrerin lobt mich und erklärt, es wären eigentlich nur kleine Hilfen, aber die müssten halt zueinander passen. Ganz wichtig wäre der äußere Zügel, der die Bewegung weich abfängt, damit ich der Frau nicht über die Schulter weglaufe. Ach, staunt die. Sie hätte immer gedacht, das müsste so sein. Viel seitwärts = viel gut. Frau Reitlehrerin verneint. Es bräuchte gar nicht viel seitliche Abstellung. Dann wäre auch der gymnastische Wert höher.

Da hat sie allerdings Recht – ich finde das Ganze ziemlich anstrengend und mache nur mit, weil ich nachher Else und Stuti sehe und sie mit meiner sportlichen Figur beeindrucken will.

Als nächstes kommt Renvers, weil man das aus dem Schulterherein entwickeln kann. Behauptet jedenfalls Frau Reitlehrerin. Beim Renvers zeigt mein Kopf immer noch ins Bahninnere und mein Popo zur Bande.

Renvers
Banane im Renvers. Links ist das Bahninnere und rechts die Bande.

Im Gegensatz zum Schulterherein werde ich aber in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen. Also theoretisch. Wenn die Frau alles richtig macht. Sicherheitshalber hat Frau Reitlehrerin das auch mal eben von unten demonstriert. Die Frau staunt Bauklötze, was ich alles kann. Frau Reitlehrerin erklärt jetzt noch, wozu diese ganzen Seitwärtsbewegungen gut sind. Für mehr Gleichgewicht, Geschmeidigkeit und Körperbeherrschung nämlich. Letzten Endes ginge es immer darum, mich auf beiden Händen gleich geschmeidig zu machen. Pffff, soll die Frau doch mal bei sich selbst anfangen.

Die Lektionen wären halt kein Selbstzweck, sondern letztlich ein Hilfsmittel. Das Pferd wäre nämlich nicht für die Lektionen da, sondern die Lektionen für das Pferd. Die Frau staunt wieder. Eigentlich interessiert sie sich ja für genau zwei Lektionen: Piaffe und Traversale. Den Rest hatte sie bisher als leidige Pflichtübungen angesehen, die man halt beherrschen muss, weil sie in Dressuraufgaben vorkommen. Mitnichten. Frau Reitlehrerin erklärt, dass zwischen den einzelnen Lektionen Zusammenhänge bestehen. Zum Beispiel macht Schulterherein ganz allgemein dicke Muskeln und sexy Bewegungen trainiert das Schulterherein die Tragkraft des inneren Hinterbeins und fördert so die Versammlung. Irgendwie läuft das dann später alles auf Piaffe und so hinaus. Zu dem Zeitpunkt hab ich aber nicht mehr zugehört, weil mir da schon die Augen zugefallen sind. Überhaupt krieg ich nachts zu wenig Schlaf, weil meine Boxennachbarin Else immer noch so doll schnarcht.

Beim Wort Piaffe schrecke ich wieder hoch und ahne Fürchterliches. Hoffentlich wird dieses Seitwärtsturnen nicht zur Gewohnheit – das ist nämlich ganz schön schwierig und ich bin ja eigentlich Freizeitpferd und keine Dressur-Elfe. Die Frau aber auch nicht.

Wenn Stuti und Else sowas allerdings toll finden, wäre ich aber jederzeit bereit, meine Einstellung zu ändern.

Bildunterschrift: Banane im Schulterherein links. Rechts ist die (unsichtbare) Bande.

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Frau Reitlehrerin, die Frau, die Sitzlonge und ich (Teil 2)

Kaum zu glauben, was Menschen mit ihren zwei Beinen so für Probleme haben. Wenn die Frau ein Pferd wäre, wäre sie längst ausgestorben, wetten? Ich wundere mich ja schon, wenn sie es zu Fuß unfallfrei bis zur Futterkammer schafft, aber was sie beim Reiten so alles macht …

Zum Beispiel: Neulich haben wir einen weiteren Versuch mit der Sitzlonge unternommen. „Wir“ sind in dem Fall Frau Reitlehrerin und ich. Wieder ging es los mit dem Einfühlen in meine Bewegung im Schritt. Hab ich euch schon erzählt, dass die Frau ungefähr so einfühlsam wie ein Rübenlaster ist? Doch, wirklich. Sie und meine Boxennachbarin Else haben eigentlich viele Gemeinsamkeiten. Sie schaukelt also wie ein Kartoffelsack auf mir rum und schlingert dabei gefährlich nach rechts und links, was sie Frau Reitlehrerin mit einem strahlenden Lächeln als „schon viel lockerer in der Hüfte“ verkaufen will. Na, denk ich, das legt sich sicher. Wart mal ab, in ein paar Runden ist ihr das zu anstrengend. Aber weit gefehlt. Gutgelaunt eiert sie weiter und lässt sich auch von Frau Reitlehrerins beharrlichen Aufforderungen, „sich einfach mal passiv von der Bewegung mitnehmen zu lassen“, nicht beirren. Frau Reitlehrerin versucht es weiter. „Passiv! Mitnehmen lassen!“ Ja, meine Besitzerin ist nicht so ein Wischi-Waschi-Mädchen – wenn die sich einmal was in den Kopf gesetzt hat, bleibt sie auch dabei. Sie schaukelt und schwankt.

Aber Frau Reitlehrerin weiß Rat und fordert sie sie zu der lustigen Radfahr-Übung vom letzten Mal auf. Ihr erinnert euch: Dabei soll die Frau im Schritt mit den Beinen strampeln, so, als ob sie radfahren würde. Huch. Da muss man sich doch erstmal um ein wenig Stabilität und Gleichgewicht kümmern, wenn man nicht runterrutschen will. Sie macht also irgendwas mit ihrer Körperspannung, und das störende Rumgewackel hört auf. Das ist auch gleich viel angenehmer für mich, weil ich so ganz entspannt ausschreiten kann, ohne dass mir jemand auf der Wirbelsäule rumhampelt oder das Gleichgewicht nimmt. Die Frau strampelt mit Feuereifer und quietscht übermütig, weil das mittlerweile schon ganz gut klappt. Frau Reitlehrerin ist beeindruckt.

Weil die Frau zwischenzeitlich auch die Mysterien des Schulterkreisens für sich gelöst hat, lässt mich Frau Reitlehrerin antraben. Natürlich erst, nachdem sie die Frau schonend darauf vorbereitet hat, dass sie sich eine spannende neue Übung für sie ausgedacht hat. Die Frau teilt mit, sie hätte sich schon längst eine neue Herausforderung gewünscht und lechzt nach Details.

Da lässt sich Frau Reitlehrerin nicht zweimal bitten und erklärt, wie sie sich das vorstellen würde: Zunächst einmal Radfahr-Strampeln im Trab. Wenn das gut klappt, bitte das Schulterkreisen hinzunehmen, und zwar eine Schulter vorwärts und die andere Schulter rückwärts.

Ach, denken die Frau und ich wie aus einem Mund gleichzeitig. Schritt ist doch eigentlich auch eine sehr schöne Gangart. Dieses Traben ist unnötig und wird völlig überbewertet. Das sieht Frau Reitlehrerin aber anders. Sie hatte sich zunächst noch erweichen lassen und ein paar Übungen für die Augen und die Schultern gezeigt, bei denen die Frau irgendwie noch lockerer im Oberkörper geworden ist, aber dann kam der Trab.

Tja, und seitdem versucht die Frau, ihre Arme und Beine zu sortieren, mit den Beinen zu strampeln, den Schultern zu kreisen, nicht aus dem Takt zu kommen und gleichzeitig weiterzuatmen. Wenn ich so unkoordiniert rumwackeln würde, wär aber schon lange der Tierarzt da!

Aber mal ganz ehrlich: Dafür, dass sich die Frau immer so ultra- döspaddelig anstellt, ist sie mittlerweile ganz schön locker. Die Wackelei und Kreiserei macht auch gute Laune. Sie kichert nämlich die ganze Zeit. Frau Reitlehrerin ist ausnahmsweise voll des Lobes, weil die Frau so entspannt und motiviert ist wie selten, und das überträgt sich sogar auf mich.

Dieses ganze Arme und Beine kompliziert über Kreuz bewegen tut wohl nicht nur dem Körper gut. Es macht auch das Gehirn locker und entspannt 😉 Das sollte Else auch mal versuchen, die guckt immer so mürrisch aus der Wäsche. Zuerst hab ich ja gedacht, es hat was mit mir zu tun, aber die guckt genauso, wenn ich sie mal 5 Minuten lang nicht ärgere. Komisch, nicht?

Frau Reitlehrerin, die Frau, die Sitzlonge und ich (Teil 1)

Else und ich haben jetzt anscheinend so was wie ne Beziehung – jedenfalls hat sie manchmal die Ohren nach vorn, wenn ich in der Nähe bin. Ich finde das romantisch. Letztens hat sie mich sogar angewiehert, als ich wieder zurück aufs Paddock gegangen bin.

Und das kam so: Wir standen alle draußen rum und schliefen sonnten uns, als plötzlich die Frau mit wichtiger Miene und Bestechungsmöhre daherkam. Ich bin ja nicht so und habe mich einfangen lassen, obwohl sie eigentlich gegen unsere Abmachung verstoßen hat, mich erst am späten Nachmittag mit Arbeit zu belästigen. Das neue Geschwisterchen ist ja anscheinend noch nicht in Sicht, also muss ich sie weiter schleppen. Es war aber gar nicht so schlimm, weil Frau Reitlehrerin eine kluge Idee hatte: Wir machen Sitzlonge!

Hört sich verwirrend an, weil die Einzige, die sitzen soll, die Frau ist und die das bekanntlich nicht so gut kann. Das findet sogar die Frau, die sich letztens vom Mann hat filmen lassen. Frau Reitlehrerin grinst breit und ist weit davon entfernt, ihr zu widersprechen. Frau Reitlehrerins Aufgabe ist es, in der Mitte zu stehen und konstruktiv zu meckern. Das kann sie gut. Außerdem muss sie die Longe festhalten, an der ich im Kreis um sie herumlaufe.

Es kam aber alles ganz anders. Die Frau, gestiefelt, gespornt und zum Äußersten bereit, sollte sich erstmal einfach nur so auf mich draufsetzen und die Steigbügel überschlagen. Ach ja, und bitte die Sporen ausziehen, wenns recht ist. Das war ihr zwar nicht recht, aber wenn Frau Reitlehrerin diesen Ton anschlägt, ist Widerspruch zwecklos. Dann führte uns Frau Reitlehrerin im Schritt herum. Die Frau sollte dabei die Augen schließen, sich von meiner Bewegung mitnehmen lassen und einfach nur fühlen. Das fand sie zwar langweilig, fügte sich aber. Ich fands super, vor allem, weil Frau Reitlehrerin dabei an meinem Hals herumgepuschelt hat.

Frau Reitlehrerin wollte dann wissen, was die Frau so alles fühlt. Langeweile, war die ehrliche Antwort. Falsch!, sagte Frau Reitlehrerin, eigentlich sollte die Frau nämlich merken, dass sich ihr Becken im Schritt dreidimensional bewegt. Also nicht diese komische Schiebebewegung, die sie aktiv und mittlerweile ganz automatisch macht, sondern ein passives Mitgehen nach oben, unten und vorne, und zwar in Form einer liegenden Acht.

Aha. Das hatte sich die Frau aber irgendwie anders vorgestellt. Eigentlich wollte sie direkt galoppieren und wild die Arme kreisen und dergleichen. Diese langweiligen kleinen Bewegungen wären doch sicher für Kinder, oder?, fragte sie Frau Reitlehrerin. Die antwortete, Reiten würde zu einem Großteil aus Fühlen bestehen, das müssten viele Erwachsene erst lernen. Besonders die Kopfmenschen, die tagein, tagaus im Büro sitzen. Die Frau sagte nochmal aha, diesmal aber nicht ganz so mürrisch.

Weiter gings: Die Frau sollte ihre Sitzbeinhöcker spüren (das sind diese komischen Knochen, auf denen die Menschen sitzen und die wie Schaukelstuhlkufen geformt sind) und darauf nach vorn und nach hinten schaukeln und dann daraus die mittlere Position finden. Das wäre die Basis für einen guten Sitz, erklärte Frau Reitlehrerin. Damit aber noch nicht genug: Damit die angespannten kurzen Beinchen der Frau lockerer werden, musste sie jetzt auf mir mit den Beinen strampeln wie beim Radfahren. Vorwärts und rückwärts.

*

Das wäre ganz und gar unmöglich, befand die Frau. Dochdoch, versicherte Frau Reitlehrerin, das ginge. Sie müsste halt einfach weitermachen, dann würde es auch leichter werden. Für mich fühlte sich das prima an, weil die Frau langsam lockerer wurde und ich größere Schritte machen konnte. Frau Reitlehrerin fand das toll und wies die Frau sicherheitshalber darauf hin, was da gerade unter ihrem Hintern passiert. Die Frau grummelte, das wäre ihr auch schon aufgefallen und ob sie jetzt immer auf die Art Schritt reiten müsste, das wäre nämlich verdammt anstrengend, sähe uncool aus und ihr würden bald die Beine abfallen.

Nein, das wäre nur zum Lockern, erklärte Frau Reitlehrerin. Das sollte die Frau ruhig immer beim anfänglichen Schrittreiten machen. Eigentlich bräuchte nicht nur das Pferd eine Lösungsphase, sondern der Reiter auch. Die Frau guckte wenig begeistert. Aber jetzt erstmal ein
Päuschen mit Beine ausschütteln. Den restlichen Körper bitte gleich mit, denn als nächstes käme der Trab. Prima, dachte die Frau. Endlich Action und Schluss mit der doofen Übung!

Jetzt sollte sie mich antraben und dabei schön locker sitzen bleiben. Ohne sich festzuhalten, wenn möglich. Das sind ja sonst unmögliche Forderungen. Die Frau stellte aber überrascht fest, dass das ging. Ohne Festhalten – der Wahnsinn! Außerdem säße sie irgendwie lockerer auf mir als sonst und das Aussitzen wäre gar nicht so unbequem, teilte sie Frau Reitlehrerin mit. Die betrachtete die Frau und mich wohlgefällig und meinte, nachdem die Frau im Schritt so schön ihre Beine gelockert hätte, kämen als nächstes die Schultern dran. Die Frau sollte doch mal mit dem rechten Arm kreisen. Mit dem linken dürfte sie sich festhalten. Festhalten – prima! Die Frau strahlte und kreiste wie ein Ventilator. Nee, langsamer. Nee, noch langsamer. Nur so ganz kleine Bewegungen aus der Schulter heraus.

Was Frau Reitlehrerin sich aber auch immer ausdenkt 🙂 Die Frau war jedenfalls gefordert. Kreisen, kreisen. Vorwärts und rückwärts. So, und jetzt auch mit dem anderen Arm. Wie, ohne festhalten? Ob Frau Reitlehrerin ganz sicher wäre. Frau Reitlehrerin war nicht ganz sicher, aber doch optimistisch, und siehe da, es klappte. Damit hätte ich ehrlich gesagt auch nicht gerechnet.

Die Frau schwang die Arme. Vorwärts und rückwärts. Und als krönenden Abschluss mit dem einen Arm vorwärts und mit dem anderen Arm rückwärts. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sie das sogar hingekriegt. Und was soll ich sagen – so locker hat sie selten auf mir gesessen! Wenn sie das jetzt noch mit Zügeln in der Hand hinkriegt, kann sie stolz auf sich sein. Auf mich und auf Frau Reitlehrerin aber auch, weil wir ihr das so nett erklären. 🙂

Sitzlonge ist aber auch deshalb toll, weil es gut für meine Beziehung zu Else ist. Faxe sagt, man muss sich zwischendurch auch mal rar machen, dann freuen sich die Mädels, wenn man wieder da ist.

Lesetipp: Petra von der Pferdeflüsterei hat ihrem Sitz die Unabhängigkeit erklärt. Lest mal rein!

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Die Frau hat’s schwer

Die Frau hat‘s mal wieder schwer. So richtig, richtig schwer. Und keiner versteht sie. Frau Reitlehrerin nicht, der Mann nicht und sowieso niemand auf der Welt.

Ich habe Glück – ich verstehe sie zwar auch nicht, aber mich findet sie niedlich. Deshalb ist sie in solchen Momenten besonders anschmiegsam. Ich mag sie ja auch und weiß genau, dass sie weiß, dass Liebe durch den Magen geht. Entsprechend viele Leckerlis bekomme ich auch 😉

Es fing (natürlich) wieder im Reitunterricht an. Frau Reitlehrerin stellte fest, dass die Frau im Schulterbereich total verspannt ein wenig fest war und schlug ihr vor, erstmal die Schultern kreisen zu lassen. Ich hätte ihr das ja schon früher gesagt, aber auf mich hört ja keiner. Die Frau kreist also munter drauflos. Ich bekomme in solchen Situationen immer den Zügel auf den Hals gelegt und wandere gemütlich auf dem Hufschlag außen rum. Erstens traut sich kein anderer Reiter in die Bahn, wenn die Frau reitet waren wir zufällig ganz allein in der Halle und zweitens wächst da manchmal was Essbares, was man unauffällig rupfen kann. Tannendeko von Weihnachten zum Beispiel. Oder auf dem Reitplatz Grasbüschel und lecker Hecke.

Die Frau kreist übrigens immer noch. Erst in eine Richtung, dann in die andere. Sieht lustig aus, wenn auch ein wenig verbissen. Jetzt soll sie ganz klitzekleine Kreise mit den Schultern machen und siehe da, allmählich kehrt Lockerheit in den Schultergürtel ein. Während ihre Ärmchen rotieren, schwingt sie bitterböse Reden. Das wäre alles so schwierig und sähe total lächerlich aus, täte auch irgendwie weh und ganz bestimmt gäbe es auch einen einfacheren Weg, den Frau Reitlehrerin ihr aber vorenthalten würde, damit sie, die Frau, sich hier zum Affen machen würde. Nicht, dass sie was gegen Affen hätte, aber ob diese ganze Turnerei wirklich nötig wäre? Andere würden nie turnen. Nie. Schon gar nicht auf dem Pferd.

Die wären aber auch locker, erwidert Frau Reitlehrerin ungerührt. Ob die Frau denn ihre Dehnübungen für die Hüftbeuger gemacht hätte? Die Knie müssten tiefer und das Bein insgesamt länger sein.

Ups, erwischt. Natürlich hat die Frau kein bißchen geübt, will das aber nicht zugeben. Sie behauptet, ihre Beine wären nicht zu verlängern. Sie wäre ausgewachsen und mehr käme da nicht.

Das lässt Frau Reitlehrerin nicht gelten und spricht stattdessen von einem entspannten Oberschenkel, der locker herunterhängt. Die Frau erfindet merkwürdige Hüftschmerzen, die sie vom Üben abgehalten hätten. Um aus dem unangenehmen Gespräch herauszukommen, streckt sie die Beine eifrig nach unten.

Ob das denn auch lockerer ginge, will Frau Reitlehrerin wissen. Die Frau verneint. Sie könnte ja nix dafür, dass das alles so schwierig wäre. Aber wenn ich bequemer wäre und freiwillig piaffieren würde, dann würde sie ganz bestimmt lockerer sitzen.

Ich gucke Frau Reitlehrerin an. Frau Reitlehrerin guckt die Frau an. Die guckt zurück. Also mich guckt sie ja schon die ganze Zeit an, weil sie den Kopf immer so hängen lässt, aber jetzt richtet sich tatsächlich zu ihrer vollen Größe von 1,61 m auf und guckt Frau Reitlehrerin an. Die guckt wieder mich an und wir beide haben den Verdacht, dass die Frau das eventuell ernst meint.

Wieso soll denn der Pfridolin piaffieren?, fragt Frau Reitlehrerin, nur leicht irritiert. Sie und ich, wir kennen die Frau und ihre lustigen Ideen ja schon länger und wissen, dass sie eigentlich trotzdem ok ist.

Pferdefreundlich & fein reiten *

Weil das toll wäre. Hach, Piaffe, seufzt die Frau so sehnsüchtig, so dass Frau Reitlehrerin ihr gar nicht böse sein kann. Sogar ich bin gerührt. Wenn man bedenkt, wie anstrengend Piaffe ist, spricht das ja wohl wirklich für mein gutes Herz. Für einen Moment habe ich sogar überlegt, mal kurz auf der Stelle zu trippeln, um meiner putzigen Besitzerin eine Freude zu machen. So hengstmäßig, mit weit gesenkter Hinterhand und stolzer Aufrichtung. Dann entscheide ich mich dagegen. Man soll die Menschen nicht verwöhnen, die wollen das dann immer, hat mir mein kluger Kumpel Faxe mal gesagt, und weil er den totalen Durchblick hat und (manchmal) Türen öffnen kann, glaube ich ihm.

Nach diesem emotionalen Moment schlucken wir alle kurz und Frau Reitlehrerin meint gerührt, dass sie das gut verstehen könnte. Piaffe würde sich wirklich genial anfühlen. Aber wenn die Frau sowas reiten wolle, müsste sie leider auch korrekt sitzen. Die schnieft und will sich absichern. Ob es denn beim Reitenlernen wirklich keine Abkürzung gäbe. Es wäre soo soo soo schwer und ihr Körper würde sich gegen sie verschwören.

Leider nicht, ist die Antwort. Wenn man reiten will, geht das nur über den korrekten Sitz. Und den kann ja nicht Frau Reitlehrerin von unten einnehmen, sondern die Frau muss das für sich selbst lösen. Jammern nützt da nix. Die Frau seufzt nochmal und behauptet, ab sofort würde sie wirklich IMMER ihre Gymnastikübungen machen. Und darauf achten, dass sie im Büro und überhaupt immer eine gute Haltung hat, damit ihr der aufrechte Gang und das alles irgendwann zur Gewohnheit wird.

Ich bin gespannt…

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Kopf hoch!

Wir haben die Weihnachtsquadrille hinter uns und was soll ich sagen – wir leben alle noch! Das liegt zum einen natürlich an Frau Reitlehrerins extrem autoritärer gewissenhafter Vorbereitung, zum anderen daran, dass Elses Reiterin, neben der wir uns die meiste Zeit aufhalten, gut leise schreien vorsagen kann und zum dritten daran, dass die Frau tatsächlich mal ihren Kopf hochgenommen und nach den anderen Pferden geguckt hat.

Sonst schaut sie ja immer ganz angestrengt nach unten – vermutlich, um nachzusehen, ob ich noch da bin. Ich finde das ja eigentlich niedlich von ihr. Praktisch ist es auch, weil ich ganz gern auf der Vorhand latsche und sie es mir damit noch einfacher macht.

Aber Frau Reitlehrerin ist aus irgendwelchen Gründen dagegen. Wegen dem Dressurreiten und der Gesundheit und der Lastaufnahme durch die Hinterhand. Von Lastaufnahme kann ich euch was erzählen – die Frau hat ganz schön zugenommen!

Zuerst hat sich die Frau noch damit rausgeredet, dass sie nach Geld sucht. Das wurde aber schnell unglaubwürdig, vor allem, weil sie nie was gefunden hat. Dann hat Frau Reitlehrerin diktatorisch verfügt, dass alles Geld, das während der Reitstunde im Reithallensand gefunden wird, ihr gehört. Das hat die Frau aber immer noch nicht dazu gebracht, ihr Köpfchen zu heben und gerade zu sitzen. Als nächstes hat sie behauptet, sie wäre total konzentriert. Der hängende Kopf wäre Ausdruck der Versunkenheit in das, was sie gerade tue. Alle großen Reitmeister würden so sitzen. Nuno Oliveira zum Beispiel. Wenn er noch leben würde. Frau Reitlehrerin erwidert, die Frau wolle sich doch jetzt nicht ernsthaft mit Herrn Oliveira vergleichen wollen? Neinnein, meint die. Das wäre ihr halt so aufgefallen. Wenn das bei Herrn Oliveira und den anderen Größen der Reiterei funktioniere, dann doch sicherlich auch bei ihr. Frau Reitlehrerin rauft sich innerlich die Haare und erklärt, dass es Künstler gäbe und Handwerker und Lehrlinge. So ein Künstler wäre so unglaublich genial in seiner Reiterei, dass ein Lehrling das gar nicht nachreiten könne. Das liege in der Natur der Sache. Man solle doch vernünftigerweise erst einmal das Reiten lernen und dann Künstler werden. Sprich: Gerade sitzen und gucken, dass man aus dem Sitz heraus reitet. Mit sauberen Gewichtsverlagerungen und ohne Verdrehen oder Einknicken in der Hüfte.

Mein bester Freund Faxe sagt, jeder Reiter hätte seinen Lieblingssitzfehler, aber ich glaube, die Frau ist in der Hinsicht begabt. Die kann nämlich alle kombinieren. Das ist praktisch, weil man sich so nicht entscheiden muss. Da sieht man mal wieder: Jeder kann was, sogar die Frau 😉 Auf jeden Fall guckt sie konsequent nach unten und hat sich bisher durch nichts davon abbringen lassen. Dass das fürs Quadrillereiten nicht unbedingt von Vorteil ist, könnt ihr euch denken.

Dann ist aber etwas passiert, was ihren Sitz radikal verbessert und mich traumatisiert hat. Bitte macht sowas nicht nach! Ich hatte nämlich bis gestern noch eine Frisur. Eigentlich bis genau gestern Mittag. Kurz vor der Quadrille stand die Frau neben mir und verkündete, meine Mähne wäre schandbar lang und sie wollte sich nicht mit so einem ungepflegten Zotteltier blamieren. Hallo, das waren höchstens 15 Zentimeter! Egal. Beherzt schwang sie die Schere und zickzackte drauflos. Ich weiß ja immer schon, was kommt. Nämlich: „Huch, das ist aber schief!“ Schnipp, schnapp. „Huch, das ist aber kurz. Nur noch ein kleines Fitzelchen, dann sieht es nicht mehr so schief aus.“ Schnipp, schnapp. „Huch.“ Kurze Pause. „Na, das wächst ja wieder nach.“

Tja, und seitdem guckt sie beim Reiten nicht mehr nach unten und mein ohnehin nur schwach ausgeprägtes Liebesleben ist mal wieder ruiniert. Else, mit der ich eigentlich schon ganz romantische Gespräche geführt hatte, hat bei der Quadrille die ganze Zeit über gekichert 🙁 und die Frau hat sich zum ersten und einzigen Mal nicht verritten, weil sie nämlich immer schön nach ihrer Quadrillenpartnerin und den anderen Reitern geguckt hat.

Möchte vielleicht irgendjemand die Frau adoptieren? Sie isst ziemlich viel und man darf ihr keine Schere in die Hand geben, aber ansonsten ist sie harmlos.

Erst der Kamm und dann das Herz

Else und ich haben ja mittlerweile Gefallen an diesem Quadrilledingsda gefunden. Zum einen hat das totalen Event-Charakter – Musik! Viele Pferde! Viele Menschen! Große Verwirrung! – und zum anderen sind die ungewohnten Figuren eine nette Abwechslung zu dem langweiligen Kringelreiten, das üblicherweise im Winter stattfindet.

Else entwickelt sich zu einem regelrechten kleinen Sonnenschein. Das erkennt man daran, dass sie mich nur noch ganz selten zwicken will und ihre Hinterbeine meistens bei sich behält. Frauen sind ja oft rätselhaft und schwer zu durchschauen, aber bei Else ist es relativ einfach 🙂 Dass es mir gefällt, erkennt man am Gesichtsausdruck und dem weihnachtlichen Glanz in meinen Augen. Und natürlich an den Freudensprüngen zwischendurch.

Die Frau findet Quadrillereiten auch toll. Jedenfalls meistens. Nämlich immer dann, wenn ich gerade nicht herumhüpfe und wenn ihr Elses Reiterin vorgesagt hat, was sie als nächstes tun muss. Dann freut sie sich. Frau Reitlehrerin freut sich auch. Ich glaube, am glücklichsten ist sie darüber, dass Elses Reiterin – als Einzige, glaube ich – den Durchblick hat und allen anderen vorsagt, was sie tun müssen, so dass Frau Reitlehrerin nicht in einem wilden Durcheinander unter die Hufe kommt und mit einem weißen Taschentuch wedeln muss. Das ist im letzten Jahr aber nicht so oft fast gar nicht vorgekommen.

Wir sind jetzt auch zu einer weiteren Figur vorgedrungen. Nach dem Kamm haben wir das Herz ins Programm aufgenommen. Faxe meint, es wäre total romantisch. Ich übersetze das damit, dass diese Figur die einzige ist, bei der er auch mal die Chance hat, seiner Quadrillenpartnerin in die Augen zu gucken 🙂 Lotta ist nämlich ansonsten einfach zu schnell für ihn nicht vom Geist der Weihnacht beseelt und wartet gewöhnlich nicht auf ihn. Faxe meint, er wäre auch vertikal benachteiligt, weil Lotta die längeren Beine hat.

Aber zurück zum Herz. Dabei reitet man auf der Mittellinie paarweise nebeneinander her (Romantisch! Wenn man nicht Faxe heißt und seiner Partnerin hinterherschnaufen muss.) und macht auf ein Kommando eine Kehrtvolte, und zwar das rechte Pferd nach rechts und das linke Pferd nach links. Gleichzeitig. Die Kehrtvolte führt zurück zur Mittellinie, wo man sich mit seinem Quadrillenpartner wiedertrifft. Das heißt, das letzte Quadrillenpaar führt jetzt die Quadrille an. Dann reitet man geradeaus weiter, meistens zurück zur kurzen Seite, und teilt sich dann wieder auf.

Was dabei alles schiefgehen kann:
1. Beide Reiter machen eine Kehrtvolte nach rechts.
2. Beide Reiter machen eine Kehrtvolte nach links.
3. Beide trennen sich vorschriftsmäßig und machen die Kehrtvolten in die richtige Richtung, reiten die Wendung aber nicht gleich groß.
4. Sie kriegen es so wie oben hin, treffen sich aber nicht auf der Mittellinie, weil die Frau wieder auf meinen Hals runtergeguckt hat anstatt zu schauen, wo Else gerade ist.
5. Es gibt einen Stau, weil Faxe auf der Mittellinie stehen bleibt, um zu äppeln.

Es wird natürlich nicht einfacher, wenn- so wie bei der Frau – eine Rechts-Links-Schwäche dazukommt. Manchmal klappt es aber doch, und dann freuen sich alle. Das Schöne bei so einer Quadrille ist ja auch, dass die Zuschauer gar nicht so genau wissen, welche Figuren wann an der Reihe sind, da kann man prima pfuschen. Also soweit alles im grünen Bereich.

Jetzt wird es aber langsam doch ernst und die Frau muss sich in die weiße Reithose zwängen, die letztes Jahr noch gepasst hat. Wenn sie ehrlich ist, war die Hose eigentlich schon letztes Jahr ein bisschen eng, aber wenigstens ging der Reißverschluss noch zu. Die Stoffe sind ja ziemlich elastisch 😉

Ich sag ja schon länger, dass sie Diät machen muss und ein Heunetz braucht, aber mir glaubt ja keiner. Wahrscheinlich wird das wieder so ein Last-Minute-Abstecher ins Reitsportgeschäft. Ist ja ein Notfall. Komischerweise ist die Frau nie die Einzige, die dort „ganz schnell“ und „mal eben“ auf den letzten Drücker was einkaufen will. Und blöderweise hat man auch bei den Reithosen die Schnitte oder die Größen oder was weiß ich geändert, so dass sie mehrfach hektisch und leicht bekleidet zwischen den Regalen und der Umkleidekabine hin- und herlaufen muss. Sowas würde sie aber nie erzählen. Sowas erzählt immer nur der Mann, der sie bei solchen Aktionen dadurch unterstützt, dass er gemütlich in einer Ecke sitzt und Kaffee trinkt. Und er erzählt es auch nicht auf der Stallgasse rum, sondern nur mir. Weil wir nämlich Kumpels sind.

So, und jetzt sag ich Else, dass ich mir zu Weihnachten Liebe wünsche. Ich bin gespannt, obs klappt 🙂

Neues vom Fest der Liebe

Woanders ist ja auch Advent, zum Beispiel bei Claudia Scheler. Claudias Blog steht unter dem Motto „Ein Leben ohne Hund und Pferd geht, ist aber sinnlos“. Ich finde das nachvollziehbar 🙂 Noch dazu heisst ihr Pferd Keks, was ihn mir doppelt sympathisch macht. In ihrem Adventskalender darf ich auch ungestraft über die Frau und ihre Frisierkünste lästern. Claudia ist nett, oder? Und das hier hab ich für sie geschrieben:

Bald ist Weihnachten! Woher ich das weiß? Zum einen hat die Frau überall herumerzählt, wie lang sie in ihrem häuslichen Chaos beziehungsweise in ihrer ganz persönlichen Ordnung nach der rotweißen Schabracke mit den passenden Bandagen gesucht hätte und wie traurig sie wäre, dass sie das Rentiergeweih aus Filz nicht mehr finden würde. Das mit der Unordnung hat sie natürlich anders erzählt, aber ich kenn doch meine Besitzerin. So schusselig und unordentlich wie die ist, wundert es mich ehrlich gesagt jeden Tag, dass sie MICH wiederfindet. Um das Rentiergeweih ist es im Übrigen nicht schade, damit habe ich mich letztes Jahr unsterblich bei den anderen Pferden blamiert. Daher habe ich ihr auch nicht verraten, an wen sie es verliehen hat. Sie traut sich anscheinend auch nicht, ein neues zu kaufen, weil der Mann einen diesbezüglichen Sparkurs angeordnet hat. Anscheinend sitzt er ihr gegenüber manchmal am längeren Hebel, weil er gut kochen kann.

Zum anderen üben wir für die Weihnachtsquadrille. Ein nicht sehr subtiler Hinweis auf die bevorstehenden Festivitäten, oder? Natürlich hat Frau Reitlehrerin wie jedes Jahr alle Pferde und die zugehörigen Reiter zu rot-weißer Bekleidung vergattert.

Nicht, dass ich so wild darauf wäre, rot-weiße Sachen zu tragen, aber es ist doch eine erhebliche Verbesserung gegenüber den Rosa-, Pink- oder Berry-Tönen, zu denen mich meine Besitzerin sonst nötigt. Immer, wenn ich höre „Der Pfridolin kann doch alles tragen!“, weiß ich genau, dass dem als nächstes ein Farbrausch sondergleichen folgt. Ich weiß gar nicht, was die Frau sich dabei denkt – ich als Regenbogenpony. Dabei bin ich fast ein Hengst! Kein Wunder, dass mein Image in der Herde leidet.

Mein bester Freund Faxe sagt, Weihnachten könnte man sich etwas wünschen, und manchmal würde es auch in Erfüllung gehen. Faxe ist ein Tinker und sehr weise, man kann ihm das also glauben. Ich habe beschlossen, mir zum Fest der Liebe eine Freundin zu wünschen. Oder zumindest den Hauch eines Liebeslebens. Ich habe nämlich keines. Das liegt meiner Meinung nach nur an der weihnachtlichen Zackenfrisur, in die die Frau meine Mähne verwandelt hat.

Getreu dem Motto „Nach dem Fest ist vor dem Fest“ trage ich das ganze Jahr über ungewöhnliche Frisuren, die kaschieren sollen, dass die Frau nicht geradeaus gucken kann. Gleichzeitig ist sie aber eine unverbesserliche Optimistin und gibt die Hoffnung, dass es beim nächsten Mal klappen könnte, nicht auf. Faxe meint, Reiter müssen so sein.

Aber muss ich denn unbedingt eine kurze, schief geschnittene Mähne tragen, nur weil das irgendwie sportlich aussieht? Ich weiß ja nicht. Wenn es wenigstens den Mädels gefallen würde. Oder so dermaßen mitleidenderregend aussähe, dass ich mich vor ihrem Mitgefühl nicht retten könnte. Aber es ist halt nur mittelscheußlich bis lächerlich.
Es gab mal eine Zeit, in der mich meine Ex-Freundin Else attraktiv fand. Da war es allerdings dunkel. Und meine bezaubernde andere Ex-Freundin Stuti hatte so ein großes Herz, dass sie noch nicht einmal im Hellen über meinen Stufenschnitt gelacht hat. Dann hat sie leider herausgefunden, dass ich noch eine zweite Freundin habe und ich war wieder Single.

Deshalb wünsch ich mir vom Weihnachtsmann, dass Stuti oder Else wieder Herzchen in den Pupillen haben, sobald sie mich sehen. Faxe ist eher praktisch veranlagt und wünscht sich ein All-you-can-eat-Buffet, aber das haben wir ja eigentlich jeden Tag auf dem Paddock. Trotzdem ein guter Wunsch! Die Frau wünscht sich auch was, und zwar, alles essen zu können, ohne zuzunehmen. Und das am liebsten rückwirkend. Sie versucht nämlich gerade, sich für die Generalprobe der Weihnachtsquadrille in die weiße Reithose reinzuzwängen, die letztes Jahr noch gepasst hat. Das scheint nicht einfach zu sein. Aber wenn bei den Proben alles schief geht (und das ist es!), geht Weihnachten alles gut und Pferde und Menschen haben eine schöne Zeit.

Und genau das wünsche ich euch allen: eine schöne Zeit. Lasst es euch gut gehen, habt euch lieb und helft denen, denen es nicht so gut geht.

Ganz viel Liebe und ein wunderbares Weihnachten wünscht euch
Euer Pfridolin

P.S.: Und schaut mal in Claudias Blog rein, es lohnt sich!