Die Frau hat Schultern und andere Gelenke

Ein schwarzes Pferd mit offenem Maul. Es sieht aus, als würde es lachen.

Neulich im Reitunterricht hat Frau Reitlehrerin so locker und nebenbei, wie das ihre Art ist, zur Frau gesagt, sie sollte doch mal ihre Schultern lockern. Die Frau, wie immer pampig diskussionsfreudig bis zur Schmerzgrenze: „Wieso? Die sind locker.“
„Nee, sind sie nicht. Du bist fest im Schultergürtel.“
„Gar nicht.“
„Doch. Und deshalb bist du auch nicht locker genug in den Armen und störst den Pfridolin im Maul.“
„Das ist nur, weil der so unbequem ist. Und auch gar nicht durchlässig“, fällt der Frau die rettende Ausrede ein.

Frau Reitlehrerin lässt sich durch sowas aber gar nicht irritieren, sondern weist darauf hin, dass ich mich möglicherweise gerade deshalb festmache. Feinste Impulse durchlassen, wenn man so grobmotorisch mit dem Zügel belästigt wird – no way! Dazu ist das Ganze denn doch zu unangenehm. Aber Frau Reitlehrerin hat eine Lösung: Die Frau soll doch bitte mal die Schultern kreisen lassen.

Will sie natürlich nicht. Mit der fadenscheinigen Begründung, sie wollte sich doch nicht komplett zum Affen machen. Dann hätte sie wohl besser nicht mit dem Reiten anfangen sollen, oder? 😉 Frau Reitlehrerin und ich warten.
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Die Frau singt und trabt

Eine Gruppe Reiter bei einem Ausritt

Unsere Ausritte haben sich verändert. Das ist gut, weil wir jetzt öfter rausgehen. Es ist aber auch schlecht, weil Frau Reitlehrerin letztens die tolle Idee hatte, die Frau in unheimlichen Situationen singen zu lassen. Singen wäre nämlich total gut für die Atmung und die Entspannung und vor allem super gegen Angst. Leider hat sie dabei übersehen, dass die Frau zwar laut und gern, aber auch furchtbar falsch singt. Und sich außerdem keine Texte merken kann.

Unheimliche Situationen sind übrigens alle, in denen sich irgendwas bewegt oder komisch anhört.

Mit anderen Worten: Die Frau singt dauernd, und zwar ausgerechnet „Trippel, trappel, Pony“. Wer es nicht kennt, kann sich die nervenzerfetzende Melodie hier anhören. Im Text kommt sie allerdings nie weiter als „Trippel, trappel, trippel, trappel, Pony!“ Da kann das Zuhören auf die Dauer schon anstrengend werden. Glücklicherweise hört sie zwischendurch auch mal auf zu singen, und zwar immer dann, wenn ich trabe. Dann quietscht sie.
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Ausritt mit Tinker

Ein schwarzes Pferd mit offenem Maul. Es sieht aus, als würde es lachen.

Letztens war es wieder soweit – der Regen hatte eine längere Pause eingelegt und die Sonne schien so warm, dass der Frau doch glatt die Argumente ausgingen, weshalb sie angeblich gerade nicht ausreiten könnte. Sie ist ja weder nervenstark noch wetterfest, obwohl sie gern das Gegenteil behauptet. Typischerweise laufen diese Gespräche so ab:
Befreundete Reiterin: „Sollen wir ausreiten?“
„Würd ich total gern, aber dahinten sieht‘s nach Regen aus.“
„Das ist ein klitzekleines weißes Wölkchen am ansonsten knallblauen Himmel.“
„Ja eben.“ Angestrengte Suche nach einem weiteren Hinderungsgrund. „Außerdem müssen wir üben, wir haben in einer Woche wieder Reitunterricht.“
„Oh, aha. Wie oft hast du denn Unterricht?“
„Einmal pro Woche.“
„Dann hattest du also … gestern Unterricht?“
„Jaja, wir müssen viel üben. Zirkel reiten und so. Und vorwärts gehen. Der Pfridolin ist so faul.“
„Oh, aha. Wird das denn besser, wenn man nur Zirkel reitet?“
„Komischerweise nicht.“
„Vielleicht dann doch mal ein kleines Ründchen durchs Gelände…? Wegen der Abwechslung und so?“
„Ich weiß nicht, da sind doch bestimmt ganz viele Trecker unterwegs.“
„Die Ernte ist vorbei und die Felder sind gepflügt.“
„Die Bauern fahren doch auch schon zum Mal zum Spaß Trecker.“
„Ach so?“
„Ja echt. Die tun das nur, um mich zu ärgern.“
„Schon klar. Wusste gar nicht, dass du Angst vor Treckern hast?“
„Ich doch nicht!!! Der Pfridolin ist immer so unsicher im Gelände.“
„Vielleicht fehlt ihm die Erfahrung?“
„Dem fehlt gar nix, der geht ja immer mit dem Mann raus.“
„Hat er da auch Angst vor Treckern?“
„Was ist denn das für eine blöde Frage? Und überhaupt muss ich jetzt ganz dringend mein Sattelzeug putzen.“
„Kein Problem, wir können auch danach noch ausreiten. Nimmst du halt den Lutschi, der ist ne coole Socke.“
„ICH hab überhaupt keine Angst, dass das mal klar ist.“
Später dann: „Na, ist der Sattel sauber? Können wir?“
„Schon, aber du, das mit dem Ausreiten verschieben wir lieber. Es wird ja bald dunkel, in fünf Stunden schon, dann ist das zu gefährlich.“
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Hand ohne Beine, Beine ohne Hand

Ein attraktives dunkelbraunes Pferd im Profil

Das sagt Frau Reitlehrerin immer zur Frau, wenn die gleichzeitig am Zügel zieht und treibt. Das sagte aber auch schon François Baucher. Den Herrn Baucher kennt vielleicht nicht jeder, die Frau aber schon. Oder etwa nicht? Die Frau ist meine Besitzerin, die eigentlich Piaffe und Passage reiten will, aber mit schöner Regelmäßigkeit schon an den Basics scheitert. Im Moment versucht Frau Reitlehrerin ihr zu erklären, dass es nicht funktioniert, wenn man gleichzeitig Gas gibt und bremst.

Die Frau meint, das hätte sie immer schon so gemacht. Man müsste doch das Pferd durch das Gebiss hindurchtreiben. Gegenhalten wäre dabei wichtig, aber das wüsste Frau Reitlehrerin ja schließlich selbst.

Ich bin ja hier nur das Pferd, aber ich finde, das hört sich komisch an. Oder? Es macht eigentlich auch keinen Spaß, wenn man dauernd vorwärts gescheucht wird und einem die Frau gleichzeitig mit ihrer kleinen Eisenfaust im Gebiss hängt. Außerdem finde ich es sehr mutig, sich gleich zu Beginn der Reitstunde mit Frau Reitlehrerin anzulegen. Aber umso besser für mich, denn wenn Frau Reitlehrerin was erklärt, darf ich rumstehen und Pause machen.

Was Frau Reitlehrerin erklärt und wer denn nun der Herr Baucher ist, findest du hier bei der Pferdeflüsterei. Für die hab ich nämlich einen Gastbeitrag geschrieben.
Wie so’n Popstar 🙂

Traversälchen

Der Mann auf Faxe. Beide gucken entspannt.

Die Frau fragt den Mann ja nicht mehr, was er im Reitunterricht so alles macht. Zu groß war die Schmach, als sie beim letzten Mal herausgefunden hat, dass er Renvers und dergleichen reitet, ohne überhaupt zu ahnen, was das für eine Kunst ist und wie lang die Frau schon versucht, ähnlich vorzeigbare Seitengänge zustande zu bringen und wie glühend sie ihn darum beneidet.

Nein, fragen tut sie nicht mehr. Zugucken beim Unterricht auch nicht. Die Blöße gibt sie sie sich nicht. Das wäre ja auch peinlich, wenn man einerseits so cool tut und sich dann beim Hinterherspionieren erwischen lässt. Aber die Neugier bringt sie um. Alle machen geheimnisvolle Andeutungen darüber, wie toll der Mann doch reiten würde und was er in der kurzen Zeit schon alles gelernt hätte, sogar Frau Reitlehrerin.

Das sähe richtig gut aus, freut die sich.

Die Frau macht ein ganz spitzes Mündchen. So?

Ob denn die Frau bei der letzten Reitstunde zugeguckt hätte, fragt Frau Reitlehrerin. Nicht? Der Mann wäre ein echtes Naturtalent. Sooo ein langes Bein! Und wie locker er sitzen würde.

Die Frau guckt sparsam.

Ja, macht Frau Reitlehrerin weiter. Und die Seitengänge erst! Er würde zwar immer Schulterherein mit Travers verwechseln, aber das, was er sich vorstellen würde, könnte er sehr korrekt reiten. Jetzt wäre man sogar schon bei den Traversälchen angekommen.

Traversälchen? fragt die Frau entgeistert.

Jaja, Traversälchen. Der Mann würde das so locker und spielerisch reiten, das wäre wirklich hübsch anzuschauen.

Und das aus dem Mund der überaus kritischen Frau Reitlehrerin, die für gewöhnlich mit gar nix zufrieden ist, was die Frau reitet. Die Frau holt empört Luft.

*

Frau Reitlehrerin redet unbeirrt weiter: Und Faxe erst! Wer hätte gedacht, dass aus Faxe mal ein Dressur-Tinker würde! Zuerst hätte sie sich ja schon gefreut, als sich das Energiesparpony überhaupt erstmal wie ein Reitpferd bewegt hätte, und jetzt wäre er sogar ein richtiger Dressur-Tinker.

An dieser Stelle des Gesprächs bekommt Faxe, der gemeinsam mit mir das Gespräch belauscht, einen eigenartigen Gesichtsausdruck. Ich auch. Mein bester Kumpel mutiert zur Ballett-Elfe! Ehrlich gesagt fand ich Faxes Benehmen in letzter Zeit schon ziemlich streberhaft, aber andererseits macht es auch Spaß, mit dem Mann unterwegs zu sein. Ich weiß das, denn er begleitet mich ins Gelände, wenn die Frau mal wieder die Hosen voll hat, also oft, und unsere Ausritte sind legendär 😉 Aber trotzdem. Ich hätte nie damit gerechnet, dass mein flauschiger Freund mal ein Traversalenturner wird. Wo doch jeder weiß, wie anstrengend das ist!

Die Frau hat sicher auch nicht gedacht, dass aus Faxe mal ein Dressurcrack wird, denn sonst hätte sie sich das viele Geld für den Lutschi sparen können und einfach Faxe mitreiten können, der ja jetzt anscheinend ganz nebenbei vom Mann ausgebildet wird. Das ist übrigens derselbe Mann, der eigentlich nur ausreiten wollte, bis er auf mysteriöse Weise Gefallen am Dressurreiten gefunden hat. Er selbst meinte mal zur Frau, das wäre wie beim Autofahren – mit Servolenkung würde es einfach mehr Spaß machen.

Aber nicht nur Faxe guckt komisch, wenn Frau Reitlehrerin über die Reitstunden mit dem Mann spricht. Auch die Frau kriegt so ein merkwürdiges Zucken, und bei ihr liegt es ganz sicher nicht an den Fliegen.

Traversälchen, fragt sie noch mal. Nur um sicherzugehen, dass sie sich nicht verhört hat.

Wahrscheinlich erinnert sie sich gerade an das letzte Mal, als sie sowas versucht hat und mich übereilt und mit krumm gezogenem Hals quer über den Reitplatz getriezt hat. Das war übrigens die Reitstunde, in der Frau Reitlehrerin ihr erklärt hat, dass die äußere Hüfte keineswegs dadurch nach hinten – unten kommt, indem man das innere Bein steif nach vorne wegstreckt.

Jaja, Traversälchen. Und dabei reitet er noch gar nicht lange, fügt Frau Reitlehrerin versonnen hinzu. Vielleicht bildet er dir ja den Lutschi aus, wenn du ihn lieb fragst.

Und das war der Punkt, an dem die Frau mal wieder darüber nachgedacht hat, ob Minigolf nicht doch eine Alternative zum Reiten sein könnte. Ich wusste übrigens gar nicht, dass Frau Reitlehrerin so einen großartigen Sinn für Humor hat.

Lesetipp zum Thema verbissener Ehrgeiz: Perfektionierst du noch oder lebst du schon?
Und der hier: Typisch Frau? Warum du nicht zu viel denken solltest mit Pferden

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Die Frau atmet

Ein Pferd hält seine Nase direkt vor das Objektiv.

Die Frau atmet. Oder auch nicht – je nach Stimmung, Wetterlage oder Aktivität. Sofern man bei der Frau von zielgerichteten Tätigkeiten sprechen kann 😉 Ich finde sie wirklich niedlich, aber manchmal ist sie ganz schön konfus.

Bei vielen Dingen kann sie locker durchatmen, zum Beispiel beim Ausmisten ohne Fluchen, beim Ausmisten mit Fluchen, beim Abäppeln ohne Schubkarre umschubsen, beim Abäppeln mit Schubkarre umschubsen – um nur ein paar zu nennen. Stallgasse fegen und Pferde putzen scheint auch unproblematisch zu sein, aber sobald es ans Reiten geht und sich Frau Reitlehrerin in ihrem Blickfeld manifestiert (Merke: Frau Reitlehrerin ist überall und sieht ALLES!), hört‘s auf und sie fängt an, hektisch zu schnaufen. Lustig, nicht? Als ob das beim Reiten helfen würde.

Tut es natürlich nicht. Das einzige, was passiert, ist, dass ich mich ebenfalls verspanne und an ihren merkwürdigen Atemrhythmus anpasse. Der Lutschi hat das mit dem Luftanhalten auch schon erlebt, aber weil der so ein Unschuldslamm ist, hat er sich nix dabei gedacht. Er denkt ja generell nicht ganz so viel wie ich.

Meistens hört sie ja auf zu atmen, wenn was nicht klappt (also oft), aber letztens haben wir aus Versehen ein richtig tolles Schulterherein hinbekommen. Als die Frau das gemerkt hat, hat sie vor lauter Begeisterung die Luft angehalten – ich glaube, um zu demonstrieren, dass sie unabhängig und flexibel ist und in jeder Situation falsch atmen kann 😉

Frau Reitlehrerin weiß natürlich auch, dass die Frau ein flexibler Minimal-Atmer ist. Neben „Locker bleiben!“ ist „Atmen!“ das häufigste Kommando im Reitunterricht. Als der Mann das das erste Mal mitbekommen hat, dachte er, er müsste Mund-zu-Mund-Beatmung machen. Fand die Frau nicht lustig. Ich hab aber trotzdem gelacht.

*

Frau Reitlehrerin und ich machen ja auch immer diese bewusstseinserweiternden Übungen, bei denen ich im Schritt außenrum herumschlurfe und ein kleines Nickerchen mache, während die Frau ihre diversen Körperteile entspannt wahrnehmen soll. Die will bekanntlich Piaffe reiten und hält nichts von Entspannungs- und Wahrnehmungsübungen, weil das total doof und uncool ausieht. Frau Reitlehrerin findet das nicht. Sie meint, das sähe gut aus, nach Entspannung nämlich. Die Frau säße viel lockerer auf mir drauf als sonst. Ob es sich denn auch lockerer anfühle? Ja schon. Aber trotzdem. Sie wolle doch Piaffe reiten und nicht auf dem Pferd meditieren. Frau Reitlehrerin erklärt, dass gleichmäßiges Atmen auch zu den Basics gehört, ohne die nix funktioniert. Die Frau schnauft traurig. Siehst du, jubelt Frau Reitlehrerin. Durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen!

Das ist nämlich die aktuelle Lieblingsübung von Frau Reitlehrerin: Durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen. Hört sich nach nix an, bringt aber total viel. Der Unterkiefer entspannt sich (meiner auch), man wird total locker (ich auch) und kann prima aussitzen (nur die Frau). Das gefällt der Frau. Was ihr nicht gefällt, ist, dass sie jetzt ständig Fliegen im Mund hat.

Ich glaube aber nicht, dass das vom Atmen kommt, sondern vom ständigen Rumstehen und Diskutieren mit Frau Reitlehrerin 😉

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Die Frau macht Hula-Hoop

Ein schwarzes Pferd mit offenem Maul. Es sieht aus, als würde es lachen.

Die Frau ist ja eher so’n Steifftier. Damit sie wenigstens ein klein bisschen Gefühl für ihre Kehrseite bekommt (und besser damit denken lernt), macht Frau Reitlehrerin mit ihr Sitzübungen. Ich bin wie immer unersetzlich und muss sie dabei rumschleppen, weil der Lutschi noch zu unreif für so wichtige Aufgaben ist.

Als erstes kommt die Zifferblattübung. Sie soll sich vorstellen, sie würde mitten auf einem Zifferblatt sitzen und soll dann das Becken auf die 12 kippen oder auf die 3 oder die 6. Manchmal wird auch gekreist, immer ringsum. In der Zeit hab ich frei und kann an Stuti denken. Das ist also ziemlich ok.

Natürlich hat die Frau hieran was zu meckern. Wie könnte es auch anders sein ^^. Ihre Beschwerden zielen hauptsächlich darauf ab, dass sie mir meine Freizeit mißgönnt und denkt, die Bewegungsanteile wären ungleich verteilt. Außerdem meint sie (völlig zu Recht), sie sähe blöd aus, wenn sie die Hüften so schwingt. Zitat: Wie eine Samba-Tänzerin mit Bauchschmerzen. Da muss sogar Frau Reitlehrerin lachen. Das hilft der Frau aber nicht, sie muss weiter Tschakka-Lakka mit dem dicken Hintern machen ihr Becken mobilisieren.

Die Frau findet das doof und will mit Frau Reitlehrerin diskutieren. Das tut sie ja oft, wenn irgendwas nicht klappt – also eigentlich ständig. Wozu das denn überhaupt gut wäre. Sie würde reiten wollen und sich nicht hüftenschwingend lächerlich machen. Piaffe, Passage und solche Dinge. Oder Garrocha!

Frau Reitlehrerin erklärt zum fünfundachtzigtausendsten Mal – aber immer noch sehr geduldig, wie ich finde –, dass richtiges Reiten halt nur aus einem korrekten Sitz heraus funktionieren würde. Der Sitz wäre die Basis für alles andere. Die Frau nörgelt, das würde sich aber ganz schön ziehen. Sie würde bestimmt schon seit einem Jahr ganz viel auf mir rumturnen, wann denn nun endlich der korrekte Sitz da wäre? Das wäre ein Dauerprojekt, erwidert Frau Reitlehrerin. Am Sitz müsste man immer arbeiten. Auch die Profis? fragt die Frau bang. Auch die Profis, nickt Frau Reitlehrerin.

Seufzend fügt sich die Frau ins Unvermeidliche und fragt, ob sie denn außer Reiten noch etwas tun könnte, um lockerer zu werden. Klar, meint Frau Reitlehrerin. Wie wäre es denn mit Hula Hoop? Die Frau kichert, Hula Hoop hätte sie als Kind viel gemacht. Das wär ja total einfach! Na dann, lächelt Frau Reitlehrerin und stellt reiterliche Erfolge in Aussicht. Die Frau hat Blut geleckt und kauft sich bei nächster Gelegenheit so ein Gerät.

In der nächsten Reitstunde hat sie sich dann darüber beschwert, dass die heutigen Hula-Hoop-Reifen alle nix taugen würden. Die würden ja dauernd runterfallen. Der Plan wäre eigentlich gewesen, den Reifen gefühlte Ewigkeiten um ihre biegsamen Hüften tanzen zu lassen und nicht, sich dauernd zu bücken. Unverschämtheit, sowas.

Frau Reitlehrerin sagt dazu erstmal nix und wartet ab, ob die Frau vielleicht auch alleine darauf kommt, dass sie als Kind lockerer war als heute, wo sie ein mittelalterliches Steifftier ist. Und ich freu mich schon darauf, dass sie das quietschbunte Ding demnächst in den Stall mitbringt und mit dem Lutschi Halsringreiten macht. Für was anderes würde es ja nach ihrer Ansicht nicht taugen. Ich habe glücklicherweise einen eigenen Halsring, und zwar in dezenter Farbgebung, aber zum Lutschi passt der pinke Plastikreifen perfekt.
Barbie-Pony 😉

Die Sache mit dem Fokus

Ein Porträt von Pfridolin Pferd

„Die Frau“ und „konzentriert“, das ist eine von diesen unmöglichen Wortkombinationen. So wie „Pony“ und „satt“ oder „Schimmel“ und „sauber“ 🙂

Die Frau denkt an so viele Sachen gleichzeitig, dass ihr dabei immer irgendwas aus dem – nennen wir es mal Gehirn – herausfällt. Wahrscheinlich kullert es seitlich aus den Ohren heraus. Ist halt blöd, wenn die Ohren so eine unpraktische Form haben und so tief am Kopf befestigt sind.

Angeblich sind Frauen ja multitaskingfähig, so wie wir Pferde. Sie können also theoretisch gleichzeitig essen und atmen und nebenbei noch ihre Sozialkontakte organisieren. Die Frau hat sogar mal behauptet, sie wäre zusätzlich noch in der Lage, zu lesen und irgendwas im Internet zu machen. Wobei das wahrscheinlich gelogen stark übertrieben ist. So, wie ich sie kenne, ist sie froh, wenn sie das richtige Pferd in die richtige Box gestellt und nicht allzu viele Zubehörteile (Trensen, Hufkratzer, Reitgerten) in der Landschaft verstreut hat. Sprechen tut sie dabei auch. Viel. Und verpeilt hin- und herlaufen. Da will man die Latte in Sachen „sonstige Denkaktivität“ ja nicht zu hoch hängen 🙂

Natürlich ist beim Reiten in ihrem Kopf ein genauso großes Durcheinander. Zum Beispiel beim Rückwärtsrichten. Es fängt damit an, dass ich irgendwo rumstehe und sie sich in den Kopf setzt, mich jetzt sofort rückwärtsgehen zu lassen. Sie fängt also an, an den Zügeln zu rupfen, weil sie sich gemerkt hat:„Rückwärts, nicht vorwärts! Da muss man doch sicher was mit der Hand machen!“ Zweiter Gedanke, etwas später: „Verdammt, ich hab die einleitende halbe Parade vergessen. Also schnell groß machen und doll einatmen.“

Folgende Gedanken kommen außerdem, ungefähr gleichzeitig:
– Ach ja, rückwärts muss man reiten. Also vorsichtshalber doch mal treiben und nicht nur am Zügel ziehen.
– Ich muss irgendwie locker bleiben. Wenn ich mich entspanne, seh ich aber dick aus.
– Flüssiges rückwärts ist was anderes. Gleich meckert Frau Reitlehrerin wieder. Ich treib mal doller.
– Hab ich eigentlich mein Auto abgeschlossen?
– Mist, schief. Wie krieg ich das denn korrigiert? Ich nehm halt mal die Gerte dazu.
– Muss ich nicht auch irgendwas mit meinem Sitz machen?
– Mit dem Lutschi geht das bestimmt einfacher, der ist nicht so eigensinnig.
– Frau Reitlehrerin guckt so komisch. Was hat sie nur?
– Hab ich einen Hunger. Was es wohl gleich zu essen gibt?
– Könnte der Pfridolin wohl mal ENDLICH einen schönen diagonalen Tritt machen? Nur einen?
– Boah, ist das heiß/kalt/hell/dunkel hier.
– UND dabei leicht im Genick bleiben?
– Ich hätte so gern braune Reitstiefel.
– Der will mich doch ärgern, oder? Der weiß doch genau, was er tun soll.
– Aus ganz weichem Leder.

Gewöhnlich hört es auf mit „Oje, das gibt Mecker von Frau Reitlehrerin.“ Und zwar zu Recht. Frau Reitlehrerin hat für gewöhnlich einiges zum Rückwärtsrichten der Frau anzumerken, und das wenigste davon gefällt ihr 😉

Meistens will sie zurückdiskutieren, aber dann ist ihr einmal etwas passiert, was sie sehr nachdenklich gemacht hat. Sie hat aus Versehen ein wirklich tolles, flüssiges Rückwärtrichten am durchhängenden Zügel zustande gebracht. Also eigentlich hab ich das ja gemacht, aber sie hat tatsächlich zum ersten Mal in ihrem Leben mitgeholfen.

Ein flüssiges, fleißiges Rückwärts, mit diagonalen Tritten und meinem Genick als dem höchsten Punkt. Und ganz ohne Handeinwirkung, komplett aus dem Sitz heraus. Mit abgekipptem Becken und dem Fokus komplett auf Rückwärts. So, als ob sie ihre Energie komplett nach hinten geschickt hätte.

Bestimmt war das der berühmte unsichtbare Faden, von dem Frau Reitlehrerin so oft spricht. An dem hängt die Frau nämlich und der zieht sie rückwärts. Also wenn sie daran denkt. Vorwärts und nach oben kann der auch, aber das ist eine andere Geschichte.

Und warum ist das passiert? Weil sie in dem Moment mit dem Hintern gedacht hat. Sie hat sich genau vorgestellt und irgendwie auch gefühlt, was passieren soll, und zack, hatte sie ein perfektes Rückwärts. Sie war sehr erstaunt. Ich auch.

Frau Reitlehrerin und ich warten jetzt darauf, dass sich so ein Moment wiederholt 😉

Locker wie ein Brett

Kann nur atmen, wenn sie sich konzentriert: Die Frau

Die Frau hat mal wieder gute Vorsätze und will locker werden. Endlich, sag ich da nur. Frau Reitlehrerin hat sich den Mund fusselig geredet. Ich auch, aber auf mich hört ja keiner.
Frau Reitlehrerin: „ Locker mitschwingen. Locker mit der Bewegung mitgehen.“
Die Frau: „Geht nicht, ist grade so unbequem.“
Frau Reitlehrerin: „Ja, weil du so verspannt bist. Lass mal locker!“
Die Frau, mit den Armen schlackernd, : „Besser, ne?“
Frau Reitlehrerin, locker aus der Hüfte: „Nein, jetzt klemmst du mit dem Knie.“
Die Frau, nicht amüsiert: „Irgendwo muss man sich ja hier festhalten, wenn alles so wackelt.“
Frau Reitlehrerin erklärt, dass es deshalb so unbequem wäre, weil die Frau in der Hüfte blockiert ist.
Aha. Die Frau guckt neugierig.
Durch den Sattel nämlich, erklärt Frau Reitlehrerin hilfsbereit.
Die Frau liebt die Sitzprothese und runzelt die Stirn.
Die Riesenpausche vorn und der sehr tiefe Sitz und überhaupt. Das würde die Frau so einschränken in ihrer Bewegungsfreiheit, dass sie sich gar nicht mehr locker bewegen könnte.

Die Frau will das ja eigentlich auch gar nicht, dieses Rumgewackel. Deshalb hat sie sich ja so einen Sattel gekauft 😉 Sie will nur bequem in dem teuren Dingens drinsitzen und ihre Ruhe haben. So wie die Leute auf den Turnieren, die pillegerade sitzen (manchmal auch in leichter Rücklage) und in ihren Sätteln eingezwängt sind. Das sieht schön aus und da ist Spannung Körperspannung und jede Menge Anlehnung, weil die Reiter sich die Pferde auf die Hand treiben und das will die Frau auch.

Nein nein nein, sagt Frau Reitlehrerin. Die Bewegung muss fließen. Durch den ganzen Körper hindurch. Alle Gelenke müssen locker mitschwingen.
Nein nein nein, erwidert die Frau. Sie hätte da was von Kreuz anspannen gehört. Und Bauchmuskeln anspannen. Und auch von Körperspannung wäre in ihren Büchern viel die Rede. Auch im Unterricht wären diese Worte schon gefallen, sagt sie mit vorwurfsvollem Blick auf Frau Reitlehrerin.
Ja, aber nur vorübergehend. Einmal die Bauchmuskeln anspannen als Hilfe zum Antraben, zum Beispiel. Danach müsste die Frau gleich wieder alles lockerlassen. Und überhaupt, erst mal wieder durchparieren und alle Körperteile locker ausschütteln.

Die Frau guckt motzig, gehorcht aber. Ich stehe gemütlich in der Bahnmitte rum, während die Frau Arme, Beine und den ganzen Rest ausschüttelt. Während Frau Reitlehrerin meinen Hals streichelt, erklärt sie der Frau, dass dieses ganze Reiten mit viel Körperspannung nicht wirklich funktionieren würde. Meist würde man sich irgendwo festmachen oder verspannen und sich dann zum Ausgleich am Zügel festhalten. Die Frau fühlt sich ertappt. Wenn man solchen Reitern nämlich den Zügel wegnähme, fährt Frau Reitlehrerin fort, würden die auch komplett den Sitz verlieren. Dann wäre es Schluss mit dem vermeintlich ruhigen Sitz. Bei Leuten, die es gut können, fänden tatsächlich pausenlos überall klitzekleine Bewegungen statt, um die Bewegungen des Pferdes durch den eigenen Körper durchzulassen. Locker halt. Stichwort Losgelassenheit – das Pferd könnte nicht losgelassener sein als der Reiter. Das findet die Frau doof.

Um sie wieder aufzuheitern, schlägt Frau Reitlehrerin vor, doch in der nächsten Reitstunde mal wieder den Fellsattel zu nehmen. Der wäre flauschig und bequem und würde auch wesentlich mehr Bewegungsfreiheit bieten. Genau aus diesem Grund mag die Frau den Fellsattel nicht und fängt an zu diskutieren. Ich finde sie sehr mutig. Aber ich weiß, dass sie in dem Moment verloren hat, als Frau Reitlehrerin ganz beiläufig erwähnt, dass der Mann sich durch den Fellsattel reiterlich sehr verbessert hat. Die Frau guckt sehr, sehr nachdenklich und ich spüre, wie es in ihr arbeitet.

Ich finde, Frau Reitlehrerin kann toll motivieren 🙂

Der Mann reitet Seitengänge (und weiß gar nicht, was daran so besonders sein soll)

Der Mann auf Faxe. Beide gucken entspannt.

Neulich hat die Frau den Mann gefragt, was er denn jetzt im Reitunterricht so alles macht.
Och, sagt der, Trab und Galopp und so. Und Rongwehr.
Rongwas?, fragt die Frau.
Rongwehr. So seitwärts halt.
Ach, so seitwärts. Renvers. Ah ja. Soso.

Die Frau ist grün vor Neid. Ihr war bereits zu Ohren gekommen, dass der Mann sehr schön reitet und „man da mittlerweile gut hingucken kann“. Das war ja schon schlimm genug für sie, wo sie doch von Piaffe und Passage träumt und neuerdings Garrocha. Immerhin versucht sie das mit dem Reiten schon sehr lange und hat auch furchtbar viele Bücher darüber gelesen. Und da kommt doch dieser Mann daher und reitet irgendwelche komplizierten Lektionen, die ihm anscheinend gut gelingen und ist noch dazu locker und entspannt dabei.

Die Frau versucht natürlich, sich das nicht anmerken zu lassen und heuchelt Begeisterung. Der Mann, verwundert: Wieso? Ist das irgendwas Besonderes?

Die Frau springt fast aus dem Hemd, bleibt aber tapfer und faselt etwas von anspruchsvollen Lektionen für Fortgeschrittene. Den Mann langweilt das Gesprächsthema ein bisschen, weil er ja im Grunde seines Herzens nur ausreiten will. Den Reitunterricht hatte ihm die Frau aufgenötigt, die in dem Zusammenhang von Gesunderhaltung und Gymnastizierung sprach. Das hört sich ja auch vernünftig an, oder? Die Frau hatte aber leider vergessen, ihren eigenen diesbezüglichen Geltungsdrang zu erwähnen, den sie regelmäßig auf mir und neuerdings auch auf dem Lutschi auslebt. Sie nimmt das Reiten sehr persönlich, und wenn Frau Reitlehrerin – wie das so ihre Art und eigentlich auch ihr Job ist – mit Kritik nicht spart, ist sie entweder grantig oder am Boden zerstört, je nach Wetterlage. Statt dass sie mal innerlich ein bisschen lockerlässt, so wie der Lutschi und ich und auch der Mann, ist sie krank vor Ehrgeiz und eben auch grün vor Neid, weil der Mann mal eben das reitet, wofür sie Jahrzehnte Jahre gebraucht hat.

Ja, und dann war da noch Schulterherein und Trawehr, fällt dem Mann ein, der zwischendurch an Fußball gedacht hat, während die Frau so komisch guckte. Er mag dieses Fußball ganz gern, hat er mir mal erzählt. Klare Ergebnisse und kein Schnickschnack. Faxe meint, mit „Schnickschnack“ würde der Mann gruppendynamisch-künstlerische Prozesse meinen, die die Frau für einen wichtigen Bestandteil ihrer Reiterei hält. Mit anderen Worten: Rumstehen und lästern und Firlefanz mit Pferdchen drauf für Zuhause kaufen. Woran ja erstmal nichts Schlechtes ist, weil sie mir in der Zeit keine rosa oder pinken Flauschi-Halfter oder Schabracken kaufen kann 😉

Schulterherein auch? Und Travers? Das ist doch total schwierig, rutscht es der Frau raus.
Eigentlich nicht. Man muss halt nur das machen, was Frau Reitlehrerin sagt, erwidert der Mann, was ich sehr mutig finde.
Die Frau guckt inzwischen ziemlich humorlos.
Frau Reitlehrerin hat auch von Piaffe gesprochen, behauptet der Mann, nur, um mal zu sehen, was als nächstes passiert.

Und jetzt weiß ich nicht, ob die Frau nochmal wiederkommt oder ob der Lutschi und ich jetzt Waisenpferde sind. Gerade eben jagt sie den Mann zum dritten Mal mit der Mistgabel um den Reitplatz.

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