Bitte nicht stören!

Ein Glück, Silvester ist vorbei. Oder wie heißt das, wenn die Nachbarn versuchen, einem die Hütte zu sprengen? Aber egal, jetzt ist wieder Ruhe. Auch die sogenannte Besitzerin ist verhältnismäßig ruhig. Man erkennt es daran, dass sie Frau Reitlehrerin im Unterricht auch mal ausreden lässt. Das ist schön und neu.

Gutgelaunt formuliert Frau Reitlehrerin: „Das Bein ist lang und locker“ und die Stummelbeinchen der sogenannten Besitzerin entfalten sich aus ihrer Grundstellung, die an einen querschnittsgelähmten Frosch erinnert, und baumeln schließlich locker links und rechts herab. Auch die Schultern entspannen sich, und ein bisschen Tschakka-Lakka macht ihre Hüften so geschmeidig, dass das, was sie da treibt, optisch stark an Reiten erinnert.

Tschakka-Lakka muss ich kurz erklären: Beim anfänglichen Schrittreiten nimmt die sogenannte Besitzerin die Füße aus den Bügeln und strampelt so mit den Beinchen, als würde sie rückwärts Fahrradfahren. Damit ihr steifer Körper sich an die Bewegung erinnert, glaube ich. Das macht sie natürlich nicht freiwillig, vielmehr wird sie durch Frau Reitlehrerin dazu genötigt. Aber egal, das neue, weichgespülte Frauchen hat schon mal mehr gemeckert und weniger kooperiert. Und wenn sie erstmal tüchtig gestrampelt hat und die Beine hinterher herunterhängen, reicht auch der Gedanke ans rückwärts Radfahren, damit sie ihre Hüften passend schwingt und zum Sitzen kommt.

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„Hast du denn auch gute Vorsätze fürs neue Jahr?“, erkundigt sich Frau Reitlehrerin, nachdem sie uns für besondere Lockerheit einmal zünftig durchgelobt hat.

„Eigentlich nicht. Obwohl – ich würde gern tanzen können. So richtig cool, wie Tom Hiddleston. Soll ich dir mal Videos zeigen?“

„Später“, bremst Frau Reitlehrerin ihren Überschwang.

„Also den könnte ich mir stun-den-lang angucken. Stun-den-lang!“, schwärmt meine Reiterin. Und wenn sie nicht gerade sabbert, ist sie grün vor Neid. „Nett ist der. Und bewegen kann der sich, toootal locker.“

„Das wäre doch vielleicht ein guter Vorsatz: locker sein“, schlägt Frau Reitlehrerin vor.

„Und dann ist mir noch was komisches passiert“, sinniert die Frau. „Ich hab aus Versehen eine Doku über einen großen Zirkus gesehen und da sind die Artisten auch geritten. Also die konnten gar nicht reiten, aber die waren so locker, dass es trotzdem geklappt hat. Verrückt.“ Die sogenannte Besitzerin schüttelt den Kopf.

„Wer als Reiter locker ist, der stört sein Pferd auch nicht. Das tut der Reiterei insgesamt gut,“ kommentiert Frau Reitlehrerin, die das absolut nachvollziehen kann.

„Dann ist es vielleicht gar nicht so wichtig, dass man irgendwelche Lektionen reitet, wenn man dabei angespannt ist und sein Pferd stört?“, überlegt die Frau, in der erstmals das zarte Pflänzchen des Denkens und möglicherweise der Erkenntnis keimt. Für Selbsterkenntnis ist es noch zu früh, aber immerhin. Frau Reitlehrerin geht es genau wie mir. Auch sie erkennt die Größe des Augenblicks und jubelt: „Ganz genau!“ Für so Blitzbirnen wie die Frau gibt’s die Skala der Ausbildung, die aus gutem Grund mit Takt und Losgelassenheit beginnt, aber ich bin ja hier nur das Pferd und man sagt mir nach, ich würde lästern. Aber die Frau ist noch nicht fertig. „Lieber locker sein und das, was man reitet, korrekt reiten statt Lektionen zu versemmeln, das Pferd zu stören oder es unglücklich zu machen.“

So langsam glaube ich, Aliens haben die sogenannte Besitzerin entführt und nur noch eine sprechende Hülle zurückgelassen. Unheimlich. Aber schon auch schön.

Sie spricht weiter: „Nicht so wie diese doofen Sportreiter oder die Möchtegern-Reitkünstler!“ Oder eigentlich alle außer mir, denn ich habe vom Baum der Erkenntnis genascht. Das sagt sie allerdings nicht, das steht ihr aber gerade auf der Stirn geschrieben. Deshalb beeilt sich Frau Reitlehrerin auch, die Reitstunde mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen, damit es im Hirn der Frau haften bleibt: „Lieber locker sein und das, was man reitet, korrekt reiten statt Lektionen zu versemmeln, ganz genau. Das ist eine tolle Erkenntnis!“ So weit kommt mancher Profi nicht, der mit den Schenkeln klemmt und mit den Zügeln sägt und ohne seine Sitzprothese den Trab nicht sitzen kann. Aber ich bin ja hier nur das Pferd, siehe oben.

Andächtig nickt die sogenannte Besitzerin und fasst zusammen: „Bitte nicht stören!“

Und besser hätte ich es auch nicht sagen können. Folgt mir für mehr kluge Erkenntnisse aus dem Pferdeleben 😉

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