Das arabische Seelenpferd

Die Frau hat einen Plan. Also nicht so einen, den alle kennen und den man nach und nach in die Realität umsetzt. Nein, es ist ein Geheimplan. Von dem aber hauptsächlich der Mann nichts wissen darf. Ihre beste Freundin dagegen schon.

„Guck mal, hier! Und hier! Voll süß, oder? Und den bilde ich mir dann selbst aus“, höre ich sie gerade auf der Stallgasse mit Heinzis Besitzerin sprechen. Heinzis Besitzerin ist, ihr ahnt es schon, besagte beste Freundin. „Ein Araber, davon habe ich immer geträumt. Die haben so viel Adel, und intelligent sind sie auch. Und gar nicht teuer.“ Wieder hält sie Frau Heinzi ihr Smartphone mit einer Verkaufsanzeige unter die Nase.

„Sheikh Habibi. Der ist aber schon zehn“, liest Frau Heinzi.

„Ja, aber Araber sind ja spätreif. Und der kann noch nix“, erwidert meine sogenannte Besitzerin. „Ist aber sooooo klug und sensibel. Und dem Menschen zugetan.“

„Aber trotzdem… Selbst ausbilden? Meinst du, du kannst das?“

„Natürlich“, fegt die Frau etwaige Einwände weg. „Schließlich hab ich ja auch den Lutschi selbst ausgebildet.“ Sie spielt damit auf unser spanisches Mähnenwunder an, das erstens schon woanders die Pferde-Grundschule besucht hat und zweitens danach von unserer Frau Reitlehrerin weiter ausgebildet wurde. Und von der Frau nicht BEritten wurde, sondern höchstens VERritten. „Sheikh Habibi. Hach. Ich weiß auch schon genau, wie ich das mache“, fährt sie in schwärmerischem Tonfall fort. „Und zwar nicht nach Schema F, sondern ganz intuitiv.“

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Damit meint sie wahrscheinlich eine ganz ausgefuchste und individuelle Kommunikation, bei der das arabische Seelenpferd auf Signale konditioniert wird, von denen die Frau gar nicht weiß, dass sie grad welche gibt. Oder es sind so fantasievolle Zeichen, dass sie kein Mensch außer ihr verwendet. Ist dann halt blöd, wenn man in seinem Zeichensalat durcheinanderkommt und bremsen will und der kluge und sensible Araber das Stimmkommando als Galopphilfe interpretiert. Weil man halt so individuell „ausbildet“ und das Pferd nur auf einen selbst hören soll.

„Überhaupt, Galopp. Die Araber sind ja auch so ausdauernd, ich glaube, ich werde Distanzreiter. Das ist auch toll und sieht so abenteuerlich aus“, steigert sich sich die Frau in einen kompletten Realitätsverlust hinein.

Wenn also Sheikh Habibi demnächst mit der Frau fünfzig Kilometer durch den nächsten Wald knattert und ihre Angstschreie als Beschleunigungsrufe interpretiert, kann das noch lustig werden. Hoffentlich muss ich dann nicht mit dem Mann los, Reste einsammeln. Ich bin Freizeitpferd, ich DARF mich gar nicht anstrengen. Aber die Frau ist noch nicht fertig mit der Planung. „Sheikh Habibi, das ist mein Seelenpferd“, sinniert sie gerade. „Da spüre ich eine ganz starke Verbundenheit, obwohl ich ihn nur aus dem Internet kenne. Verrückt, oder? Irgendwie magisch.“

Nein, nur verrückt, denke ich. Aber ich bin ja hier nur das Pferd und werde für gewöhnlich unterdrückt.

Heinzis Besitzerin sieht sie mit großen Augen an und findet das auch magisch. „Ich krieg Gänsehaut, hier, guck mal!“

* Ich kann auch Bücher!

Hach. Die sogenannte Besitzerin schnieft gerührt, weil Frau Heinzi emotional voll mitgeht.

Aber Frau Heinzi hat noch eine Frage: „Was machst du denn mit dem Pfridolin und mit dem Lutschi?“

„Da kommen Reitbeteiligungen drauf“, antwortet unsere sogenannte Besitzerin ungerührt. „Dann kommen die Kosten wieder rein. Und ich kriege mein Seeeeelenpferd und werde Distanzreiterin!“

„Hast du das denn schon mal gemacht?“, fragt Frau Heinzi mit tellergroßen Augen.

„Nein, aber ich spüre, dass das genau meins ist“, sagt die Frau, die sich sonst erst an den Beruhigungskräutern in der Futterkammer vergreift, bevor sie sich ins Gelände wagt.

„Hier steckst du!“ Gutgelaunt kommt der Mann dazu. „Sollen wir heute mal einen schönen, langen Ausritt machen? Der Boden ist trocken, da können wir bestimmt viel galoppieren!“

„Oh. Ah.“ Die Frau windet sich wie meine Boxennachbarin Else beim Putzen. „Ich glaube, es sieht nach Regen aus!“

Und außerdem sind die Beruhigungskräuter alle, wetten? 😉

„Knallblauer Himmel, keine Wolke in Sicht – ich glaube, es bleibt trocken“, strahlt der Mann mit der Sonne um die Wette.

„Oh. Ah. Vielleicht doch lieber morgen, ich habe heute nicht so viel Zeit“, fällt der Frau als letzte Ausrede ein.

Oder vielleicht am liebsten nie. Distanzritte. Fünfzig Kilometer durch die Pampa. Ja nee, is klar 😛

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Eine Antwort auf „Das arabische Seelenpferd“

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