„Furchtbar, wie die Box wieder aussieht! Ganz schlimm ist das!“ Die sogenannte Besitzerin hat Blutdruck. Fassungslos zählt sie nach: „Zwei, nein, drei Äppelhaufen! Und in sowas muss der arme Lutschi-Bub nachher schlafen. Ganz, ganz schlimm ist das.“ Natürlich geht es wieder mal um den Lucero, unser spanisches Mähnenwunder, und nicht um meine Box, wo sogar vier Haufen drin liegen. Eigentlich erstaunlich, wo ich doch kaum was zu essen bekomme. Aber ich schweife ab.
„Du könntest nachmisten“, schlägt der Mann vor, der uns mal zugelaufen und komischerweise immer noch da ist.
Aber die Frau hat nicht zugehört und stapft schon Richtung Paddock, wo es ordentlich matschig ist, weil wir regentechnisch schon mal für den Herbst trainieren. „Und überall diese Matsche!“, lamentiert sie. „Ganz schlimm ist das!“
Der Mann ist mitgekommen und äußert vernünftige Sachen. „Guck mal, die anderen haben Paddockplatten bei sich ausgelegt, da ist kein Matsch.“ Leben am Limit, denke ich mir und verfolge das Gespräch aufmerksam.
„Du hast ja keine Ahnung“, schnauft die Frau wutentbrannt, lässt den Mann aber am Leben. Ein Glück, das spanische Mähnenwunder und ich mögen ihn ganz gern, weil er so tiefenentspannt ist.
Ein leichter Schauer ergießt sich über uns. Es ist ja warm, da finde ich sowas immer ganz erfrischend. Die sogenannte Besitzerin nicht. „Furchtbar, dieser Regen!“ Und nein, sie will sich nicht unterstellen, ja, es ist ganz schlimm und nein, der Mann hat mal wieder keine Ahnung. Und überhaupt will sie sich da jetzt reinsteigern, Herrgottnochmal!
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Wenig später hört der Regen auf. Die Frau überquert das Paddock, was taktisch vor unserer Weide liegt, und will den Lutschi und mich einfangen. Der Mann darf assistieren. Und es kommt, was kommen muss: „Furchtbar, die Weide ist nicht abgeäppelt! Ganz schlimm ist das!“ und BÄM, richtig schlechte Laune.
Der Mann rechnet kurz nach und stellt fest: „Heute ist dein Tag zum Abäppeln.“ Ist auch wieder nicht richtig. Er korrigiert: „Unser Tag?“
„Dein Tag“, entscheidet sie großmütig und macht sich daran, uns einzufangen.
Mit ihr mitzugehen, war wahrscheinlich ein Fehler, denke ich mir später, als mich die Frau für den Reitunterricht fertigmacht und sich in den Sattel schwingt. Und richtig, genauso kratzbürstig und verspannt, wie es angefangen hat, geht es mit ihr auch weiter. „Furchtbar, wie unbequem der Pfridolin wieder ist. Ganz schlimm ist das!“
Frau Reitlehrerin ist davon unbeeindruckt und empfiehlt mit nervenzerfetzender Gelassenheit: „Wenn du deine Einstellung änderst, sitzt du viel lockerer und entspannter.“
„Ja toll. Wenn das so einfach wäre, würden alle gut reiten!“, antwortet die sogenannte Besitzerin missmutig.
„Probier es aus“, lockt Frau Reitlehrerin. „Stell dir genau vor, wie leicht und mühelos es ist, mit den Bewegungen vom Pfridolin mitzuschwingen und wie schön locker ihr beide seid!“
Schon wieder diese beknackten inneren Bilder, denkt die Frau schlechtgelaunt, lässt sich aber widerstrebend auf die Übung ein. Und siehe da, es wirkt. Nicht sofort, aber allmählich wird sie immer lockerer, kann frei durchatmen und sogar die Mundwinkel nach oben verziehen, was Ähnlichkeit mit einem Lächeln hat.
„So ist es gut“, lobt Frau Reitlehrerin: „Lächeln, atmen, mitschwingen!“ Und mit einem Mal sind wir schön im Flow.
Vielleicht hilft das ja auch im sonstigen Leben: Die Einstellung ändern, dann regnet es zwar immer noch, aber man spart viel Energie, weil man sich nicht aufregen muss 😉Irgendwie ist so ein Reitlehrer ja auch ein Life Coach.
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