In der Natur gibt’s das auch nicht

„Warum tun wir das eigentlich?“, fragt die Frau, während wir Frau Reitlehrerin im Trab umkreisen, auf die besonders eckige Art, die unsere Zirkel auszeichnet.

„Um den Pfridolin zu gymnastizieren“, antwortet Frau Reitlehrerin. „Durch das gleichmäßige Biegen auf beiden Händen wird er geradegerichtet und wir können übermäßigem Verschleiß entgegenwirken. Außerdem trainiert er dabei seine Bauchmuskeln und die Hinterhand gleich mit.“

„Meine auch“, keucht die Frau mit hochrotem Gesicht und hat Fragen. Zum Beispiel: Muss das so anstrengend sein? Und so furchtbar schwer? Warum sieht das bei anderen so einfach aus? Und warum lasse ich mich eigentlich so quälen? „In der Natur laufen Pferde auch nicht stundenlang im Kreis“, fasst sie schließlich ihren Unmut zusammen. „Zum Biegen müsste doch eine Runde genügen. Und dann wieder geradeaus. Überhaupt ist dieses Dressurreiten nicht gut, das gibt’s in der Natur auch nicht.“

„Definiere Natur“, sagt Frau Reitlehrerin.

„Ja so Freiheit und draußen halt. Mit Wildpferden.“

„Ah“, macht Frau Reitlehrerin.

„Ich möchte viel lieber ohne Sattel und ohne Trense reiten und mich einfach so mit dem Pfridolin verständigen“, spricht die sogenannte Besitzerin weiter. „Das sieht bei anderen so schön aus, und die Pferde steigen und machen Piaffe und die Reiterinnen tragen hübsche Kleidchen dabei. Und da schwitzt keiner und anstrengend ist es auch nicht.“

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„In der Natur tragen Pferde auch keine Reiter. Und Piaffe ist schon auch Dressurreiten“, erwähnt Frau Reitlehrerin mit einem freundlichen Lächeln.

„Aber irgendwie auch natürlich. Pferde haben doch diesen wundervollen Instinkt und wissen genau, was ihnen guttut. Die machen das von ganz allein!“, argumentiert die Frau, die noch nicht gemerkt hat, dass sie auf verlorenem Posten kämpft. Generell merkt sie nicht viel 😉

Aber Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig. „Pferde haben wundervolle Instinkte, keine Frage. Die ihnen in der Natur beim Überleben helfen. Einen Gymnastik-Instinkt, der ihnen sagt, welche Turnübungen gerade gut für sie sind, haben sie aber leider nicht.“

Die Frau zieht eine Schnute.

Frau Reitlehrerin spricht weiter: „Die Reiterinnen, die diese hübschen Videos auf Instagram posten, reiten sonst auch mit Sattel und Trense. Und ohne Kleidchen, weil das einfach unpraktisch ist. Die Videos sind kurze Momentaufnahmen, bei denen natürlich nur die schönsten Momente zusammengeschnitten werden.“

Aber bei uns kann man stundenlang filmen und es ist kein schöner Moment dabei. Und du bist das schuld, denkt die sogenannte Besitzerin, spricht es aber zum Glück nicht aus.

Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig. „Und schließlich sind die Pferde und Ponys ganz klassisch ausgebildet und werden einfach nur mit immer feineren Hilfen geritten, so dass man die Hilfsmittel nach und nach reduzieren kann.“

„Hilfsmittel? Gibt’s in der Natur ja auch nicht. Was meinst du eigentlich?“, erkundigt sich die Frau.

„Sattel und Trense zum Beispiel.“

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Ach. Fand die Frau ja immer ganz praktisch, von wegen besserem Halt und Lenken und mehr Sitzkomfort. Ernüchtert vernimmt sie, dass es keinen Natur-Reitzauber gibt, der die von ihr so beneideten elfengleichen Wesen auf ihren piaffierenden und steigenden Pferden hält, und stellt mit gerunzelter Stirn fest: „Dieses Reiten mit Röckchen gibt’s ja in der Natur auch nicht.“

„Eigentlich überhaupt kein Reiten“, erwidert Frau Reitlehrerin sanft. „Wenn Menschen auf Pferden reiten, ist immer irgendeine Art von Zivilisation und Ausbildung im Spiel.“

„Ich bin ja ohnehin nicht so der Röckchen-Typ“, kommentiert die Frau, die gedanklich längst auf neuen Abwegen ist. „Eigentlich ist das Reiten, was wir so machen, schon ganz ok. Mehr Natur wäre halt schön.“

„Wenn du willst, können wir gern Unterricht im Gelände machen“, bietet Frau Reitlehrerin an. „Das macht dem Pfridolin bestimmt auch Spaß. Und ist in der Natur.“

„Geht das?“, staunt die sogenannte Besitzerin.

„Klar“, strahlt Frau Reitlehrerin und setzt ihr auseinander, dass man auch im Gelände dressurmäßig reiten kann, mit Übergängen, Seitengängen und vielem mehr. Sie selbst würde ihren Dieter satteln und gemeinschaftlich würden wir die nahegelegenen Reitwege aufsuchen.

„Aber da sind so viele Leute!“, barmt die Frau.

„Wunderbar“, strahlt Frau Reitlehrerin. „Da haben wir ganz viele natürliche Übungssituationen, die wir trainieren können.“

Ogottogott. Aber andererseits coole Idee. Unterricht im Gelände, das macht sonst keiner. Die Frau ist hin- und hergerissen. Nach kurzer Überlegung steht fest, dass Dieter eine Lebensversicherung im Gelände ist. Und Frau Reitlehrerin sowieso jeder Situation gewachsen. Sie entspannt sich wieder. „Und der Mann kommt mit und macht Fotos für Insta“, träumt sie. „Wir sagen es ihm aber noch nicht, es soll eine Überraschung werden.“

Ich bin ja hier nur das Pferd und hab eh keine Ahnung, aber bestimmt weint er Freudentränen, wenn er mit der Fotoausrüstung drölfzig Kilometer hinter den beiden Neu- Insta-Elfen herwandern kann 😀

Bild: In der Natur. Und das sieht dann schön aus.

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