Spanischer Schritt. Olé und so.

Die Frau hat ein neues Projekt: wir sollen Spanischen Schritt lernen. Jetzt sollte man doch eigentlich meinen, dass der Lutschi, was ja unser spanisches Mähnenwunder ist, den schon quasi eingebaut hat, als Zusatzausstattung. Aber weit gefehlt. Der Lutschi ist froh, wenn er unfallfrei deutschen Schritt, Trab und Galopp absolviert, mit ausländischen Gangarten hält er sich nicht auf. Aber die Frau hat diesbezüglich einen ungesunden Ehrgeiz entwickelt und es muss jetzt unbedingt Spanischer Schritt sein. Weil, so ihre Begründung, der ganz toll für die Schulterfreiheit ist und weil – und jetzt haltet euch fest – man den für die Passage braucht. Passage. Ja, genauso habe ich auch geguckt. Von Piaffe sind wir meilenweit entfernt, aber wir planen Passage. Finde den Fehler 😛

Gerade steht sie wieder vor dem Lutschi herum und zeigt auf das Vorderbein, mit dem er waagerecht nach vorn raustreten soll. So jedenfalls ihr Plan. Dem Lutschi sind solche Bewegungsideen gänzlich fremd. Der beobachtet ihre Taschen und hat Speichelfluss, weil er an die Möhren will und nicht weiß, wie. Zum Glück kommt Frau Reitlehrerin vorbei. Es ist geradezu unheimlich, wie die es immer schafft, da aufzutauchen, wo es interessant ist.

„Was macht ihr denn da Schönes?“, erkundigt sie sich bei der sogenannten Besitzerin.

„Wir üben Spanischen Schritt“, antwortet die ganz wichtig.

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„Spanischer Schritt ist toll für die Schulterfreiheit“, lobt Frau Reitlehrerin. Die sogenannte Besitzerin wächst um mindestens einen Meter. „Und auch für die Passage“, ergänzt Frau Reitlehrerin und die Frau verliert jegliche Bodenhaftung. Passage! Sie hat Passage gesagt!

Aber Frau Reitlehrerin ist noch nicht fertig. „Wenn du dich seitlich vom Lutschi hinstellst und nicht direkt davor, versteht er bestimmt besser, was er tun soll. Du tippst das Bein an und belohnst jedes Anheben. Wenn er verstanden hat, was er tun soll, kannst du im Stand ausdrucksvolleres Anheben verlangen und dann das Ganze in der Bewegung abfragen. Als Signalwort kannst du zum Beispiel Paso nehmen, das ist ein seltenes Wort, das man eigentlich nicht aus Versehen verwendet. Weil das ja ungeschickt wäre, wenn der Lutschi im falschen Moment nach vorn raustritt.“

„Nicht Olé? Ich finde Olé auch schön.“

„Wegen mir auch Olé“, nickt Frau Reitlehrerin tapfer.

Worauf sich die sogenannte Besitzerin wieder direkt vor dem Lutschi aufbaut und „Olé!“ ruft.

Ein schönes Bild, oder? Ich glaube, sogar Frau Reitlehrerin muss ein bisschen lachen. Sie ist aber sofort wieder hochprofessionell und sortiert die Frau von Neuem neben den Lutschi, sagt „Olé!“, tippt mit der Gerte ganz leicht auf seinem Bein herum, bis er es kurz vom Boden abhebt und lobt ihn überschwänglich.

Ach. Das ist ja einfach. Das will ich auch, denkt die Frau und tippt ebenfalls mit der Gerte aufs Bein, wozu sie „Olé!“ blökt.

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Der Lutschi denkt scharf nach. Ich kenne das, das kann dauern. Der Frau dauert es zu lange und sie haut fester auf sein Bein. „Der ist aber stur“, beklagt sie sich.

„Der weiß nur nicht, was er tun soll“, erklärt Frau Reitlehrerin. „Wenn du ihn fester schlägst, führt das nicht dazu, dass er dich besser versteht. Ganz im Gegenteil, er wird dann unsicher und hektisch oder sogar böse.“

„Und was soll ich stattdessen tun?“, fragt die Frau, nun schon leicht ungehalten. „Bei dir hat er es ja auch gemacht. Der kann das schon, der will nur nicht.“

„Ich habe ihn mit der Gerte gekitzelt und eine lästige Fliege simuliert, daraufhin hat der Lutschi reflexartig das Bein gehoben. Wenn du ihn dann lobst und das Ganze mit dem Signalwort Olé kombinierst, hat er nach ein paar Wiederholungen verstanden, worum es geht.“

Aha. Die Frau guckt mürrisch. Warum muss immer alles so kompliziert sein? Und warum wird sie immer von Frau Reitlehrerin dabei erwischt, wenn irgendwas nicht klappt? Wenn es gut geht, guckt natürlich keiner.

Dem Lutschi sind solche komplizierten Gedanken fremd. Er freut sich, dass Frau Reitlehrerin da ist und dass sie weiß, was sie tut. Als die Gerte sein Bein kitzelt, hebt er es und freut sich wie Bolle über die Möhre, die die Frau zeitgleich in ihn hineinstopft.

„Gutes Timing!“, lobt Frau Reitlehrerin. „Beim nächsten Mal sagst du Olé, damit er das Stimmkommando mit der Bewegung verbindet.“

An was man alles denken muss! Die sogenannte Besitzerin verdreht die Augen. Um abzulenken, fragt sie: „Und wenn er das kann, wie geht es dann weiter?“

„Dann erklärst du ihm, dass er das andere Bein genauso heben kann“, erklärt Frau Reitlehrerin mit einem strahlenden Lächeln.

„Ich wollte da eigentlich kein Studium draus machen, das muss doch auch schneller gehen“, grummelt die Frau, was Frau Reitlehrerin mit „Es dauert so lange, wie es dauert!“ quittiert und dabei zum Aus-der-Haut-fahren entspannt guckt. Woraufhin die Frau spontan Blutdruck kriegt. Als sie sich wieder abgeregt hat, fragt sie: „Und dann?“

„Dann übst du die Polka. Dafür muss er ein Bein heben, mit den Hinterbeinen zwei Schritte machen und das andere Vorderbein ausstrecken.“

Ach du liebes Bisschen. So kompliziert hatte sich die Frau das nicht vorgestellt. „Ich will doch nur Spanischen Schritt reiten“, wendet sie ein.

„Und der Lutschi muss erstmal verstehen, was du von ihm willst. Beim Spanischen Schritt vergessen viele Pferde die Hinterhand. Die strecken die Vorderbeine aus und lassen die Hinterbeine stehen. Deshalb ist die Polka der nächste wichtige Schritt. Wenn der Lutschi die neue Bewegungsabfolge beherrscht, kannst du dann bei jedem Schritt das Strecken der Vorderbeine verlangen, und dann zeige ich dir, wie das vom Sattel aus funktioniert.“

OMG. Die Frau ist selig. „Und dann zieh ich mir ein langes Kleid an und der Mann macht schöne Fotos“, verkündet sie. „Und danach reite ich Passage.“

Und vielleicht denkt sie sogar daran, sich seitlich neben den Lutschi zu stellen, wenn der die Vorderbeine ausstrecken soll. Im Moment steht sie wieder genau vor ihm. Olé! 😛

Bild: Spanisch Rumstehen.

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