Die Frau hat ein Barockpferd

Der Lutschi ist mal wieder was Besonderes. Typisch. Wenn ich um die Hüften so schwabbelig wäre wie unser spanisches Mähnenwunder, wäre ich schon längst mit einem kleinen Heunetz und einem großen Sportprogramm zwangsbeglückt worden. Aber ich bin ja auch nur ein Hannoveraner Fast-Hengst und kein Lutschi. Der kriegt nämlich durch seinen treudoofen Dackelblick eine Extrawurst nach der anderen. Weil er ein Barockpferd ist. Das sagt jedenfalls die Frau, unsere gemeinsame Besitzerin, mit wichtiger Miene.

Und da sie wie immer alles besser weiß, verkündet sie jedem, der es wissen will – allen anderen übrigens auch – , dass der Lutschi, der seine Vorfahren angeblich bis zum Weihnachtsmann oder sogar noch weiter zurückverfolgen kann („Ich kenn nur meine Mama“, sagt er selbst dazu), als Pferd reiner spanischer Rasse barocke Formen haben müsste.
Einen schönen runden Popo, einen speckigen wohlgerundeten Hals und einen Bauch, der seinen Namen verdient. Abgedreht würde man das nennen. Das wäre ein spezieller Fachausdruck, mit dem man solche wohlgeformten Pferde bezeichnen würde, sagt sie laut und guckt den Mann böse an, der sich bei ihren ausschweifenden Erläuterungen das Lachen nicht mehr verkneifen kann. Frau Reitlehrerin fragt interessiert nach, wie man denn das spezielle Schwabbeln nennen würde, das sich bei der Fortbewegung durch des edlen Spaniers Speckschichten zöge. Und ob der Lutschi überhaupt Rippen hätte – sie könnte jedenfalls keine ertasten. Worauf die Frau beleidigt reagiert und alle Anwesenden der Albernheit und Ahnungslosigkeit bezichtigt. Der Lutschi wäre barock und das müsste so sein, jawoll! Außer ihr hätte ja sowieso keiner Ahnung von den speziellen Bedürfnissen der iberischen Pferde. Für die gäbe es sogar besonderes Futter, damit sie artgerecht ernährt werden könnten. Außerdem würde der Lutschi immer so niedlich gucken, wenn es Futter gäbe, und sie wolle ein niedliches Pferd, basta.

Die Psyche wäre diesbezüglich auch sehr wichtig, fällt ihr außerdem noch ein. Ein hungriges Pferd wäre einfach nicht so glücklich wie ein sattes. Aufmüpfig guckt sie Frau Reitlehrerin an. Der Mann kichert noch („Abgedreht! Hihi!“) und hat sich somit als ernstzunehmender Gesprächspartner disqualifiziert. Frau Reitlehrerin verdreht die Augen guckt sehr ausdrucksvoll und teilt mit, dass ihr dazu zwei Wörter einfallen würden: Hufrehe und Diät. Der Lutschi spitzt die Ohren und findet das sehr unromantisch. Die Frau auch. Pferde hätten von Natur aus immer Hunger („Siehste!“, blitzen die Augen der Frau), wären von Natur aus aber auch Steppentiere, erklärt Frau Reitlehrerin. Also wäre das hiesige Nahrungsangebot („Keine Steppe“, seufzt die Frau) viel zu reichhaltig. Fazit: Der Lutschi bekommt kein lecker süßes Extrafutter mehr, sondern ein Heunetz und Extra-Bewegung.

Hilfsbereit und quasi selbstlos, wie ich nun mal bin, entwerfe ich spontan einen Trainingsplan für ihn und lasse den Zottelzwerg gleich mal außenrum laufen, damit er seinen übergewichtigen Astralleib schon mal aufwärmen und gleich mit Frau Reitlehrerin weiterturnen kann. Leider guckt die Frau genau in diesem Moment zu uns rüber und schimpft, weil ich den Lutschi angeblich herumjagen würde. Typisch. Da ist man mal hilfsbereit und jetzt sowas! Ich wende mich beleidigt ab. Der Lutschi zockelt brav hinter mir her. Ich glaube, ihm ist endlich klargeworden, wer bei uns auf dem Paddock der coole Typ mit den guten Ideen ist 😉

Ich fasse zusammen:
Mein Coolnessfaktor: maximal.
Mein Erfolg bei der Frau: so lala.
Kommentar von Frau Reitlehrerin: „Lass‘ die Moppels doch hintereinander herlaufen, dann nehmen wenigstens beide ab!“
Jetzt muss ich nur noch herauskriegen, wen sie damit gemeint hat.

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2 Antworten auf „Die Frau hat ein Barockpferd“

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