Die Frau spricht mit den Tieren. Jetzt aber wirklich.

Die Frau spricht mit den Tieren. Jetzt aber wirklich. Erst wollte sie ja geheimnisvoll und telepathisch kommunizieren, was sie aber wegen dauerhafter Erfolglosigkeit aufgegeben hat. Wahrscheinlich, weil sie für die leisen Töne schlicht zu trampelig ist. Aber hey, wieso mit den Pferden flüstern oder ihnen telepathisch lauschen, wenn man doch auch LAUT mit ihnen sprechen kann? Problem gelöst – so einfach kann Tierkommunikation sein!

„JA SO IS BRAAAAAAV! GUUUUUUUUUUTER PFRIIIIIIIIIIIDOLIN!“, trompetet sie so laut, dass noch die Pferde drei Reitställe weiter erschrocken zusammenzucken. Der Mann hält sich die Ohren zu und erkundigt sich, was ich denn so Weltbewegendes getan hätte.

„Na nix, aber positive Verstärkung ist wichtig“, belehrt ihn die Frau. „JA WO IST DENN MEIN SÜSSER SCHATZI??!!“

Genau vor deiner Nase, also kannst du ruhig aufhören zu schreien, denke ich. Höflich nehme ich das angebotene Leckerli, um ihr zu zeigen, dass ich nicht nachtragend bin.

„JA WAS MACHEN WIR DENN HEUTE, MEIN SÜSSER HAAAAASE?“, blökt sie weiter.

Ich weiß ja nicht, was du so vorhast. Ich für mein Teil würde gern dieses Pferde-Ohropax kaufen. Ihr wisst schon, diese Schaumstoffbällchen, die einem in die Gehörgänge gedengelt werden. Hinterher kommt noch ein Fliegenhäubchen drauf. Auch im Winter, sonst würden die Dinger ja rauskullern. Aber ich schweife ab. In dem – nennen wir es mal Gehirn – der sogenannten Besitzerin arbeitet es nämlich. „SOLLEN WIR HEUTE REITI-REITI MACHEN ODER LIEBER LONGI-LONGI?“ schreit sie mir zärtlich ins Ohr.

Die Lautstärke allein ist ja schon schlimm. Aber dass sie mit mir in Babysprache kommuniziert und zwar so laut, dass man es bis in den Nachbarort hört, fällt mindestens unter seelische Grausamkeit. Vom Mann ist keine Hilfe zu erwarten, der hat sich eine Schubkarre geschnappt und mistet aus.

Der Lutschi steht neben mir am Anbinder und guckt mich fragend an. Ich verdrehe die Augen und bedeute ihm, sich unauffällig zu verhalten. Kann er natürlich nicht. Beim Versuch, die Frau treudoof anzublinzeln, latscht das spanische Mähnenwunder mit unnachahmlicher Dämlichkeit Präzision in den Putzkasten, der sich spontan in seine Bestandteile zerlegt.

„BÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖSER LUUUUUUUUUTSCHI!“, schimpft die Frau und fügt einige nicht druckreife Beschimpfungen an. Zusammengefasst lautet die Botschaft: Keine Kekse für den Vollpfosten.

Laut zeternd sammelt sie die Brösel des Putzkastens auf und putzt uns, während sie weiterhin sinnfreies Zeug redet. Wegen der Kommunikation und der positiven Stimmung, nehme ich an. Vielleicht ist das aber auch dieses Social Distancing, von dem jetzt alle reden. Den Lutschi scheint die Lautstärke nicht zu irritieren, aber er muss halt noch viel lernen.

* Ich kann auch Bücher!

Der Mann mistet währenddessen aus und lässt ihren Redefluss an sich abperlen. Ich glaube, er hat darin Übung. Leider verpasst er seinen Einsatz, als die Frau weitere Dienstleistungen einfordert. Aber irgendwie bekommen sie auch das geräuschvoll geregelt und wir werden gesattelt, „DENN HEUTE MACHEN WIR AUSREITI!“

Komischerweise begegnen uns unterwegs weder Mensch noch Tier. Was möglicherweise daran liegt, dass man die Frau kilometerweit erzählen hört – vom BÖÖÖÖSEN PFRIDOLIN, der aber auch ein SÜÜÜÜÜSSSER HAAAAASE ist und von vielen anderen Dingen. Jeder geistig gesunde Mensch und jedes Tier mit einem Hauch Überlebensinstinkt ergreift bei sowas die Flucht oder versteckt sich zumindest hinterm nächsten Busch. Sogar mir, der ich Kummer gewohnt bin, fällt manchmal noch vor Schreck das hastig gerupfte Gras aus dem Mund.

Auf dem Heimweg nuschelt die Frau irgendwas.

„WAS HAST DU GESAGT?“, erkundigt sich der Mann, der die neue Form der Kommunikation übernommen hat.

„Mimimi“, antwortet die Frau.

„DU BIST WAS?“, fragt der Mann.

„Heiser“, krächzt die Frau.

Das ist ja merkwürdig, denken wir alle. Und: Gottseidank 😉

Bild: Mit Sand in den Ohren kann man nicht gut hören 😛

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