Ausritt mit Isi (auf der Flucht geschrieben)

Kann man sie sehen? Oder gar – hören? Ich spreche von der Töltmaschine des Todes und dem furchtbaren TakkaTakkaTakka -Geräusch, dass sie produziert. Wo jedes normale Pferd das Grausen kriegt und SEHR SCHNELL woanders was Dringendes erledigen muss.

Aber der Reihe nach. Es fing ganz harmlos an. Die Frau, meine sogenannte Besitzerin, ist ja zur furchtlosen Ausreiterin mutiert. Die Entspannungskräuter in der Futterkammer haben da sehr geholfen. Sie glaubt, keiner merkt es, aber ich habe sie durchschaut. Aber egal, wir gehen jetzt immer öfter ins Gelände und finden es schön da. Mit dem Ergebnis, dass sich die Frau mittlerweile wie Ingrid Klimke fühlt und größenwahnsinnig wird.

Als also die Besitzerin von Vinur, dem Isi aus dem Offenstall, fragt, ob wir mal zusammen ausreiten wollen, sagt sie begeistert zu, „denn die Meike kennt ganz tolle Wege! Die hat von fernen Gegenden und schönen Wäldern erzählt und da will ich auch hin!!!“ Ich notiere besorgt: nächstes Projekt Distanzritt. Ich glaube, die Kräuter bekommen ihr nicht.

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Aber egal. Sie ist nicht davon abzubringen und wer weiß, vielleicht wird es ja nicht so anstrengend wie befürchtet.

Als der große Tag endlich da ist und wir aufbrechen, gucken die Meike und der Vinur ganz komisch, weil die Frau alias Ingrid Klimke mit kleinem Gepäck unterwegs ist, wie sie sagt. Ich trage Fliegendecke, Fliegenmaske und Nüsternnetz, Ingrid Klimke Regenjacke und Sonnenbrille sowie eine Bauchtasche mit allerlei Werkzeug. Für alle Fälle, sagt sie bedeutungsvoll.

Aha. Die Meike sagt erstmal gar nix mehr. Der Vinur auch nicht. Der überholt uns nur. Im Schritt. Und stiefelt stoisch Richtung Horizont. Er trägt übrigens einen Hauch von Fliegenspray und sonst nix.

Wir gucken uns an, wie der Vinur davonwackelt, wobei er ein beeindruckendes Tempo vorlegt. Ingrid Klimke schluckt. So hatte sie sich das wohl nicht vorgestellt. Aber egal, nur vorne gibt’s Geld. Die Frau fordert mich auf, die Verfolgung aufzunehmen. So weit, so gut. Wenn auch anstrengender als erwartet, denn diese isländischen Pferde haben mindestens zwei Beine mehr als unsereiner und – erwähnte ich das bereits? – sind verdammt fix unterwegs. Aber ansonsten ist das Wetter schön, ich rupfe zwischendurch Gras, wenn keiner guckt, und alles ist flauschig. Wir begegnen anderen Reitern und grüßen hoheitsvoll. Da ist die Frau ganz Grande Dame. Dann kommt weicher Boden und es wird getrabt. Immer noch alles schön. Bis das Unheil seinen Lauf nimmt.

Wir kommen nämlich auf einen befestigten Weg, und das erste Hufklappern auf dem harten Boden hat das Schicksal darauf aufmerksam gemacht, dass einer von uns einen Todeswunsch hat (Tipp: Nicht ich!). „Chaos? Weltuntergang? Sehr gern“, sagt das Schicksal und lächelt mit Haifischzähnen, als die Meike den Wunsch äußert, ein Stück zu tölten. Spätestens ab da steht fest, dass wir dem Untergang geweiht sind. Meine Reiterin ist immer noch in völliger Verkennung der Realität im Ingrid-Klimke-Modus unterwegs – wieviel von den Kräutern hat die nur gegessen? – und signalisiert großzügig ihre Zustimmung. Klar, da denkt man sich erstmal nix bei, werdet ihr sagen. Worauf ich antworte: Als ob die sogenannte Besitzerin überhaupt denken würde!

Bis dann eben die Töltmaschine from Hell aka Vinur loslegt und mit mörderischem TAKKA TAKKA TAKKA über den Weg klappert. Ab da hatte ich genug gehört und wusste, ich muss hier weg, und zwar SCHNELL. Wenn die Frau sich ordentlich festhält, kann sie meinetwegen mitkommen, aber Ich.Muss.Hier.Weg. Das folgende müsst ihr euch vorstellen wie ein Raketentriebwerk, wo die nächste Stufe zündet: FUUUUMMMMM.

* Ich kann übrigens auch Bücher!

Und jetzt sind wir hier irgendwo im Wald. Alles ist sehr grün und es gibt keine Menschen. Keine Ahnung, wie wir hierhin gekommen sind, es ging alles viel zu schnell. Ingrid Klimke auf meinem Rücken zuckt zwischendurch immer mal zusammen, wenn sie knackende Äste hört. Ich lausche, ob ich irgendwo die Töltmaschine des Todes takkern höre. Aber bisher kein TakkaTakkaTakka, was mich verunsichert. Nicht, dass uns der Vinur irgendwo auflauert. Oder einer von seinen sechsbeinigen Artgenossen.

Die Frau würde gern nach Hause, hat aber leider mitten in der Pampa keinen Handy-Empfang. Und eine Karte oder einen Kompass hat sie nicht in ihrer voluminösen Bauchtasche. Mit anderen Worten: Schlechte Stimmung bei fünfzig Prozent der Anwesenden, aber ich denke, wir bleiben noch ein Weilchen im Wald. Schön ruhig hier und Essen gibt’s auch 😉

Bild: Stammt von einem früheren, wesentlich langsameren Ausritt

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