Wenn Reiten einfach wäre, würde es Radfahren heißen

Die sogenannte Besitzerin seufzt. Wie eine kleine Trauerweide sitzt sie auf dem spanischen Mähnenwunder herum, das sich auf diese Sitzhilfe keinen rechten Reim machen kann. Andererseits fällt ihm das bei vielen Dingen schwer, so what?

„Einatmen, aufrichten und antraben“, ruft Frau Reitlehrerin aus der Bahnmitte, aber die Frau äußert nur ein mattes „Naaaain“ und „Ich kann grad nicht“.

„Was ist los?“, erkundigt sich Frau Reitlehrerin.

Nach vielem Ach und Weh rückt die Frau damit raus, dass sie eigentlich gar nicht reiten kann. Das ist für Frau Reitlehrerin und mich keine große Überraschung. Neu ist, dass sich Frau Ich- will- Piaffe- und-bin-die Allergrößte-hier endlich zu dieser Selbsterkenntnis durchgerungen hat. Meistens ist sie die Tollste, Schönste und Beste und alle anderen sind schuld, wenn mal was nicht klappt. Fragt den Mann und mich, wir kennen uns damit aus.

„Reiten kann man ja auch nie wirklich“, tröstet Frau Reitlehrerin. „Man sagt nicht umsonst, dass ein Leben zu kurz ist, um reiten zu lernen.“

Die Frau schnieft nur.

„Wenn Reiten einfach wäre, würde es Radfahren heißen. Wenn man gerade mit dem Reiten anfängt und im Galopp nicht mehr runterfällt, denkt man, man wäre ein Profi.“

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Ein Lächeln schleicht sich ins Gesicht der Frau und sie erinnert sich. „Damals war das Leben noch einfach“, murmelt sie.

Frau Reitlehrerin erklärt weiter: „Später merkt man erst, was alles zum Reiten dazugehört und wie fein die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter werden kann.“

„Bu-hu-hu“, macht die Frau.

„Und da bist du doch schon weit fortgeschritten, wenn du merkst, woran du noch arbeiten musst“, beendet Frau Reitlehrerin ihren kleinen Vortrag. „Fun Fact: Wissenschaftlich heißt der Zusammenhang von Nichtwissen und Selbstüberschätzung Dunning-Kruger-Effekt. Du bist also nicht allein.“

Schon halb getröstet, signalisiert die Frau, dass sie jetzt bereit zum Antraben wäre.

„Apropos Radfahren: beim Aussitzen denkst du ja weiterhin ans rückwärts Fahrradfahren“, erinnert Frau Reitlehrerin.

„Natürlich“, lügt die sogenannte Besitzerin, für die alles, was länger als fünf Sekunden zurückliegt ist, grauer Nebel ist.

„Dann bewegt sich deine Hüfte automatisch richtig und du kommst besser zum Sitzen.“

Klar, denkt die Frau. Immer diese esoterischen Anweisungen. Aber weil sie Frau Reitlehrerin kennt und weiß, dass sie aus der Nummer nicht mehr rauskommt, ohne es wenigstens versucht zu haben, denkt sie sehr doll an das uncoole und ungeliebte rückwärts Fahrradfahren und siehe da, mit einem Mal wackeln ihre Beinchen nicht mehr so haltlos wie vorher. Was Frau Reitlehrerin entsprechend kommentiert und lobt.

„Ist doch ganz einfach“, kommentiert die Frau, die sich gleich wieder wie die Dressurqueen höchstpersönlich fühlt. Ingrid Klimke, pah! Wiener Hofreitschule, doppelpah! Nur eins will sie noch wissen: „Wann kommt denn jetzt endlich die Piaffe?“

Und da fällt auch Frau Reitlehrerin nichts mehr zu ein.

Bild: Reiten wird total überbewertet. Fahrt mehr Fahrrad!

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